Tasting Heimat, so lautet der Name des neuen Business Class-Cateringkonzepts der Lufthansa auf der Kurz- und Mittelstrecke. Wir ziehen es erstes Zwischenfazit.

Neuerungen und Änderungen sind für den gemeinen Deutschen meist nur schwer zu verkraften. Im Falle der Lufthansa und ihrem Business Class-Catering auf der Kurz- und Mittelstrecke war diese aber bereits länger gefordert und daher dringend nötig. Irgendwann hat sich der Passagier in der nicht ganz so 5-Sterne-würdigen europäischen Business Class von Lufthansa und Co. leider auch an gefrorenem Tomate-Mozzarella satt gegessen, auch wenn es ein All-Time-Favourite mit Dolce-Vita-Feeling ist. Bei der Lufthansa war davon schon länger nichts mehr zu spüren. Ein neues Konzept musste her, welches später auf den klangvollen Namen Tasting Heimat hören sollte. Das Konzept dahinter ist vielversprechend, doch wie schneidet es aktuell ab?

Das Konzept hinter Tasting Heimat

Die Lufthansa hat gemeinsam mit Gate Gourmet im vergangenen Sommer ein neues Cateringkonzept für die europäische Business Class erarbeitet und im September endgültig umgesetzt. Als Ziel des neuen Konzepts setze man sich, dass das neue Produkt besonders hinsichtlich Frische und Regionalität der Speisen neue Maßstäbe setzen solle, wie uns eine Sprecherin der Lufthansa mitteilte. Vor allem das Wort Heimat spielt bei den verschiedenen Neukreationen eine Rolle. So haben Sterneköche sechs verschiedene regionale Gerichte aufgegriffen und weiterentwickelt, um den Geschmack der Heimat an Bord zu bringen.

Tomate-Mozzarella – der alte Klassiker der Lufthansa

Unterschieden wird dabei jedoch nach Länge der Strecke beziehungsweise Zielort der Reise. Während auf Flügen innerhalb Deutschlands lediglich eine kalte Speise aus dem Programm, inklusive Dessert und Brot beziehungsweise Brötchen, serviert wird, dürfen Passagiere auf der Mittelstrecke zu internationalen Zielen gar eine warme Hauptspeise erwarten. Die kalte Speise der Inlandsflüge ergänzt das Gericht als Vorspeise, natürlich ebenfalls samt Dessert und Brötchen. Die Menüauswahl erhalten Passagiere vor dem Beginn des Services an Bord ausgehändigt.

Nach dem Service wird übrigens zur Abwechslung gerne auch eine Süßigkeit oder ein Apfel kredenzt. Man mag es kaum glauben, aber die Bilder der Äpfel sind auch in den sozialen Medien schnell um die Welt gegangen und haben viel Anklang gefunden. Serviert in einer dünnen Verpackung aus Pappe dürfte wohl kaum etwas so laut nach Heimat rufen, als ein Apfel nach dem Essen. Und dabei ist frisches Obst vor allem mal eine willkommene Abwechslung, die aktuell bei der Lufthansa noch nicht so gegeben ist.

Das Problem mit Tasting Heimat

So weit, so gut. Denn in der Realität sieht der Service noch anders aus. Eigentlich beinhaltet das Konzept verschiedene Speisen, basierend auf beliebten Klassiker aus sechs verschiedenen Regionen Deutschlands: Frankfurt, München, Berlin, Hamburg, Leipzig und Düsseldorf. Diese sollen sich auf den jeweiligen Flügen je nach Richtung und Tag sowie Tageszeit abwechseln. Ich bin im vergangenen Jahr mehrmals in der Business Class von Lufthansa geflogen.

Tasting München

Serviert wird aber lediglich eine Auswahl an Speisen aus Frankfurt oder München. Das hängt mit der derzeitigen Problematik bei der Lufthansa zusammen. Die LSG Skychefs wurden veräußert. Der neue Eigentümer scheint Probleme mit dem neuen Konzept zu haben, beziehungsweise es scheint weiterhin Unklarheit zu bestehen, wie mir ein Purser auf einem internationalen Flug im Dezember mitteilte.

