Unabhängig vom Auslöser kommt es immer wieder zu Änderungen im Flugverkehr, mit denen Reisende konfrontiert werden. Doch muss man Flugänderungen akzeptieren? Wir zeigen Euch in diesem Ratgeber, was Ihr hinnehmen müsst, und was nicht.
Inhaltsverzeichnis
Wer öfter mit dem Flugzeug unterwegs ist, weiß, dass oft nicht alles läuft, wie geplant. Durch unterschiedlichste Gründe fühlen sich Fluggesellschaften veranlasst, Änderungen an Buchungen oder gar Annullierungen vorzunehmen. Doch Passagiere müssen sich nicht alles gefallen lassen!
Welche Rechtslage gilt bei Änderungen seitens der Airline?
Annullierungen, Umbuchungen, Verschiebungen – Änderungen seitens einer Fluggesellschaft können sehr unterschiedlich ausfallen. Wir möchten Euch hier einen Überblick über die unterschiedlichen Szenarien geben, was dies für Euch bedeutet und welche Rechte Ihr habt. Denn nur weil eine Airline Euch eine Änderung vorsetzt, bedeutet dies nicht, dass sie bindend ist.
Der Anwalt und Reiserechtsexperte Paul Degott klärt verunsicherte Flugäste auf, inwieweit sie Änderungen oder gar eine Annullierung ihres Fluges hinnehmen müssen.
Die Verschiebung eines Fluges oder eine Umbuchung eines Passagiers auf eine andere Verbindung ist rechtlich betrachtet eine Annullierung – und in diesem Fall hat der Kunde das Recht, von seinem Vertrag zurückzutreten. Das heißt: Er muss nicht fliegen und kann sein Geld zurückbekommen.
Paul Degott, Anwalt und Reiserechtsexperte
Mit einer Erstattungsforderung kann man sich entweder direkt an die Airline wenden oder an den Vertreter des jeweiligen Buchungsportals richten. Hierbei handelt es sich oft um einen langwierigen Prozess, bei dem Portale wie Flightright den Betroffenen helfen können, tatsächlich ihre Kosten erstattet zu bekommen. Denn das Internet-Portal hat sich darauf spezialisiert, Kosten für Kunden bis zu drei Jahre rückwirkend einzufordern.
Laut einem Urteil von 2023 hat der Bundesgerichtshof zudem entschieden, dass Fluggesellschaften ihren Passagieren keinen Aufpreis für eine Umbuchung berechnen dürfen, wenn ein Flug aufgrund einer Annullierung zu einem späteren Zeitpunkt angetreten werden muss und noch Plätze verfügbar sind.
Teilweise bieten Fluggesellschaften ihren Reisenden auch Gutscheine als alternative Entschädigung an. Besonders während der Corona-Pandemie war dies eine gängige Praktik. Allerdings kann die Airline nicht darauf drängen. Der Kunde kann hier selbst entscheiden, ob er den Gutschein annimmt oder auf die Rückerstattung seiner Kosten besteht, wie das Verbraucherportal Flightright verdeutlicht.
Ab wann gilt ein Flug als annulliert?
Das Wort selbst gibt bereits die erste Antwort auf diese Frage. Selbstverständlich ist ein Flug dann annulliert, wenn er seitens der Fluggesellschaft zurückgezogen wird und gar nicht erst stattfindet.
Doch auch ab einer Verspätung von drei Stunden kann einen Annullierung geltend gemacht werden.
Wie der Anwalt und Reiserechtsexperte Paul Degott deutlich gemacht hat, ist eine Verschiebung oder Annullierung des Fluges ein Grund vom Vertrag zurückzutreten und sein Geld erstattet zu bekommen. Eine Flugverschiebung ist aber erst ab drei Stunden nach der geplanten Reisezeit als Annullierung geltend zu machen. Eine Verschiebung vom Abend auf den Morgen ist ebenfalls eine erhebliche Änderung der Flugzeit und ein Grund vom Flug zurückzutreten.
