Überraschend hat IAG, der Mutterkonzern von British Airways, Iberia, Vueling und weiteren Airlines die Übernahme von Air Europa bekanntgegeben. Abzuwarten bleibt, ob es mögliche Einwände der Regulatoren gegen die Übernahme gibt.
Schon länger ist bekannt, dass die potente International Airlines Group (IAG) ein Interesse an weiteren Übernahmen in der europäischen Luftfahrt hegt. Etwa galt Norwegian lange als ein mögliches Ziel einer Übernahme. Nun hat es eine andere Airline getroffen, nämlich die spanische Air Europa, eigentlich der Hauptkonkurrent von der Konzerntochter Iberia. Gerade auf Grund der direkten Konkurrenz erscheinen Einwände der EU-Kommission sowie der spanischen Regulatoren möglich.
IAG lässt sich Air Europa eine Milliarde Euro kosten
Die Übernahme wird für IAG alles andere als günstig, wenngleich die Kassen des Unternehmens gut gefüllt sind. Insgesamt lässt sich das Unternehmen die Übernahme laut Angaben der Financial Times einen Betrag von einer Milliarde Euro kosten – damit handelt es sich um eine der teuersten Übernahmen in der Geschichte der europäischen Luftfahrt. Bezahlt werden soll die Übernahme nicht aus dem eigenen Vermögen der IAG, sondern durch aufgenommene Schulden. Dies lässt zumindest aufhorchen, ist eine Übernahme unter diesen Voraussetzungen doch immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Erwähnenswert ist auch, dass Air Europa im Falle eines Einspruchs der Wettbewerbshüter seitens IAG mit 40 Millionen Euro entschädigt wird – die beiden Unternehmen würden in diesem Fall auch in Zukunft getrennte Wege gehen.
Air Europa wird nach der Übernahme die sechste Airline der Gruppe sein. Bereits ist die IAG der profitabelste Luftfahrtkonzern in Europa und hat eine in verschiedenen Märkten kontrollierende Stellung inne. Teil der Gruppe sind neben British Airways und Iberia auch Aer Lingus aus Irland, Vueling aus Spanien sowie die vor wenigen Jahren gegründete Low-Cost-Tochter LEVEL. Interessant an der Eignerstruktur von IAG selbst wiederum ist, dass Qatar Airways einen relevanten Teil der Anteile hält und somit indirekt ebenfalls Teilhaber an Air Europa wird.
Marktbeherrschende Stellung könnte Regulatoren auf den Plan bringen
Als komplett sicher sollte man die Übernahme von Air Europa durch Iberia vermutlich nicht beschreiben, denn regulatorisch könnte es noch zu Problemen kommen. Air Europa ist die zweitgrößte Fluggesellschaft in Spanien und bedient mit einer Flotte von 66 Flugzeugen insgesamt 69 Ziele weltweit. Dabei gibt es gravierende Überschneidungen mit Iberia, denn die beiden Airlines konkurrieren auf fast allen Air Europa-Strecken. Das SkyTeam-Mitglied gilt als Experte für Flüge nach Südamerika, bedient ab Madrid und teilweise Barcelona allerdings auch verschiedene Ziele innerhalb von Europa. Auch auf Routen zwischen Spanien und Deutschland konkurrieren die beiden Airlines.
Dass die Übernahme möglicherweise an der Europäischen Kommission oder den spanischen Wettbewerbshütern scheitern könnte, liegt in der Natur der Sache. Sofern IAG mit der Übernahme Erfolg hat, gehören der Gruppe die drei größten spanischen Fluggesellschaften. Damit würde der Konzern in Spanien eine marktbeherrschende Stellung einnehmen – einen echten Konkurrenten gäbe es außer auf ausgewählten Inlandstrecken, auf denen auch Günstigairlines unterwegs sind, nicht mehr. Auch Verbindungen zwischen Spanien und anderen europäischen Ländern wären von IAG beherrscht, was für Kunden zweifelsfrei höhere Kosten bedeutet. Hier ist die Konkurrenz durch Ryanair, EasyJet und weitere Airlines allerdings etwas größer. Dazu kommt, dass Iberia und Air Europa auch auf Strecken zwischen Europa und Südamerika auf einen Marktanteil von über 50 Prozent kommen würden.
