Bei airberlin läuft es wieder rund. So rund, dass bei der Hauptversammlung großmütig bereits ein Gewinn für das Jahr 2018 angekündigt würde. Doch wer nur ein wenig Realismus mitbringen, weiß: Das wird nichts. Generell stellt sich die Frage: Hat airberlin überhaupt noch eine Chance?

Die letzten Wochen waren für airberlin von Hiobsbotschaften nur so überzeugen. Erst die enormen Probleme mit der Abfertigung am Flughafen Tegel, dann krasse Probleme mit der eigenen Flotte und zahlreiche Wetleases und dazu auch noch etliche Flugstreichungen und noch mehr Verspätungen. Der gute Ruf ist erst einmal dahin. Zeitgleich ist auch noch der Niki-Deal mit Tui geplatzt. Wie es für den Ferienflieger weitergeht, steht in den Sternen. Bei airberlin sind komischerweise dennoch alle happy.

Friede, Freude, Eierkuchen bei der Hauptversammlung

Vor wenigen Tagen hat die Hauptversammlung von airberlin stattgefunden. Das Event am Flughafen London-Heathrow ist seit Jahren eine Farce, immerhin kommt kaum jemand. Auch dieses Jahr ging es wohl eher ums Catering, immerhin kennen sich sowieso alle schon. Doch nicht nur der Fakt, dass nur ein Dutzend Aktionäre anwesend war, sondern vor allen Dingen die Aussagen der Beteiligten ließen aufhorchen.

airberlin Etihad Lackierung
Bei Etihad Airways hat man bereits die Hoffnung verloren

Ja, es gab immerhin eine Entschuldigung für die schlechte Performance der letzten Wochen, aber mittlerweile sei wieder alles in Butter. Auch der geplatzte Tui-Deal ist kein Problem. Ach ja, 2017 macht die airberlin nur deshalb Verlust, weil man umstrukturiert – so wie in den letzten sieben Jahren auch. Doch es wird noch besser: Für 2018 wird ein Gewinn erwartet. Ironie pur.

Die Probleme bleiben, nur spricht keiner darüber

Leider ändert das Schweigen über Probleme nichts daran, dass diese immanent sind. airberlin hat in den letzten Wochen einen enormen Imageschaden hingenommen. Selbst Freunde, die nicht viel mit der Luftfahrt zu tun haben, fragen mich, ob man mit airberlin noch fliegen könne. Dazu bleibt das Damoklesschwert Insolvenz, das noch mehr Menschen vom Buchen abhält. Die Fluggesellschaft wird es in den kommenden Monaten extrem schwer haben, Tickets an den Mann zu bringen. Bei nahezu ähnlichen Preisen spricht im Moment bei Europa-Verbindungen wenig für airberlin. Einzig die mittlerweile ganz gut funktionierenden Langstrecken in die USA können Hoffnung bringen.

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In einer “echten” airberlin Maschine zu landen, ist mittlerweile keine Garantie mehr

Dazu kommt weiterhin das Problem, dass vollkommen unklar ist, was mit Niki passiert. Bleibt die Airline unter dem Dach von airberlin ändert sich gar nichts: Das Mischmasch aus Ferien- und Geschäftsfluggesellschaft bleibt. Ach ja, und dann sind da noch die Finanzen: Jeden Tag soll airberlin in den ersten Monaten des Jahres drei Millionen Euro verbrannt haben. Ob sich daran in den kommenden Wochen etwas ändert, ist fraglich. Dazu kommt: Die Schuldenlast wird immer problematischer.

Die Konkurrenz raubt airberlin die Luft zum Atmen

Dass airberlin schon selbst genug Fehler macht, stellt sicherlich keiner in Frage. Doch das allein wird die Fluggesellschaft vorerst nicht in den Abgrund stürzen. Den Rest übernehmen allerdings gerne die Konkurrenten. Die Lufthansa bietet auf innerdeutschen Strecken in Konkurrenz fast immer dieselben Preise und kann dadurch Kunden überzeugen. Dazu kommt: Bei der Lufthansa gibt es auf absehbare Zeit keine Streiks mehr, ein weiterer Nachteil für airberlin.

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Die Einigung der Lufthansa mit ihren Piloten schadet airberlin

Doch die Lufthansa ist nur eines von vielen Problemen. Auch auf anderen Europa-Strecken setzt die Konkurrenz auf Dumpingpreise. Auf der Rotation Berlin – Paris hat die airberlin sogar schon einen täglichen Flug gestrichen. Bleiben noch die gewünschten Gewinnbringer: Die Langstrecke in die USA. Doch auch hier wird die Luft für airberlin immer dünner. Seit Monaten fahren die Konkurrenten, die Star Alliance rund um die Lufthansa, SkyTeam rund um Air France und Delta und nicht zuletzt sogar die eigene Allianz, oneworld, Kampfpreise auf, um airberlin die Kunden abzunehmen.

Kalifornien San Fransisco
Auf den Langstrecken in die USA macht die Konkurrenz die Preise kaputt

Teilweise werden Hin- und Rückflüge nach Kalifornien, Florida oder New York für unter 299 Euro angeboten. So günstig wie ab Berlin und Düsseldorf sind Langstreckenflüge in die USA nirgendwo sonst in Europa. Selbst Billigflieger wie Norwegian nehmen höhere Preise auf den US-Routen.

Die Zukunft von airberlin ist eine Übernahme

Ich will ganz ehrlich sein: Meiner Meinung nach hat airberlin keine Chance mehr. Die vielen Fehler der Vergangenheit, das Chaos der letzten Woche und der damit verbundene Imageschaden und nicht zuletzt das Dumping der Konkurrenz, die airberlin aus dem Markt drängen will – unter diesen Vorzeichen hat airberlin selbst dann kaum eine Chance, wenn die Berliner alles richtig machen. Und genau daran darf man nach den letzten Jahren schon genug Zweifel haben. Bleiben nur noch zwei Fragen: Wer übernimmt airberlin und wann ist es soweit?

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Autor

Moritz liebt nicht nur Reisen, sondern auch Luxushotels auf der ganzen Welt. Mittlerweile konnte er über 500 verschiedene Hotels testen und dabei mehr als 100 Städte auf allen Kontinenten kennenlernen. Auf reisetopia lässt er Euch an seinen besonderen Erlebnissen teilhaben!

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  • Das frage ich mich ehrlich gesagt auch. Denkbar sind mehrere Szenarien, da ein Vielflieger-Programm nicht zwingend direkt mit der Airline verbunden ist (topbonus gehört beispielsweise ja nicht zu airberlin). Vermutlich folgt aber mittelfristig eine Auflösung. Meilen und / oder Status würden dann wahrscheinlich entweder zum Anteilseigner (Etihad Airways) oder möglicherweise zur übernehmenden Airline (etwa die Lufthansa) transferiert. Es fehlt aber komplett an einem Präzedenzfall, was mehr oder weniger bedeutet: alles offen.

  • Die Frage ist.. was passiert mit den TopBonusmeilen, wenn AirBerlin durch z.B. LH oder sonstiger Star Allianz übernommen wird?
    Wobei ich mir eine Auflösung der Airline auch nicht wirklich vorstellen kann… Zukunft ungewiss.

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