Zwei Rechtsexperten argumentieren, weshalb Fast Lanes an deutschen Flughäfen als Bestechung einzustufen sind und inwiefern sich auch Verbraucher strafbar machen können.

Zutritt zur bevorzugten Behandlung bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen kann über mehrere Wege beschaffen werden. Nicht nur gewisse Statusinhaber des Vielfliegerprogramms Miles & More erhalten den schnelleren Zugang zum Flughafen über die sogenannte Fast Lane. Auch American Express® bieten den Service über die österreichische Platinum Card an. Bereits im Jahr 2019 lehnte sich der Bundesrechnungshof – anlässlich eines vertraulichen Gutachtens im Auftrag des Bundesinnenministeriums – über die Zweiklassengesellschaft im Luftverkehr auf. Diese seien unfair und ineffizient und gehen mit Kosten für die Allgemeinheit einher. Daran anknüpfend geht ein Gastbeitrag bei dem Rechtsmagazin Legal Tribune Online der Frage auf den Grund, ob Fast Lanes an deutschen Flughäfen strafbar sind.

Zeit gegen Geld – eine Form der Korruption

Die beiden Rechtsexperten Prof. Dr. Till Zimmermann, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, und Julian Stolz, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an diesem Lehrstuhl, schildern in ihrem Beitrag die rechtliche Einordnung der Fast Lana Praxis an deutschen Flughäfen. Ihnen zufolge würde diese erkaufte zeitliche Bevorzugung als Bestechung einzustufen sein. Passagiere, die den Vorzugsservice in Anspruch nehmen, können sich ihrer Meinung nach ebenfalls angreifbar machen, wie die Experten mit handfesten Argumenten untermauern.

Auch der amerikanische Jurist David Post behauptet, dass der Eintausch von Zeit gegen Geld eine Form der Korruption sei. Zimmermann und Stolz unterschreiben diese Behauptung und ergänzen in ihrem Beitrag, dass sie es als verwunderlich wahrnehmen, weshalb diese Einrichtungen nach wie vor existent seien, da der Bundesgerichtshof (BGH) erst vor wenigen Jahren die Installation von Fast Lanes vor der Passkontrolle zurückwies.

Nach Rechtsgrundlage gilt: First come – first served

Von Zimmermann und Stolz speziell hervorgehoben wurde die sogenannte strafbare Amtsträgerbestechung gemäß §§ 332, 334 Strafgesetzbuch (StGB). Ihre Begründung liegt darin, dass die Bespielung der Sicherheitskontrollen an deutschen Flughäfen Staatssache ist. Unter Berücksichtigung der eben genannten Rechtsgrundlage sind die Beauftragten an den Sicherheitskontrollen dazu verpflichtet, das “first come, first served” Prinzip anzuwenden.

Der Bundesgerichtshof stufte die Anwendung der Fast Lanes an deutschen Flughäfen folglich als pflichtwidrige Ermessenshandlung – demnach als Bestechung – ein (Urt. v. 08.11.1951, Az. 3 StR 822/51). Die beiden Rechtsexperten erläutern, dass sich Fast Lanes in einem schwer durchschaubarem Geflecht aus Aufgabenprivatisierung und Kommerzialisierung befinden. Schließlich handle es sich schlicht um eine Weitergabe der Zuständigkeiten, wie es in ihrem Schreiben lautet. So würden die Fluggesellschaften die Betreiber der Airports dafür bezahlen, dass ihre Premium-Passagiere die bevorzugte Behandlung bei der Sicherheitskontrolle in Anspruch nehmen dürfen. Die logische Schlussfolgerung ist die Anpassung der Ticketpreise und somit die Umschichtung der Kosten auf die Passagiere.

Trifft eine Unrechtsvereinbarung zu?

In ihrem Gastbeitrag argumentieren Stolz und Zimmermann, dass unter Anwendung der Fast Lane eine Unrechtsvereinbarung vorliege, da Fast Lane Passagiere – durch Bezahlung der Airline – irregulär bevorzugt werden und Passagiere, die diesen Service nicht in Anspruch nehmen, folglich länger warten müssen.