Besonders nachdem die Europäische Kommission eine Teil-Übernahme von airberlin durch die Lufthansa abgeschmettert hatte und nur mit enormen Konzessionen genehmigt hätte, erscheint eine Zustimmung zu diesem Deal zumindest als fraglich. Die marktbeherrschende Stellung auf dem spanischen Markt wäre noch größer als die der Lufthansa Gruppe im deutschsprachigen Raum. Dennoch gilt es zu bedenken, dass die Wettbewerbshüter den Luftverkehrsmarkt in einem größeren Bild sehen, sodass inländische Monopole noch nicht zwingend ein Ausschlusskriterium für eine Fusion sind. Immerhin gibt es auf Inlandsflügen in Spanien sowie auch auf Verbindungen von Spanien in andere europäische Länder durchaus Konkurrenz von Günstigairlines wie Ryanair oder easyJet.
Air Europa soll als eigene Marke erhalten bleiben
Vermutlich auch um eine Übernahme bei den Wettbewerbshütern einfacher durch zu bringen, möchte IAG die Marke Air Europa beibehalten. Eine komplett Fusion mit Iberia soll es zwar nicht geben, die beiden Konzerntöchter sollen allerdings deutlich enger zusammenarbeiten. Fest steht allerdings, dass bei Airlines in Madrid zusammenarbeiten sollen – hier soll ein neues Mega-Hub entstehen, das mit Paris, Frankfurt oder London mithalten soll. Genaue Ausführungen dazu, welche Rolle Air Europa im zukünftigen Konzern hätte und wie eng die Verflechtungen mit Iberia zukünftig aussehen sollen, gibt es allerdings noch nicht. Fest steht allerdings, dass Air Europa Teil des Joint Venture von British Airways, Iberia, American Airlines und Finnair werden würde.
Ebenfalls ist nicht bekannt, wie das Verhältnis zu Vueling aussehen soll. Die Günstigairline konkurriert besonders in Barcelona mit Air Europa und könnte zukünftig ebenfalls Teil einer Zusammenarbeit der drei spanischen Airlines im IAG-Konzern sein.
Sollte die Übernahme von Air Europa durch IAG genehmigt werden, erscheint allerdings die weitere Mitgliedschaft von Air Europa in der SkyTeam-Allianz unwahrscheinlich. Die spanische Airline setzt auf eine sehr niedrige Kostenstruktur und nutzt eine parallele Loyalitätsprogramm-Strategie. Mitglieder können sowohl das Air France Flying Blue Programm als auch das eigene SUMA-Programm nutzen. Zukünftig allerdings würde sich Air Europa vermutlich aus SkyTeam zurückziehen und ins Avios-Loyalitätsprogramm aufgenommen werden. Alle anderen IAG-Töchter sind ebenfalls Teil des Avios-Programms und entweder ohne Allianz (Aer Lingus, LEVEL, Vueling) oder Teil von oneworld.
Fazit zur möglichen Übernahme von Air Europa durch IAG
Die Übernahme von Air Europa durch IAG kommt äußerst überraschend und soll vermutlich erst in der zweiten Jahreshälfte 2020 von statten gehen. Ob es dazu kommt und welche Einschränkungen es möglicherweise geben könnte, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten entscheiden. Wenngleich die Übernahme für IAG sicherlich ein großer Gewinn wäre, erscheint eine solche Übernahme für Passagiere doch nur negativ. Air Europa würde als Iberia-Konkurrenz vermutlich verschwinden und sich aus der SkyTeam-Allianz verabschieden. Gleichzeitig würden die Preise auf Verbindungen innerhalb von Spanien, nach Südamerika sowie auch zwischen Deutschland und Spanien mittelfristig steigen.
Sie sollten lieber in Deutschland mehr aktiv werden. Durch Wegfall Air Berlin ist das Sammeln von Meilen mehr als mies.