In unserer Rubrik “On This Day In Aviation History” wagen wir einen Blick in die Vergangenheit und beleuchten die Meilensteine der zivilen Luftfahrt-Historie, aber auch die weniger erfreulichen Augenblicke.
Täglich berichten wir von den wichtigsten Nachrichten und neuesten Errungenschaften der zivilen Luftfahrt. Vor allem im vergangenen Jahr hat sich das Treiben am Himmel deutlich verändert. Airlines, die uns gestern noch durch die Welt flogen, müssen heute ums Überleben kämpfen. Der damals wohl größte und bekannteste Fluggesellschaft Pan Am ereilte ein ähnliches Schicksal. Wir wagen in der neuen Rubrik “On This Day In Aviation History” einen Blick zurück zum allerersten Flug überhaupt über den Atlantik, welcher mit dem 28. Juni 1939 in die Geschichtsbücher eingegangen ist.
Der 28. Juni 1939
Vor über 80 Jahren gelang der erste kommerziell durchgeführte Linienflug einer Fluggesellschaft über den Atlantik. Welch anderer Fluggesellschaft sollte das geglückt sein als Pan American Airways. Die damals noch junge Fluggesellschaft wurde für ihre Visionen belohnt und ist nicht umsonst spätestens an diesem Tag zu einer wahren Ikone aufgestiegen. Noch heute gehört die Marke Pan Am zur Popkultur, am Himmel ist das blaue Logo der Airline jedoch schon seit vielen Jahren nicht mehr zu sehen. Das Vorhaben von damals wollten sich jedoch viele Tausende Schaulustige nicht entgehen lassen. Die aufstrebende Fluggesellschaft aus Florida plante bereits seit vielen Jahren die Atlantiküberquerung. Am 28. Juni 1939 konnte man endlich alle Unwägbarkeiten überwinden. Der Weg dahin und über den Atlantik war jedoch beschwerlich.
Der Flug am 28. Juni 1939 sollte von New York über die Azoren und Lissabon nach Marseille führen. Die damaligen Flugzeuge hatten ohne Düsenantrieb noch nicht die Möglichkeit, solche Strecken ohne Zwischenstopp zu hinterlegen. Während Qantas heutzutage mit dem Project Sunrise Flugzeiten von 18 oder 19 Stunden anstrebt, mussten die Flüge damals mit mehreren Zwischenstopps auskommen. Für die Atlantiküberquerung gibt es dafür vermeintlich viele Möglichkeiten. Zur Debatte stand neben der Route über die Azoren natürlich auch die nördliche Route über Kanada, Grönland, Island und Großbritannien. Doch vor allem die Gebiete in Kanada, Grönland und Island waren infrastrukturell nicht ausreichend erschlossen. Zudem waren die Wetterbedingungen im Norden ein damals größeres Hindernis. Letztlich fiel die Entscheidung für die südliche Route.
Am 28. Juni 1939 machte sich die Boeing 314 mit dem Namen Dixie Clipper auf dem Weg nach Europa. Nicht nur die Plätze draußen am Hafen waren heißbegehrt, auch die Tickets für den Flug selbst. 22 Passagiere befanden sich an Bord des Jungfernfluges. Damals hatten die Menschen lediglich die Möglichkeit, mit dem Schiff nach Europa zu gelangen. Die Atlantiküberquerung war zwar luxuriös, dauerte jedoch einige Tage. Die Tickets für die Flüge mit Pan Am waren zwar teuer, der Luxus an Bord stand dem Service auf den Kreuzfahrtschiffen jedoch in nichts nach. Serviert wurden die feinsten Gerichte. Die Zeit an Bord konnten sich die Passagiere auf ihren Sitzplätzen oder in der bordeigenen Sofalounge vertreiben. Separate Toiletten mit Kosmetikbereich sowie Umkleidekabinen befanden sich ebenfalls an Bord des damals fortschrittlichsten Flugzeuges.
Alternative über den Pazifik
Tatsächlich sollte der Erstflug über den Atlantik deutlich früher erfolgen. Neben der Problematik der perfekten Routenplanung machte aber vor allem Großbritannien und Europa den Plänen von Pan Am einen Strich durch die Rechnung. Der Kontinent auf der anderen Seite des Atlantiks wollte der Fluggesellschaft nur Landerechte gewähren, sofern europäische und britische Fluggesellschaft selbst in der Lage sind, solche Strecken zu bewältigen. Davon waren diese Fluggesellschaften jedoch noch weit entfernt. Deshalb plante Juan Trippe, der Gründer von Pan American Airways, kurzerhand um und wollte den Pazifik überqueren.