Dies können auch Pauschalreisende in Anspruch nehmen – vorausgesetzt, der Flug mindert als Teil der angebotenen Paketleistung durch eine Verspätung oder gar Annullierung die gebuchte Reise.
Als ein Grund für Flugannullierungen gelten außergewöhnliche Umstände – nach EU Fluggastrechtsverordnung 261/2004.
Bei Flugausfällen greifen besondere Fluggastrechte. Einen ausführlichen Ratgeber über das Verhalten bei Annullierung findet Ihr hier:
Kostenerstattung bei eigener Stornierung
Wenn ein Flug storniert wird, gibt es die Möglichkeit, das Geld zurückzufordern – auch wenn die Stornierung aus unterschiedlichen Gründen von Euch selbst vorgenommen wird. Bei einer Stornierung erhalten Passagiere so viel Geld zurück, wie tariflich vorgesehen ist. Grundsätzlich erstattungsfähig ist allerdings immer die Summe für Steuern und Gebühren. Selbst bei einem günstigen Ticket ohne Stornierungsanspruch müssen die Steuern und Gebühren an den Passagier zurückgezahlt werden.
In der Praxis gestaltet sich eine Rückerstattung bei Stornierung allerdings oft etwas schwieriger. Denn aufgrund von anfallenden Stornierungs-Gebühren lohnt sich die Rückerstattung im Endeffekt kaum noch.
Die meisten Airlines berechnen für die Stornierung eine Servicegebühr. Bei Buchungen über Online-Reisebüros fallen oft zusätzliche Gebühren an. Von Gesetzeswegen sind diese Summen nicht zulässig, werden in der Praxis aber dennoch berechnet.
Dabei stellt sich die Frage, ob das Geld bei der Airline selbst oder beim Reisebüro angefordert werden muss, sollte darüber gebucht worden sein. Denn schließlich gibt es bei einer Reise mehrere Instanzen – das Reisebüro sowie teilweise mehrere Fluggesellschaften.
Zumeist schließt der Kunde einen Vertrag über ein Reisebüro oder Online-Reisebüro, da hier das Ticket gebucht und bezahlt wird. Obwohl das Reisebüro natürlich selbst nur Vermittler ist, da die Airline das eigentliche Produkt zur Verfügung stellt, ist das Reisebüro die Anlaufstelle für Erstattungen. Wenn mehrere Fluggesellschaften an einer Reise beteiligt sind, erst recht durch sogenannte Codeshares, gilt eine simple Regel.
Verantwortlich für Erstattungen und alle Anfragen ist immer die Airline, welche das Ticket ausgestellt hat.
Wenn aufgrund von außergewöhnlichen Umständen – wie etwa zu Corona-Zeiten – zu erwarten steht, dass es Schwierigkeiten mit der Erstattung geben könnte, lohnt es sich, diese schriftlich einzufordern. Dabei bietet sich eine E-Mail oder ein Brief sowohl an die Airline selbst als auch an die Buchungsstelle an.
Muss man Flugänderungen bei Verspätungen akzeptieren?
Auch wenn ein Flug zwar nicht gänzlich storniert wurde, ist auch eine Verspätung mit enormen Einschränkungen für Reisende verbunden. Dabei gibt es noch einmal Unterschiede, ob die Verspätung innerhalb Europas oder außerhalb der EU stattfindet. Passagieren stellt sich oft die Frage, wie viel Flugzeitänderung akzeptiert werden muss, bis es eine Entschädigung gibt.
In Europa greift die Verordnung Nr. 261/2004. Damit sind Passagiere geschützt, die entweder mit einer beliebigen Airline in der EU abfliegen oder mit einer Airline unterwegs sind, die Ihren Sitz innerhalb der EU hat – unabhängig von Ziel- und Abflugort. Eine Entschädigung gibt es ab einer Verspätung von drei Stunden.