Tasting Frankfurt

Diese Problematik führt eine weitere Hürde zum Vorschein. Denn die Unklarheit bei der Menüauswahl stellt sich auch mitunter tagesaktuell in der Beladung dar. So können Menükarten schnell unnütz werden, wenn das tatsächliche Menü auf dem Tablett ein gänzlich anderes ist. Ein Problem, welches ich auch schon auf der Langstrecke zuletzt erfahren durfte. Das führt dazu, dass Menükarten gar nicht erst ausgeteilt werden und die Beladung eher eine Überraschung für alle Beteiligten bereithält.

Tasting Vegetarian – die vegetarische Sondermahlzeit

Zudem finde ich aber auch schwierig, beim Konzept von Tasting Heimat und dem jeweiligen Inhalt durchzusteigen. Auf einem Flug mit der Lufthansa von Vilnius nach Frankfurt wird lediglich eine kalte Vorspeise serviert. Auswahl scheint es nicht zu geben. Ein wenig später, auf einem Flug von Frankfurt nach Madrid besteht eine Menüauswahl aus zwei warmen Speisen, eine davon auch vegetarisch. Während eine vegetarische Option auf dem einen Flug verwehrt wird, erfährt man auf einem anderen, dass es auf diesen Flügen auch immer eine vegetarische Alternative gäbe.

Neues Catering-Konzept in allen Klassen

Doch nicht nur vorne in der Kabine hat sich etwas am Konzept geändert. Die Lufthansa hat das kostenfreie Catering auf der Kurz- und Mittelstrecke in der Economy Class abgeschafft. Außer Wasser gibt es seitdem keine kostenfreien Getränke mehr. Schon zuvor mussten sich Passagiere von einer großzügigen Getränkeauswahl an Bord verabschieden, denn durch die Coronapandemie wurde lediglich eine Flasche Wasser und ein Snack angeboten. Seit März 2021 bietet der Kranich dafür ein Buy-on-Board-Menü der Partner Dean&David und Dallmayr an. Gemeinsam ist dabei das Menü Onboard Delights entstanden.

Onboard Delights – die entsprechenden Menüs findet Ihr in den Sitztaschen

Auf allen Lufthansa-Flügen, die länger als 60 Minuten dauern, bietet die Lufthansa ihr neues Buy-on-Board Konzept Onboard Delights an. Auf einem der ersten Flüge mit dem neuen Konzept konnte meine Kollegin Anna das Angebot bereits ausprobieren und hat natürlich auch von ihren Erfahrungen berichtet. Doch nicht nur in der Economy Class der Kurz- und Mittelstrecke kam es zu Anpassungen. Seit dem 1. Dezember 2021 gibt es hier ebenfalls das Buy-on-Board-Menü. Damit serviert die Lufthansa seit Ende des vergangenen Jahres den Passagieren auch keine kostenlosen alkoholischen Getränke mehr.

Lufthansa Business Class-Menü auf der Langstrecke

Während das kostenlose Menü jedoch erhalten bleibt, wird es zusätzlich das Buy-on-Board-Menü auch auf der Langstrecke geben. Unter anderem die alkoholischen Getränke, aber auch weitere Snacks, können so während des Fluges kostenpflichtig zusätzlich erworben werden. Damit einhergehen aber auch einige weitere Anpassungen in der Economy Class der Langstrecke. Denn bereits seit geraumer Zeit wird keine Menüauswahl mehr geboten. Passagiere bekommen lediglich ein Nudelgericht (vegetarisch) serviert. Diese Änderung ging kommentarlos ins Konzept über. Dazu gehört übrigens auch das Fehlen weiterer alkoholfreier Getränke während des Fluges. Hier soll es nur noch Wasser geben.

Roll-out in der gesamten Gruppe

Doch nicht nur bei der Lufthansa selbst wird das Cateringkonzept angepasst. Auch bei den übrigen Airlines der Lufthansa Group wird zunehmend auf Regionalität in den Premium-Kabinen und Sparmaßnahmen in der Economy Class gesetzt. Die Swiss macht es ihrer Mutter Lufthansa gleich und führt in der Business Class ein neues Angebot ein: „Taste of Switzerland“. Doch dieses wird ausschließlich in der Business und First Class auf der Langstrecke angeboten. Gleichzeitig führte die Swiss damit auch ein „individueller“ gestaltetes Reiseerlebnis ein, wonach die Passagiere selbst entscheiden konnten, wann sie essen möchten. Das Konzept scheiterte jedoch vorerst wegen zahlreicher Kritik aus den eigenen Reihen. “Taste of Switzerland“ bietet dafür auf Langstreckenflügen, abgehend in der Schweiz, „ausgesuchte Gerichte von Schweizer Spitzenköchen“ an.