Die Flüge sollten von San Francisco mit mehreren Zwischenstopps im Pazifik nach Guam und weiter nach Manila auf den Philippinen führen. Für Guam war die Verbindung als militärischer Stützpunkt und der Zugehörigkeit zu den Vereinigten Staaten von Amerika eine wichtige Verbindung. Für die Einwohner der Philippinen war sie jedoch noch weitaus bedeutsamer, da bis dato keine Verbindungen in die Welt vorhanden waren. Um die Strecke bis zu den Philippinen bewältigen zu können, unterhielt Pan Am Zwischenstationen auf den Pazifikinseln Midway und Wake mit Tankmöglichkeiten und Hotels für die Passagiere. Diese Inseln mussten jedoch tatsächlich erst infrastrukturell erschlossen werden. Die Inseln waren bis zu diesem Zeitpunkt schon lange im Fokus von Trippe, jedoch noch gänzlich unbewohnt. Schiffe und erste Flüge von der Pazifikküste der USA brachten Equipment und Personal zu den Inseln, um diese für die Flüge von Pan Am herzurichten.
Beide Inseln sind tatsächlich heute noch bewohnt, jedoch hauptsächlich von Wissenschaftlern und zählen ebenfalls wie Guam zu den Außengebieten der USA. Das Midway- und das Wake-Atoll verfügen heute über richtige Flugplätze mit Landebahnen auf dem Festland.
Die Visionen von Pan Am
Juan Trippe hat die Fluggesellschaft Pan American Airways 1927 in Key West gegründet. Schon zuvor hatte er sich in der Luftfahrtbranche mit einer Fluggesellschaft im Norden der USA versucht einen Namen zu machen. Dieses Projekt scheiterte jedoch, weshalb Trippe für seine Vorhaben und Visionen lange Zeit nicht ernst genommen wurde. So richtig Fahrt nahm die Fluggesellschaft mit der Verbindung zwischen Florida und Kuba auf. Den Auftrag erhielt Pan Am von der US-Regierung, womit sie Post und Passagiere zwischen beiden Destinationen hin und her fliegen durfte. Expansionspläne spielten bei Trippe von Anfang an eine große Rolle. Pan Am sollte die größte Fluggesellschaft weltweit werden und Ziele auf dem gesamten Globus anfliegen. Damals wurde er für seine Vorhaben noch belächelt. Nicht ohne Grund: Denn neben dem fehlenden Equipment in Form von Flugzeugen war der Langstreckenverkehr, vor allem über Ozeane, aus sicherheitstechnischen Gründen damals nicht realisierbar.
Nur wenige Jahre später im Jahr 1931 expandierte Pan Am dennoch weiter gen Süden. Weitere Ziele in Mittel- und Südamerika wurden angeflogen. Natürlich nicht im Direktflug. Für Routen bis nach Argentinien wurden mehrere Ziele auf der Strecke angeflogen. Diese dienten zur Aufnahme und Abgabe von Postsendungen und Passagieren, zum Nachtanken, aber vor allem auch zum Austausch mit den Piloten aus der jeweils anderen Richtung. Navigation und Funkverkehr waren damals nicht möglich. Eine Vision, die ebenfalls Juan Trippe über mehrere Jahre verfolgte und später tatsächlich in die Tat umsetzen konnte. Mit entsprechenden Experten konnte er das erste Navigationssystem im Flugverkehr einführen. Eine Technologie von Funkmasten wurde für die Luftfahrt angepasst. Signale wurden gesendet, welche von den Flugzeugen empfangen und zurückgesendet wurden. Anhand dieser Signale konnte die Crew deuten, ob sie sich auf dem richtigen Weg befinden.
Ein weiterer Visionär der damaligen Zeit war Charles Lindbergh. Auch er beschäftigte sich schon früh mit der Idee von Nonstop-Flügen zwischen Nordamerika und Europa. Mit der Spirit of St. Louis konnte Lindbergh zum Erstflug über den Atlantik antreten. Vom Roosevelt Field in New York startete er zu seinem Alleinflug, dessen Strecke auf über 5.800 Kilometern beziffert war. Um den Direktflug auch überwinden zu können, verzichtete Lindbergh auf unnötige Last. Navigationsgeräte oder ähnliches fand man nicht an Bord vor. Die Navigation absolvierte er mittels Kompass und seiner Armbanduhr und tatsächlich kam er bei Erreichen der irischen Küste nur um fünf Kilometer vom Kurs ab. Mit einer Rekordzeit von 33 Stunden, 30 Minuten und 30 Sekunden kam er letztlich sicher in Paris an. Bei seiner Rückkehr in den Vereinigten Staaten von Amerika wurde er wie ein Volksheld gefeiert – Lindbergh wurde unter anderem die Medal of Honor verliehen. Angebote lagen ihm unzählige vor. Tatsächlich konnte aber nur Juan Trippe ihn von einer Zusammenarbeit überzeugen. Die Vision vom Linienflugbetrieb über die großen Ozeane überzeugte ihn.