- 250 Euro, wenn die Strecke bis zu 1.500 Kilometer beträgt
- 400 Euro, wenn die Strecke nicht innerhalb der EU liegt oder bis zu 3.500 Kilometer beträgt
- 600 Euro, wenn die Strecke größer als 3.500 Kilometer ist und Start oder Ziel außerhalb der EU liegt
Das Geld steht dabei dem Passagier persönlich in Form einer Auszahlung und nicht eines Gutscheins zu.
Wichtig: Bei außergewöhnlichen Umständen müssen keine Entschädigungen geleistet werden. Dazu zählen etwa unerwartete Streiks, Notfälle an Bord oder Wetterphänomene.
Doch auch eine längere Wartezeit von zwei Stunden kann an den Nerven Reisender nagen. Dann erhaltet Ihr Anspruch auf kostenlose Getränke, Mahlzeiten und die Möglichkeit kostenfrei zwei Telefonate zu führen oder Mails abzuschicken. Das gilt, wenn Euer Flug mit einer Distanz bis maximal 1.500 Kilometern mehr als zwei Stunden verspätet ist.
Um das Geld für die Verpflegung bei einer Verspätung von der Airline zurückzuerhalten, muss man die Belege aufheben und diese danach per E-Mail oder postalisch für die Erstattung einreichen.
Sollte der Flug erst am nächsten Tag stattfinden, so können Reisende einen Anspruch auf eine Hotelübernachtung inklusive An- und Abreise zum Flughafen geltend machen. In der Regel gilt die Frist auf eine Antragstellung auf Entschädigung bis zu drei Jahre in Deutschland, die in Deutschland im Bürgerlichen Gesetzbuch festgeschrieben ist, da die EU in ihrer Fluggastrechtsverordnung keine einheitlichen Fristen festgeschrieben hat.
Außerhalb von Europa gilt das Landesgesetz der jeweiligen Region oder die Kulanz der Fluggesellschaft. Auch in der Schweiz gelten eigene Regelungen. Aufgrund einer vorliegenden Klage hat der Europäischen Gerichtshofs zudem im Januar 2024 eine neue Entscheidung bezüglich der Voraussetzungen für die Entschädigungs-Pauschalen bei verspäteten Flügen gefällt. Es gilt: Wer nicht am Flughafen erschienen ist, um einen Flug potenziell anzutreten, der erhält keine Entschädigung.
Muss eine ungünstige Umbuchung der Airline akzeptiert werden?
Auch die Umbuchung auf einen anderen Flug ist bei langen Verspätungen denkbar. Dabei kann es sich um einen Ersatz der gleichen oder einer anderen Airline handeln. Folgende Rechte haben Passagiere ab einer Verspätung ab fünf Stunden:
- eine vollständige Erstattung der Flugscheinkosten
- eine anderweitige Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt
- eine anderweitige Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes
Der Anspruch greift nicht, wenn:
- die Verspätung weniger als fünf Stunden beträgt
- die Änderung oder Annullierung mindestens zwei Wochen vor dem Abflug kommuniziert wurde (eine Umbuchung muss dennoch stattfinden)
- die Änderung oder Annullierung mindestens eine Woche vor Abflug kommuniziert wurde und eine angebotene alternative Beförderung zu maximal vier Stunden Verspätung am Zielort führt
- eine angebotene alternative Beförderung zu maximal zwei Stunden Verspätung am Zielort führt
Teilweise stellen sich Airlines in diesem Punkt etwas quer. Doch die Antwort auf die Frage, ob dieses Verhalten akzeptiert werden muss, lautet ganz klar nein! Denn Fluggesellschaften argumentieren oft, Umbuchungen nur auf eigene Flüge vorzunehmen, die teilweise erst in einigen Tagen fliegen.
Als Passagier müsst Ihr dies nicht akzeptieren und könnt stattdessen eine Umbuchung auf andere Airlines verlangen oder selbst tätig werden.