Auch am Flughafen Frankfurt können sogar Slots für die Sicherheitskontrolle gebucht werden

Zudem untermauern sie, dass die Rechtsform der Flughafenbeitreiber auf ihre Aussage keinen Einfluss nehme. Vielmehr im Zentrum stehe dabei die Art der ausgeübten Tätigkeit. In diesem Punkt unterscheiden sich jedoch die Ansichten – auch auf Rechtsebene. Schließlich seien einige Gerichte der Meinung, dass der Betrieb von Verkehrsflughäfen zur Daseinsvorsorge gehöre und bereits deshalb jeder, der daran mitwirkt, Amtsträger sei. Das entscheidende Argument in diesem Zusammenhang lautet:

Allerdings genügt für die Amtsträgereigenschaft auch die Übertragung von einzelnen staatlichen Verwaltungsaufgaben auf Individuen. Bei der Organisation der Warteschlage vor der polizeilichen Sicherheitskontrolle am Flughafen handelt es sich um eine solche öffentliche Aufgabe.

Prof. Dr. Till Zimmermann und Julian Stolz in ihrem Gastbeitrag bei LTO

Im selben Atemzuge würde einer vollständigen Privatisierung einer Einrichtung, wie den Sicherheitskontrollen an Flughäfen, der Schutzzweck – also die Norm, die eben vor dieser Verletzung schützen möchte – im Wege stehen.

Können sich Verbraucher durch die Nutzung der Fast Lanes strafbar machen?

Wie eingangs erwähnt, hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2022 die Installation von Fast Lanes vor der Passkontrolle zurückgewiesen. Eben diesen Punkt stellen Zimmermann und Stolz infrage. In ihren Augen sei kein Grund für die unterschiedliche Behandlung von Pass- und Sicherheitskontrolle gegeben. Demgegenüber stehen jedoch Vertreter der zivilrechtlichen Rechtsprechung, die dagegen argumentieren.

Die große Frage lautet abschießend: Machen sich Verbraucher durch die Inanspruchnahme des Fast Lane Services strafbar? Die beiden Rechtsexperten zeigen auf, dass dadurch strafbare Beihilfe geleistet werde. Ihnen zufolge könnten sich die Verbraucher der Vorzugsbehandlung nicht weiter auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 StGB) berufen – zumindest jene, die den respektiven Beitrag gelesen haben. Am Ende ihres Beitrags appellieren Stolz und Zimmermann an alle Akteure, die Praxis der Fast Lanes an Flughäfen sogleich einzustellen.

Fazit zur umstrittenen Rechtsfrage der Fast Lanes an deutschen Flughäfen

Die Praxis der käuflich erworbenen Vorzugsbehandlung an Sicherheitskontrollen an deutschen Flughäfen ist strittiges Thema. In ihrem Gastbeitrag machten Zimmermann und Stolz auf die unbeachteten Rechtswidrigkeiten rund um das Thema aufmerksam. Nachdem die beiden Rechtsexperten der Thematik eine sehr eindeutige Meinung entgegenbringen, dürfte es sich am Ende des Tages jedoch um eine Grauzone handeln. Denn es gibt auch Seiten der zivilrechtlichen Rechtsprechung, die gegensätzliche Ansätze verfolgen. Schließlich existieren eine Reihe dieser Einrichtungen an Flughäfen in Deutschland. Vermutlich gilt in diesem Fall der bewährte Spruch: Wo kein Kläger, da kein Richter. Sollte tatsächlich eine weitverbreitete grobe Rechtswidrigkeit vorliegen, dann wird gewiss dagegen vorgegangen.

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Autorin

Bereits zu ihrer Schulzeit an der Kärntner Tourismus Schule hat Beate das Reisen für sich entdeckt. So verbrachte sie jeden Sommer im Ausland. Auch während ihres Tourismusmanagement-Studiums in Wien war Beate viel unterwegs. Bei reisetopia kann sie nun ihre Leidenschaft zum Schreiben und Reisen perfekt miteinander kombinieren.

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