Das Aktivistennetzwerk StayGrounded fordert, dass der stark eingebrochene Flugverkehr nicht wieder auf ein Vorkrisenniveau zurückkehren darf.

Das globale Netzwerk Stay Grounded, welches über 150 Mitgliedsorganisationen umfasst, hat heute ein Positionspapier unter dem Namen “Sichere Landung” veröffentlicht, in dem gefordert wird, dass der Flugverkehr sein niedriges Niveau nicht mehr verlässt. Gleichzeitig schlagen die Aktivisten Lösungswege vor, wie der sozialverträgliche Übergang hin zu einer klimafreundlicheren Mobilität vonstattengehen könnte. Wir geben eine Übersicht über einige Eckpunkte des Positionspapiers.

Nicht “zum Modell vor Corona zurückkehren”

Die Liste der Mitglieder ist lang, die Liste der Forderungen ebenso. Das globale Netzwerk Stay Grounded fordert einen sozialverträglichen Übergang zur klimafreundlichen Mobilität. Bereits 2018 stellte die Organisation ein Positionspapier vor, welches in dreizehn Schritten eine schnelle Verringerung des Flugverkehrs herbeiführen sollte. Unter anderem schlugen die Aktivisten damals vor, dass eine stärkere Verlagerung auf andere Verkehrsmittel durch entschlossenes politisches Handeln möglich gemacht werden sollte. Gleichzeitig wollten sie verhindern, dass neue Flughäfen gebaut werden, die Luftfahrtindustrie weiterhin Privilegien erhält, Werbung für die Luftfahrt geschaltet werden darf und dass das Modell der Kompensationszahlungen fortgeführt wird. Außerdem sollte im Positionspapier klargemacht werden, dass die Technologie als “Lösung aller Probleme” lediglich eine “Illusion” ist.

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Mittlerweile – rund drei Jahre später – liegt der Flugverkehr am Boden. Jedoch weniger aus den genannten Gründen, sondern aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie. Dennoch sehen die Aktivisten hier nun die Chance wieder an ihre Punkte anzuknüpfen. Dieses Mal unter dem Motto nicht “zum Modell vor Corona zurückzukehren”.

Soziale Absicherung als oberste Maxime

Der Leitspruch des Positionspapiers lautet “Sichere Landung – Ein gerechter Übergang vom Flugverkehr zur klimafreundlichen Mobilität”. Die Aktivisten haben gemeinsam mit Gewerkschaften daran gearbeitet, die Forderungen “gerecht” zu gestalten, sodass der Übergang sozialverträglich ablaufen kann. Hierbei sind die wichtigsten genannten Kernaussagen der Aktivisten, dass für eine soziale Absicherung gesorgt werden muss, in alternative Bildungs- und Umschulungsmöglichkeiten investiert wird sowie ein Ausbildungs- und Einstellungsstopp für den Luftfahrtsektor verhängt wird. Dabei sollen die Länder, die für überdurchschnittlich hohe Emissionen verantwortlich sind, besonders in die Pflicht genommen werden.

Die Luftfahrt und der Tourismus werden sich wandeln: »by design or
by desaster«, mit oder ohne die Mitgestaltung durch die Beschäftigten.

Auszug aus dem Positionspapier

Das Aktivistennetzwerk stellt die These auf, dass sich die Luftfahrt sowieso wandeln werde, ob es nun geplant oder unkontrolliert vonstattengeht. Da der zweite Weg eines “katastrophenbedingten Wandels” deutlich mehr Opfer mit sich bringen würde, schlagen sie vor, bereits jetzt zu handeln und das coronabedingt niedrige Flugniveau zu nutzen, um von hier aus den nächsten Schritt zu wagen.

