Die Deutsche Bahn (DB) hat während der Fußball-Europameisterschaft (EM) mit immensen Störungen zu kämpfen, welche mit der maroden Schieneninfrastruktur in Zusammenhang gebracht werden.
Das Achtelfinale der Fußball-Europameisterschaft der Männer steht vor der Tür und Europa ist im Fußball-Fieber. Viele Fans aus allen umliegenden Ländern reisen ins Gastgeberland Deutschland an, um die Spiele zu verfolgen und ihre Mannschaft anzufeuern – dafür ist auch die Bahn ein beliebtes Transportmittel. Doch diese verkraftet die vielen Menschenmassen nicht ohne Folgen – Verspätungen, Ausfälle und Chaos gehören seit Turnierbeginn zum Alltag. Wie RND berichtet, wird dafür nun die Politik verantwortlich gemacht.
Das Wichtigste in Kürze
- Branchenkreise kritisieren die Politik dafür, die Schieneninfrastruktur verfallen lassen zu haben
- In Zukunft könnten noch weitere Mittelkürzungen auf die Bahn zukommen
- CDU-Politiker Linnemann spricht sich für mehr Wettbewerb auf der Schiene aus
Schieneninfrastruktur durch die Politik vernachlässigt
Erst jüngst hat sich die Deutsche Bahn (DB) für die Geduld der Fahrgäste während der EM bedankt. Bereits in der ersten Woche des Turniers über drei Millionen Passagiere zu transportieren, hat die Bahn vor Herausforderungen gestellt und zu Störungen geführt. Martin Burkert, Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), zeigt deshalb nun mit dem Finger auf die Politik.
Die Beschäftigten geben jeden Tag alles dafür, dass Fußballfans sicher durch Deutschland reisen können. Dafür gebührt ihnen Dank und Anerkennung. Die Schieneninfrastruktur wurde über Jahrzehnte von der Politik kaputtgespart.
Martin Burkert, Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft
Im Juli startet die große Generalsanierung der Deutschen Bahn, welche die Infrastruktur auf Dauer verbessern soll. Um dies zu erreichen, kommen allerdings zunächst unzählige Baustellen auf Reisende zu.
In bevorstehenden Haushaltsverhandlungen werden zudem weitere Kürzungen bei der Bahn diskutiert, was von vielen Seiten kritisiert wird – auch vom Fahrgastverband Pro Bahn. Vorsitzender Detlef Neuß warnt die Bundesregierungen vor Mittelkürzungen für die Schiene:
Vor allem die Politik muss für einen guten Zustand der Bahn mehr Geld zur Verfügung stellen. Ohne deutlich mehr Geld, ist jede Forderung an die Bahn selbst sinnlos.
Detlef Neuß, Vorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn
Erst gestern wurde eine Erhöhung der Schienennetzgebühren ab nächstem Jahr angekündigt, die zu höheren Ticketpreisen sowie weniger Angebot im Fernverkehr führen könnte.
Seitens der Politik hat sich der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann zum Bahn-Problem während der EM geäußert und kritisiert die Führung des Schienen-Konzerns, so die Bahnblogstelle. Laut Linnemann müsse man die Bahn wie ein Unternehmen mit Wettbewerbern führen und nicht wie ein “staatlicher Lenker”.
Und es gibt für mich zu wenig Wettbewerb, gerade beim Fernverkehr. Wenn es mehr Wettbewerb gäbe, wäre die Deutsche Bahn pünktlicher. Das ist eine kecke These. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass das stimmt. Und deswegen braucht es hier dringend Änderungen.
Carsten Linnemann, CDU-Generalsekretär
Man kann eben nicht alles haben: Ein viel zu billiges Deutschlandticket, dass zu unbezahlter, erhöhter Nachfrage führt, verträgt sich halt nicht mit teuren Ausbauplänen.
Herr Linnemann outet sich mit seinem Kommenrtar und zeigt deutlich, dass er nichts vom Schienenpersonenfernverkehr in Deutschland versteht (dies ist auch nicht sein Schwerpunktthema).
Der deutsche Schienenpersonenfernverkehr ist mit seinem Taktsystem offensichtlich angebotsorientiert organisiert, was es schwermacht, Wettbewerbselemente zu integrieren.
In der Regel führt das zu Rosinenpickerei, was für das Gesamtsystem wenig von Vorteil ist.
Wettbewerb im Schienenpersonenfernverkehr passt gut zu nachfrageorientierten Systemen – wie etwa in Frankreich oder Spanien. Gerade Spanien erlebt aktuell angesichts der drei Wettbewerber* Renfe, SNCF und iryo eine starke Senkung der Ticketpreise mit immenser Zunahme der Fahrgastnachfrage.
Doch eine Übertragung dieser Erfolgsgeschichte** auf das angebotsorientierte System in Deutschland ist nicht möglich.
* vgl. etwa
https://www.facebook.com/photo/?fbid=3743353992399779&set=a.3743358872399291
** allerdings sollte die mangelnde Profitabilität dieser Züge für Renfe, SNCF und iryo nicht unerwähnt bleiben. Es deutet sich an, dass der Wettbewerb unter aktuellen Bedingungen nicht zu einer nachhaltigen Entwicklung führt – nicht zuletzt, weil Staatakonzerne konkurrieren.