Die zweitgrößte Fluggesellschaft in Deutschland baut am wichtigsten Hub in Frankfurt weiter aus – doch kann Condor diesen Kampf überhaupt gewinnen?

Es sind interessante Zeiten für die deutsche Luftfahrt, denn während die Lufthansa mit ihrer Flottenerneuerung beschäftigt ist und der aktuelle Zollkonflikt die wirtschaftliche Stimmung trübt, hat man den Eindruck, dass die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft Condor von all dem relativ unbeeindruckt ist und ihre Wachstumspläne konsequent weiterverfolgt. Bleibt nur die Frage: Ist dies in Frankfurt überhaupt nachhaltig möglich?

Weniger Frequenzen auf allen Konkurrenzstrecken

Dass sich diese Frage immer mehr stellt, liegt primär daran, dass Condor damit begonnen hat, mindestens in Teilen das Geschäftsmodell der Lufthansa zu kopieren. In den vergangenen Monaten und Jahren hat Condor immer mehr neue Langstrecken ab Frankfurt angekündigt, keineswegs zu klassischen Urlaubszielen, sondern auch auf geschäftlich relevanten Routen wie etwa nach New York oder Miami.

Condor A330neo
Condor konkurriert auf vielen Langstreckenrouten mit der Lufthansa

Das Problem daran: Condor fliegt auf den meisten Strecken maximal einmal am Tag, teilweise auch nicht einmal täglich. Die Lufthansa dagegen bietet auf Konkurrenzstrecken wie nach Los Angeles oder Boston nicht nur ab Frankfurt deutlich mehr Optionen. Damit aber nicht genug, denn mit ihren verschiedenen Tochtergesellschaften kommt die Lufthansa je nach Strecke auf drei-, vier oder gar fünfmal so viele Verbindungen wie Condor.

Für Geschäfts- oder auch Urlaubsreisende ergeben sich so deutlich mehr passende Verbindungen, wenn sie sich für die Lufthansa entscheiden. Genau das ist für Condor die Krux, denn gewinnen kann sie am Ende nur durch ein signifikant besseres Preis-Leistungsverhältnis. Dass die Lufthansa hier gerade auf Konkurrenzstrecken allerdings durchaus bereit ist, bei den Margen zu “leiden”, sieht man an der Preisentwicklung etwa auf der Route nach New York.

Keine Chance, bei den Zubringern aufzuholen

Dennoch sendet Condor weiterhin Zeichen, die darauf hindeuten, dass die Airline den Kampf vertiefen möchte – etwa mit der Ankündigung von einem noch einmal ausgeweiteten innerdeutschen Zubringernetz. Im Winter geht es auf den besonders wichtigen Verbindungen ab Frankfurt, etwa nach Hamburg oder Berlin, sogar gleich dreimal täglich. Das ist gleichwohl immer noch ein Bruchteil dessen, was die Lufthansa bietet, die auf denselben Strecken unter der Woche mehr als ein Dutzend Mal am Tag fliegt.

Lufthansa City Airlines A320neo Titelbild
Innerhalb Europas hat die Lufthansa ein fast zehnmal größeres Netzwerk

Dies mag je nach Verbindung für Reisende noch relativ egal sein, solange die Zubringer gut auf die Langstreckenverbindungen angepasst sind. Doch das Problem für Condor liegt eher daran, dass die Airline insgesamt viel weniger Verbindungen anbieten kann – selbst wenn man die verbliebenen Kooperationsflüge mit der Lufthansa mitrechnet. Bietet die größte deutsche Airline ab Frankfurt mehr als 100 Optionen für Weiterflüge, sind es bei Condor nur etwa die Hälfte.

Dass Condor in dieser Hinsicht aufholen kann, dürfte man als gänzlich unmöglich einstufen. Das gilt selbst dann, wenn Condor in den kommenden Monaten einer der beiden großen Allianzen beitritt oder weitere Partnerschaften innerhalb Europas schließt. Vielmehr bleibt sogar das Risiko, dass die Vereinbarung mit der Lufthansa hinsichtlich der Zubringerflüge auf Routen wie nach Bologna oder Nizza sogar irgendwann gänzlich endet.

Frankfurt dürfte zu klein für zwei erfolgreiche Airlines sein

Wenig überraschend kommt deshalb immer wieder die Frage auf, ob Condor sich möglicherweise eher auf einen anderen Hub konzentrieren sollte. Natürlich gibt es Beispiele für Hubs, die nicht nur von einer, sondern von mehreren Fluggesellschaften aktiv bespielt werden. Eine Erfolgsgeschichte ist das allerdings oft nur für den Platzhirsch, wie etwa das Verhältnis der erfolgreichen British Airways gegen die darbende Virgin Atlantic zeigt.

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Frankfurt dürfte für zwei große Airlines zu klein sein

Nun mag es in Asien, etwa in Tokio, auch andere Beispiele geben, allerdings handelt es sich bei der größten Metropole Japans genauso wie auch bei London um Märkte mit einer ganz anderen Stärke als Frankfurt, das nicht nur ob seiner vergleichsweise geringen Größe, sondern auch bezüglich der Wirtschaftskraft nicht in derselben Liga spielt wie andere Hubs mit mehreren erfolgreichen Airlines, etwa New York.