Einführung einer Vielflieger*innenabgabe gefordert

Dafür stellen sie einige Punkte auf, was ihrer Meinung nach jetzt getan werden muss. Zunächst müssen die “Steuergeschenke an die Luftfahrtindustrie” aufhören und das Geld lieber direkt in die Finanzierung des gerechten Mobilitätswandels gesteckt werden. Doch nicht allein dieses Geld soll in den Wandel fließen. Darüber hinaus fordern die Aktivisten die Schaffung von lokalen, nationalen und transnationalen Fonds, die in Form von sinnvollen Stakeholderbeteiligungen verschiedenste Interessen mitberücksichtigen.

Lufthansa Flugzeug Ausblick

Die Industrie als solche soll den Aktivisten zufolge weiter verkleinert werden. Dafür müssten staatliche Zuschüsse an den Sektor gestoppt, eine Vielflieger*innenabgabe eingeführt sowie Flughafenslots begrenzt werden. Die Anlagen, in denen aktuell noch Flugzeugteile hergestellt werden, sollen in Herstellungsanlagen für Güter von “hohem gesellschaftlichen Wert” (Beatmungsgeräte, Windturbinen, Züge, etc.) umgewandelt werden.

Fazit zu den Forderungen der Aktivisten

Dass die aktuelle Lage mit einem fast am Boden liegenden Flugverkehr die ideale Ausgangslage für die Forderungen der Aktivisten ist, wird schnell klar. Dennoch hat sich an ihren Forderungen verglichen zum vorherigen Positionspapier nicht viel geändert. Im Vordergrund steht der sozialverträgliche Mobilitätswandel. Zu einem gewissen Grad sollte dieser sicherlich auch erfolgen, aber ein Herunterfahren des Flugverkehrs wie es hier gefordert wird, ein Ausbildungsstopp und das Verhindern weiterer Flughäfen sind mitunter nicht die Lösung des Problems. Die Möglichkeiten des technischen Fortschritts, der hier als “Illusion” dargestellt wird, sehe ich nämlich sehr wohl als Möglichkeit an, wie das Fliegen in Zukunft umweltfreundlicher gestaltet werden kann. Denn das Fliegen ist mehr als eine reine Freizeitbeschäftigung – es stellt die weltweite Konnektivität sicher, ohne die das Leben, so wie wir es kennen sicherlich nicht in dem Umfang stattfinden würde.

Wie seht Ihr das? Wo sollte sich die Luftfahrt Eurer Meinung nach “nach Corona” wieder hin entwickeln?

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Autorin

Anna Jopp leitet als Director das Affiliate Business von reisetopia und gehört seit Frühjahr 2021 zum Kreis der Geschäftsführung. Sie ist Expertin im Bereich Partnermanagement und Premium-Kreditkarten.

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  • Leute, beruhigt euch.

    Es ist das Prinzip von Aktivisten, nur ein Thema zu haben und das dann mehr oder weniger fanatisch, halt “aktionistisch”, zu verfolgen.

    Wenn am Ende gewisse Fehlentwicklungen und Exzesse (zB dass ein Bahnticket quer durch Deutschland ein vielfaches des entsprechenden Billigflugs kostet, bei systemischen Nachteilen, oder dass man für eine Stunde Besprechung quer durch Europa jettet, obwohl der Zweck auch durch ein Online-Meeting erfüllbar ist) gestoppt und korrigiert werden, ist das doch durchaus zu begrüßen.

    Andererseits kann es durchaus notwendig sein (zB für einen Technikereinsatz vor Ort) schnell an einen entfernten Ort (und zurück) zu gelangen, die Option muss auf jeden Fall bestehen.

    Aktivisten werden die Summe ihrer Forderungen deshalb niemals flächendeckend verwirklichen können, aber selbst als Vertreter der “Gegenposition” ist es angebracht, die Argumente zur Kenntnis zu nehmen und nicht zu löschen, allein schon um diesen etwas entgegensetzen zu können, mit primitiver “Cancel Culture” wird man deren Fragen und deren Impuls nicht beantworten können.

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