Die anhaltende Krise macht dem größten europäischen Touristikanbieter weiterhin schwer zu schaffen. Die bereits erhaltenden Milliardenhilfen könnten bald aufgebraucht sein. Inzwischen gilt sogar ein Staatseinstieg für wahrscheinlich.
In den letzten Wochen standen immer wieder die Airlines und ihre prekäre wirtschaftliche Situation im Fokus der Berichterstattung. Doch es kommt nicht überraschend, dass auch – oder besser gesagt – insbesondere große Reiseveranstalter stark betroffen sind. Der Touristikkonzern TUI kann seit Monaten nur noch einen Bruchteil seines eigentlichen Geschäftes durchführen und trotz positiver Aussichten im Sommer, könnte die verschärfte Pandemielage auch die nächsten Wochen beschwerlich machen. Nachdem bereits große Geldmengen an Staatshilfen geflossen sind, werden die finanziellen Mittel des Konzerns langsam wieder knapp und weitere Kredite mit immens hohen Zinsen, könnte TUI kaum noch verkraften. Laut Berichten der FAZ ist es daher möglich, dass der Bund bald mit einer Staatsbeteiligung einsteigt.
Milliardenkredite sind bald aufgebraucht
Der Touristikkonzern TUI kann seit Monaten nicht auf gewohntem Niveau operieren. Kaum einer bucht unter den aktuellen Umständen eine Reise und die immer länger werdende Liste an Risikogebieten spielt dem nicht in die Karten. Bereits am Anfang der Krise war klar, dass die TUI, die rund 70.000 Mitarbeiter beschäftigt, Unterstützung braucht, um durch die Krise zu kommen. Insgesamt flossen bisher in etwa 3 Milliarden Euro an den größten europäischen Touristikkonzern. Nachdem sich im Sommer eine leichte Erholung der Lage abgezeichnet hatte, kehrte die Krise im Herbst nun mit voller Wucht zurück. Daher mussten neue Verhandlungen über finanzielle Hilfen aufgenommen werden. Denn Prognosen zufolge könnte der TUI, soweit die Situation sich wie bisher entwickle, um Ostern 2021 das Geld ausgehen. Dies würde einen totalen Zusammenbruch am Markt mit sich ziehen, da am Konzern diverse Hotels, Fluglinien und Reisebüro hängen.
Es gilt also, dieses Worst-Case-Szenario zu verhindern und Geld zu beschaffen. Doch wie? Inzwischen sind viele Möglichkeiten ausgeschöpft. Manch einer plädiert für weitere Kredite für den angeschlagenen Konzern, doch dieser ächzt bereits jetzt unter seiner Schuldenlast. Die hohen Zinsen, die für Kredite dieser Art fällig werden könnte die TUI mitunter nicht mehr stemmen. Außerdem könnten politische Entscheidungsträger weitere Milliardenhilfen “ohne Bedingungen” nicht mehr rechtfertigen, denn der Börsenwert des Konzerns liegt mit nur noch knapp 2,6 Milliarden Euro schon jetzt unter den Summen, die der Staat bereits in TUI gesteckt hat.
Schon für die jetzt gewährten Hilfen hätte der Bund die gesamte TUI AG kaufen können.
So ein Beteiligter bei den Verhandlungen um TUIs Zukunft
Eine Kapitalerhöhung am Aktienmarkt wurde seitens des Konzerns ebenfalls bereits in Erwägung gezogen, doch der Aktienkurs liegt – wie erwähnt – auf einem sehr niedrigen Niveau und somit wurde auch diese Option vorerst ausgeschlossen.
Liest man die aktuellen Meldungen über die Diskussion um TUIs Zukunft, wird man an die Debatte um die Staatsbeteiligung bei der Lufthansa erinnert, denn auch in diesem Fall ist das eine Option, die nun in Erwägung gezogen wird. Alle anderen Möglichkeiten scheinen nämlich so gut wie ausgeschöpft zu sein.
Die Politik ist noch uneinig über das Vorgehen mit TUI
Ein solches Vorhaben geht aber selbstverständlich nicht reibungslos von der Bühne, denn es gibt viele Stimmen, die einer Staatsbeteiligung bei der TUI kritisch gegenüberstehen. Einig ist man sich allein in dem Punkt, dass das Unternehmen Unterstützung braucht. Die bereits angesprochenen Folgen einer Zahlungsunfähigkeit TUIs würden zu schwerwiegende Folgen mit sich bringen. Doch die Politik ist sich uneinig, in welcher Form die Hilfen erfolgen sollten. Insbesondere die Grünen stehen einer Staatsbeteiligung kritisch gegenüber, da die TUI mit ihrem Geschäftsmodell aktuell wenig zum Strukturwandel hinsichtlich klimafreundlicherer Alternativen beiträgt. Sie fordern daher unter anderem, dass die TUI ihre Flotten erneuert und das Angebot an CO2-armen Reisen ausbaut.
Staatliche Hilfen für TUI sind nur sinnvoll, wenn sie an klare Vorgaben zum Klima- und Beschäftigtenschutz geknüpft werden. Der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen muss zumindest für einen Übergangszeitraum vereinbart werden.
Anton Hofreiter, Grünen-Fraktionschef
Aber auch die anderen Parteien diskutieren darüber, ob und inwiefern sich der Staat einmischen kann und sollte – genau wie es bei Lufthansa der Fall war. Klar ist allerdings auch, dass die Politik nicht glücklich wäre ein weiteres Milliardenpaket zu bewilligen ohne “zumindest einen Teil der Kontrolle zu übernehmen”.
Es wird inmitten dieser Diskussion deutlich, dass der TUI nicht viele andere Möglichkeiten bleiben, um sich bei dem anhaltenden Mittelabfluss über Wasser zu halten. Daher scheint ein Staatseinstieg mehr als wahrscheinlich. Der Konzern selbst äußerte sich laut Angaben der FAZ zwar noch nicht, der Aufsichtsrat werde sich aber nächste Woche zu einer außerordentlichen Sitzung treffen. Dann wird man vielleicht auch eine Stellungnahme der TUI erwarten können.
Fazit zum möglichen Staatseinstieg bei TUI
Der TUI steht das Wasser bis zum Hals – die bereits erhaltenden Milliardenhilfen könnten schon in wenigen Monaten aufgebraucht sein und selbst ein leichtes Wiederaufflammen der Reiselust kann den stark angeschlagenen Konzern in Zeiten wie diesen nicht retten. Weitere Hilfen müssen her, doch die Möglichkeiten scheinen bald ausgeschöpft. Ein Staatseinstieg als eine der letzten Optionen scheint dabei zum jetzigen Zeitpunkt die wahrscheinlichste zu sein. So könnte neben der Lufthansa also bald auch die TUI zum Teil dem Bund gehören.