Entsprechend ist es kaum vorstellbar, dass gleich zwei Fluggesellschaften mit einem verwandten Geschäftsmodell und einem starken Fokus auf Langstreckenverbindungen nach Nordamerika und Zubringern innerhalb von Europa in Frankfurt erfolgreich sein können. Bleiben eigentlich nur zwei echte Optionen: Entweder Condor versucht sein Glück anderswo oder wird irgendwann wieder von der ehemaligen Mutter geschluckt – Letzteres darf man kartellrechtlich allerdings als nahezu unmöglich einstufen.

Berlin, Düsseldorf und Hamburg in der Verlosung

Doch auch die andere Option erscheint nicht recht realistisch, fehlt es doch zumindest in Europa an historischen Vorbildern. Dass eine Fluggesellschaft ihren Stammmarkt hinter sich lässt, um sich mit demselben Geschäftsmodell an einem anderen Airport niederzulassen, hat man so wohl bisher nicht gesehen. Nun spricht für Condor, dass die Airline durch ihre Urlaubsflüge auch anderswo bereits verankert ist – ein solcher Wechsel wäre allerdings dennoch eine Mammutaufgabe.

Flughafen Berlin Brandenburg (BER) Im August 2024
Besonders am BER hofft man auf mehr Langstrecken

Infrage dürften für so einen Schritt generell auch nur drei Flughäfen kommen, wobei die Infrastruktur jeweils nicht unbedingt auf einen klassischen Hub mit massiven Umsteigeverbindungen von der Kurz- auf die Langstrecke ausgerichtet ist. Die Rede ist von Düsseldorf mit dem starken Einzugsgebiet im Rhein-Main-Gebiet sowie die beiden größten Städte in Deutschland, Hamburg und Berlin, denen in der Luftfahrt ironischerweise von den beiden kleineren Großstädten München und Frankfurt der Rang abgelaufen wird.

Soeben wurde in der Vergangenheit oft darüber diskutiert, ob diese Flughäfen mit Blick auf die Wirtschaftskraft für einen Hub einer globalen Fluggesellschaft überhaupt infrage kommen. Bedenkt man gleichwohl allerdings, dass TAP Portugal aus Lissabon, SAS aus Oslo und Kopenhagen oder LOT aus Warschau durchaus funktionierende Drehkreuze gemacht hat, sollte man den drei deutschen Metropolen durchaus eine Chance zurechnen.

Schwer umsetzbare Gedankenspiele mit Hoffnung auf Hilfe

Nun handelt es sich bei einem möglichen Hub-Wechsel der Condor fraglos um Gedankenspiele, allerdings scheint klar, dass in den kommenden Monaten und Jahren etwas passieren muss. In Frankfurt wird die Airline den Kampf gegen die Lufthansa nicht gewinnen können, insbesondere dann nicht, wenn sich die Stimmung auf dem Transatlantikmarkt weiter trüben sollte. Condor dürfte darunter noch mehr leiden als die Lufthansa, die finanziell eine solche Schwächephase eher durchstehen kann.

Condor A320
Ohne Hilfe dürfte Condor keine Chance haben

So bleibt auch die Frage nach Hilfe für Condor. Diese könnte infolge eines Investments eines großen Lufthansa-Konkurrenten wie der IAG um British Airways oder Air France-KLM folgen, oder aber auch durch den Beitritt zur oneworld oder SkyTeam Allianz. Noch wichtiger könnte allerdings die Frage werden, wo der Standort Deutschland mit seiner neuen Regierung in puncto Luftfahrt möchte. Mehr Unterstützung ist vorgesehen, bislang sieht man aber nur Babyschritte.

Denkbar wäre, dass zumindest Lokalregierungen Condor bei einem verrückten Schritt wie einem Hub-Wechsel unterstützen könnten, um zwei Ziele mit einer Klappe zu schlagen: Mehr Konkurrenz und damit attraktivere Preise für deutsche Verbraucher im Luftverkehr auf der einen und eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts auf der anderen Seite. So schön diese Gedankenspiele jedoch sein mögen, momentan scheint dafür der politische Wille zu fehlen.

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Autor

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  • Eine gute Airline macht nicht nur eine gute Business Class aus sondern auch guter IRROP / INVOL /SKCHG Umgang mit den Kunden. Und da ist Condor unterste Grütze. Zum einen bietet sie ja wie im Artikel genannt kaum eigenen Alternativen an den Tagen, ist aber anderseits nur mit Anwalt bereit auf Fremdmetall umzubuchen bzw. man macht es selbst und klagt über Monate sein Geld ein wo Condor noch mit wirren Argumentationen versucht das ganze in die Länge zu ziehen. Das geht bei LH group wesentlich smoother. 1. Einfach innerhalb der Gruppe umbuchen lassen oder auch auf Star Alliance falls es dort nichts gibt. Ein gutes Bordprodukt allein bringt es halt nicht. Dennoch hoffe ich auf einen Beitritt zur OneWorld von Condor, damit die Preise mal runterkommen auf dem Dt. Markt und auch damit es einfach mehr Alternativen in solchen Fällen gibt.

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