Eine fehlende Nennung von Kennzahlen sorgte in dieser Woche für allerhand Aufsehen in der nationalen Luftfahrtindustrie und äußerst schwere Vorwürfe im Kontext der Klimabewegung – und das ausgerechnet gegen eine Fluggesellschaft, die sich nach eigener Aussage als “Deutschlands erste Öko-Airline” bezeichnet.

Die erst im vergangenen Krisenjahr 2020 gegründete, virtuelle Green Airlines sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert: Weil die Nennung einiger Kennzahlen mehr als intransparent sein solle, kommen Vorwürfe des “Grünwaschens” auf – also der mutmaßlich übertriebenen Darstellung von Kompensationswerten des Unternehmens zu Zwecken der Öffentlichkeitswirkung. Das geht aus aktuellen Recherchen unter anderem des Fachmagazins Airliners hervor. Ein Überblick.

Weitere Überprüfung nach intransparenter Nennung von Kennzahlen

“Was wir hier unserer Konkurrenz voraushaben, ist der explizite Klimaschutzgedanke. Wir fliegen grün.” Mit diesem Versprechen ging “Deutschlands erste Öko-Airline” mitten in der schlimmsten Krise der internationalen Luftfahrtindustrie im vergangenen COVID-Jahr 2020 an den Start – und hob sich mit eindeutigen Slogans im Kontext der Klimabewegung von der altbekannten Konkurrenz ab. “Überkompensation” (der durch Flüge der Airline verursachten CO2-Emissionen) lautet eines der zentralen Versprechen des Markenauftritts der Airline, ermöglicht durch “feste Partnerschaften für nachhaltige Projekte”.

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Um diese Partnerschaften gab es nun einige Diskussionen. Für die ”auf der Green-Airlines-Website beworbenen Naturefund-Projekte ”Streuobstwiese Wiesbaden in Hessen” sowie “Hamberger Moor in Niedersachsen” wurde Green Airlines allerdings erst aktiv, nachdem Naturefund dies im Zuge” der oben erwähnten Recherchen einforderte, wie die Kollegen es formulieren. Tatsächlich seien die Zahlungen für letztere beiden Projekte nach Angaben des Kompensationsanbieters nicht etwa als CO2-Kompensationen über das Naturefund-Klimazertifikat verifiziert worden, sondern vielmehr als gemeinnützige Spende dokumentiert. Nach sofortiger Kontaktaufnahme mit entsprechenden Stellen bei Green Airlines wurde die Darstellung angepasst.

Transparenzprobleme auch bei anderen Partnern & Greenwashing-Vorwürfe durch Flottenveränderungen

Tatsächlich ist die Ausweisung der Kompensationswerte auch für Kunden und Passagiere der Airline nicht ganz transparent nachzuvollziehen: Die einzig gelisteten Kompensationswerte der Airline für das erste Projekt in Costa Rica entsprechen bis heute (Stand: 19. Juli 2021, 12:00 Uhr) 24 Tonnen CO2, was nach Angaben der airliners-Kollegen “gerade einmal den Emissionen eines einzigen innerdeutschen Fluges mit rund 100 Sitzplätzen entspricht. Dabei fliegt Green Airlines bereits seit März durch ’ganz’ Europa und die Kompensationsmeldungen erfolgen bei Naturefund in der Regel monatlich.” Fakt ist aber auch, dass Green Airlines nicht dazu verpflichtet ist, die gesamten Emissionen mit ebenjenem Partner zu kompensieren, sondern auch Teilkompensationen möglich sind. Auch gibt es keine Verpflichtung zur Offenlegung der Beiträge.

Die beiden weiteren von Green Airlines namentlich genannten Kompensationspartner lassen vergleichbares Verlauten: Die Betreiber von Brandenburger Streuobstwiesen haben bereits seit dem vergangenen Jahr keinerlei Kontaktaufnahmen mehr mit der Airline und waren zwischenzeitlich davon ausgegangen, dass die Start-Up-Gesellschaft den drastischen Auswirkungen der COVID-Pandemie auf die Luftfahrt zum Opfer gefallen ist.

Inzwischen sind die beiden Projekte nicht mehr auf der Webseite von Green Airlines zu finden.

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Die grüne deutsche Fluggesellschaft Green Airlines steht seit ihrer Gründung im vergangenen Jahr immer wieder in der Kritik und sieht sich mit wiederkehrenden Vorwürfen des Greenwashings in verschiedenen Kontexten konfrontiert. Bereits kurz vor dem offiziellen Start im Herbst vergangenen Jahres waren Branchenbeobachter aufmerksam geworden, als langfristig geplante Leasingpartner kurzfristig absprangen. Kritik hatte es daraufhin auch deswegen gegeben, weil die Airline durch das Leihen von Maschinen anstelle des Kaufs einer eigenen Flotte mit einem “klimapositivem” Beispiel vorangehen wollte. In diesem Kontext nicht unerheblich ist hierbei die Tatsache, dass Green Airlines “virtueller Carrier” lediglich die Tickets an Kunden und Passagiere verkauft, den tatsächlichen Flug allerdings nicht als eigene Airline durchführt – eine Tatsache, die den Einfluss der Airline auf das verwendete Fluggerät massiv einschränkt.

Fazit zu den aktuellen Vorwürfen gegen Green Airlines

Die neue deutsche Green Airlines betreibe Greenwashing, so grün wie man sich gibt, sei man hier gar nicht und die uralten Leasing-Maschinen der deutschen Öko-Airline verpesten eigentlich nur die Luft – so oder so ähnlich lauten aktuelle Vorwürfe, die gegen die im vergangenen Jahr 2020 gegründete deutsche Green Airlines erhoben werden – und das von den verschiedensten Stellen. Nachdem Medienvertreter, Branchenkenner und Kunden und Passagiere der Airline bereits seit einigen Monaten kritisch hinterfragten, belegen neue Recherchen des oben erwähnten Mediums tatsächlich eine intransparente Darstellung der Kompensationswerte. Ob und zu welchem Zeitpunkt die Airline zu diesen Vorwürfen Stellung beziehen werde, ist nach aktuellem Informationsstand unklar.

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Autorin

Lilli ist am liebsten in den Wolken - und das nicht nur mit ihrem Kopf. Schon als Kind tourte sie mit einer Tanzgruppe durch Europa, heute ist Fernweh ihr ständiger Begleiter. Wenn sie sich nicht gerade mit ihrem Studium in Berlin beschäftigt, sitzt sie irgendwo auf der Welt hinter ihrem Laptop und berichtet für Euch über die angesagtesten Travel News rund um den Globus - direkt hier auf reisetopia.de!

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  • Die Öffentlichkeit will Firmen mit grünem Image – die Öffentlichkeit bekommt Firmen mit grünem Image.
    Wobei ich die Kompensationspartner genauso kritisch sehe: So viele Obstwiesen gibt es in Brandenburg gar nicht, dass sich eine ganze Airline damit kompensieren ließe, und so ein Zertifikat ist schnell mal ausgedruckt.

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