Tomate-Mozzarella kam immerhin mit anderen Serviervorschlägen daher

Änderungen in der Economy Class gab es zudem bei Austrian Airlines und Air Dolomiti. Was die Onboard Delights bei der Lufthansa sind, ist die Austrian Melangerie bei Austrian Airlines. Zukünftig wird die Austrian Melangerie auf immer mehr Flügen Einzug erhalten, was wiederum Urlaubsreisenden nicht gefallen wird. Denn im kommenden Sommer werde etliche Ferienflüge wie beispielsweise Ibiza oder auch Mykonos auf reguläre Linienverbindungen umgestellt. Das bedeutet, dass im Gegensatz zu Austrian Holidays-Flügen die Speisen in der Economy Class nicht mehr inkludiert sein werden. Nur auf Flügen, die von Austrian Holidays durchgeführt werden, bleiben Speisen auch weiterhin kostenlos.

Auch das Porzellan benötigte Abwechslung – und Farbe

Und nach Lufthansa und Austrian Airlines ist auch die italienische Regionalfluggesellschaft Air Dolomiti an der Reihe. Hier sollen künftig auch die Snacks und Getränke in der Economy Class nur noch gegen Bezahlung zu haben sein. Bisher verteilte Air Dolomiti auch auf noch so kurzen Flügen kostenlos Snack und Getränke an die Fluggäste. Air Dolomiti will ihren Passagieren gegen Bezahlung eine hohe Qualität der Speisen und Getränke offerieren, wie die Airline erklärte. Zudem soll es mehr Auswahl geben. Italienische Chefköche sollen frische Mahlzeiten kreieren. Dabei möchte die Fluggesellschaft zudem mit regionalen Partnern zusammenarbeiten und auf mehr Nachhaltigkeit setzen. Das neue Konzept trägt dabei den Namen „SpazioItaliaBar“, unter dem sich die neuen Hauptgerichte, Desserts und Getränke – darunter etwa besondere Kaffeespezialitäten – finden sollen.

Fazit zu Tasting Heimat

Kaum ein Apfel dürfte wohl so ikonisch für etwas stehen, wie für das Cateringkonzept Tasting Heimat der Lufthansa. Ein durchaus einfacherer, aber cleverer Schachzug meiner Meinung nach. Aktuell hat das gesamte Konzept aber durchaus noch seine Schwächen. Falsche Beladung und wenig Abwechslung zwischen den einzelnen Regionen Deutschlands machen diese aktuell vor allem aus. Und dennoch muss ich sagen, dass mir das Konzept gefällt. Vor allem freut mich persönlich, dass auf den internationalen Routen auch eine warme vegetarische Speise als Alternative vorhanden ist. Denn die vegetarische Sondermahlzeit bietet noch weniger Abwechslung und gleicht einem Economy Class-Menü der Langstrecke. Auf den inländischen Verbindungen fehlt es dafür noch gänzlich an vegetarischen oder gar veganen Alternativen. Dennoch habe ich vor allem dann den meist unvergleichlichen Service der Crew an Bord erfahren dürfen. Diese waren immer bemüht, eine Alternative in irgendeiner Variante zu schaffen. Sei es nur ein Joghurt oder eine zweite Option.

Ich hoffe, dass sich die Vielfalt schon bald im Menü an Bord darstellen lässt, denn genau dafür steht Tasting Heimat meiner Meinung nach. In der Zwischenzeit lohnt es sich übrigens für Euch auf den Kurzstrecken auch nach einer Alternative zu fragen. Denn meist wird nur ein Menü ungefragt serviert, eine zweite Alternative ist aber meist vorhanden, wenn auch mit Fleisch.

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Autor

Alexander Fink ist als Content Editor seit Januar 2021 für reisetopia tätig. Zuvor war er als Account Manager in der Industrie beruflich unterwegs und schrieb von seinen Reiseerfahrungen im eigenen Blog. Heute ist er Euer Ansprechpartner für alle Airline- und Kreditkartenthemen.

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