Gemeinsam sorgten sie für eine Art des Reisens, wie sie für uns heute undenkbar wäre. Nur wenige Jahrzehnte später wurde das Jetzeitalter eingeläutet. Mit Flugzeugen vom Typ Boeing 707 und 747 wurde die Überquerung des Atlantiks noch einfacher und unkomplizierter. Eine Vielzahl an Zwischenlandungen für Tankstopps war nicht mehr notwendig. Dafür verlor das Reisen mit der Zeit auch immer mehr an Glamour. Hochwertige Speisen und exklusive Kabinen mussten für eine Vielzahl an Sitzplätzen in der Economy Class weichen. Damit wurde das Fliegen aber auch für die breite Masse erschwinglich.
Trippe und Sikorski
Für die Vorhaben von Pan Am waren besondere Flugzeuge vonnöten, die damals so noch nicht vorhanden waren. Ein weiterer enger Vertrauter von Juan Trippe war Igor Iwanowitsch Sikorski. Nachdem er im Ersten Weltkrieg noch Flugzeuge für Russland entwickeln und fertigen ließ, wanderte er im Anschluss für sein Studium in die USA aus. Hier traf er auch auf Juan Trippe. Letztlich entschied sich Sikorski dazu in den USA zu bleiben. In den Anfangsjahren von Pan Am entwickelte er die Flugzeuge nach den Wünschen von Trippe. Das wohl bekannteste Flugzeug dürfte die Sikorsky S-42 sein, die Entwicklungen dieser Baureihe gerieten jedoch an die Grenzen. Auch deshalb streckte Trippe in der damaligen Zeit schon früh seine Fühler zu anderen Flugzeugbauern aus. Sikorski wiederum konzentrierte sich schon früh auf die Entwicklung und Fertigung von Hubschraubern. Noch heute ist das Unternehmen für seine Hubschrauber bekannt. Sikorsky ist mittlerweile ein Teil des ebenfalls bekannten Flugzeugbauern Lockheed Martin.
Später spielte in den Planungen von Juan Trippe jedoch Boeing eine immer größere Rolle. Trippe war es auch, welcher Boeing zur Entwicklung der Boeing 747 drängte. Die spätere Flotte bestand später fast ausschließlich aus Flugzeugen von Boeing. Da die Beziehungen zur US-Regierung jedoch immer schwierig waren, orderte Pan Am ohne Bedenken das erste europäische Modell von Airbus, den A300. Die europäischen Beziehungen der Fluggesellschaft waren aufgrund der Visionen von Trippe immer gut, die Verbindungen zu Berlin sogar ganz besonders. Aufgrund der damaligen Aufteilung Berlins in die verschiedenen Sektoren war es der Lufthansa bis 1989 nicht gestattet, in Berlin zu landen. Die Landerechte waren den jeweiligen Fluggesellschaften der Besatzungsmächte vorbehalten. So kam es, dass Pan Am von Berlin-Tempelhof aus den Inlands- und damit auch den Zubringerverkehr für die Lufthansa nach Frankfurt und München absolvierte.
Ein ganz besonderer Platz in der Geschichte
Der erste kommerzielle Linienflug über den Atlantik wurde heute vor 83 Jahren durchgeführt und prägte die zivile Luftfahrt nachhaltig. Infolgedessen wurde die Überquerung des Atlantiks binnen weniger Jahrzehnte zu einer Selbstverständlichkeit. Die Visionen des Pan Am-Gründers Juan Trippe zur Überquerung des Atlantiks und seiner folgenden Ideen wie beispielsweise für die Boeing 747 beeinflussten die zivile Luftfahrt, wie wir sie heute kennen. Pan Am existiert heute nur noch als Marke und ist damit noch jedem Kind bekannt, auch wenn die Fluggesellschaft bereits seit vielen Jahren vom Himmel verschwunden ist. Das Erbe der Fluggesellschaft bleibt damit jedoch unvergessen – der erste Linienflug einer Fluggesellschaft über den Atlantik hat damit einen Platz in der Rubrik “On This Day In Aviation History” verdient.
Kann mich Hannes nur anschließen: Tolle Idee brillant umgesetzt, gerne mehr davon…
Danke für das Feedback! 🙂 Sind noch einige neue Beiträge für dieses Jahr geplant.
Gratuliere zu diesem gut recherchierten Bericht, hat mir sehr gut gefallen! Wenn es da eine Fortsetzung geben würde, das wäre super!
Hallo Hannes, danke für das Feedback. Diese Reihe kehrt auf jeden Fall immer wieder mit neuen spannenden Themen zurück!