Die Rechtslage ist in diesem Fall klar auf der Seite der Passagiere, es kann im Nachgang zur eigenen Umbuchung eine Erstattung eingefordert werden. In einem weiteren ausführlichen Ratgeber zeigen wir Euch, wie genau Ihr eine Umbuchung vornehmen könnt:
Unser Meilen-und-Punkte-Experte Jan-Niklas hat aufgrund eines Lufthansa-Streiks eine Umbuchung seines Fluges hinnehmen müssen, jedoch damit positive Erfahrungen beim Kranich gesammelt. In einem ausführlichen Bericht könnt Ihr einen Einblick in seine Erfahrungen erhalten.
Muss man Flugänderungen bei Pauschalreisen akzeptieren?
Wer eine Pauschalreise bucht, der verlässt sich oft auf einen ganz konkreten Plan für den gesamten Urlaub. Wenn dieser durch Flugprobleme durcheinandergebracht wird, ist das ganz schön ärgerlich. Wenn es dazu kommt, müssen Passagiere nicht alle Änderungen der Airline hinnehmen.
Viele Reiseveranstalter sichern sich durch einen sogenannten Änderungsvorbehalt ab.
Dies bedeutet, dass der Reiseablauf durch den Veranstalter – solange er für den Kunden zumutbar ist – nach der Buchung noch verändern darf.
Entschädigung bei Änderung der Abflugzeit
Sollte es eine Flugzeitänderung bei der Pauschalreise geben, indem sich die Abflugzeit des Hin- oder Rückflugs verändert, haben Passagiere Anrechte auf Entschädigungen.
- Verpflegung und Telefonkosten-Erstattung bei einer Verschiebung von zwei Stunden
- Hotelübernachtung bei Flug am nächsten Tag
- Kostenerstattung abhängig von der Strecke bei Ankunftsverspätung ab drei Stunden
Allerdings können Ansprüche nochmals um die Hälfte gemindert werden, je nachdem, mit wie viel Verzögerung der Passagier letztendlich später als geplant am Ziel ankommt.
Ab einer Verspätung von mindestens fünf Stunden besteht das Recht, vom Beförderungsvertrag zurückzutreten. In diesem Fall ist die An- und Abreise selbst zu organisieren.
Regelung bei der Verschiebung des Abflugorts
Sollte der Abflugort verschoben werden, kann dies gerade für Familien einen erheblichen Mehrwert bedeuten. Bei der Entschädigung spielt die Entfernung zum neuen Abflugort eine erhebliche Rolle. Bei einer Verschiebung von mehreren hundert Kilometern handelt es sich um einen Mangel der Reise.
Folgende Regelungen gelten laut der Verbraucherzentrale Niedersachsen dann bei unzumutbaren Änderungen:
- kostenfreier Rücktritt vom Vertrag (Frist des Veranstalters berücksichtigen)
- Minderung des Reisepreises
- möglicherweise zusätzliche Entschädigungen laut Fluggastrechten
Muss die Änderung der Fluggesellschaft akzeptiert werden?
Anders sieht es bei einem Wechsel der Fluggesellschaft aus. Dies ist zumeist nicht mit einer Qualitätseinbuße verbunden und muss deshalb von den Reisenden hingenommen werden. Passagiere sind zumeist nicht zum Rücktritt berechtigt, es sei denn, es wurden besondere Vorzüge einer Airline im Vorhinein ausgelobt.
Unser Fazit – muss man Flugänderungen akzeptieren?
Generell hat der Fluggast das Recht, nicht alles zu akzeptieren, was die Airlines ihm vorschreiben. So kann er bei einer Annullierung oder einer Verschiebung des Fluges um mehr als drei Stunden vom geschlossenen Vertrag zurücktreten und die Erstattung der Ticketkosten verlangen. Bei Pauschalreisen gelten wieder eigene Regelungen, wenn es zu Änderungen oder Ausfällen kommt. Dennoch ist es in vielen Fällen nicht so einfach, wie es klingen mag, sein Recht geltend zu machen– dann heißt es für Passagiere hartnäckig bleiben.