Die Bahnstreiks zumindest in diesem Sommer sind vorerst abgewendet. Am Freitag einigten sich EVG und Deutsche Bahn auf ein Schlichtungsangebot. Nun sind die Gewerkschaftsmitglieder gefragt, mit klarer Tendenz.
Bereits seit Februar gab es Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Bahn (DB) und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), die immer wieder scheiterten und Bahnreisende mit anhaltenden Streiks in Atem hielten. Nun gab es am Freitag den langersehnten Schlichterspruch. Beide Parteien kamen zu einem Kompromiss, der schwerfiel. Dennoch empfiehlt die EVG ihren rund 110.000 Mitgliedern, die über den Einigungsvorschlag in den kommenden Wochen abstimmen dürfen, diesen auch anzunehmen. Was passiert, wenn die Abstimmung scheitert, mögen sich vor allem Bahnreisende nicht ausmalen.
Entscheidung soll am 28. August öffentlich werden
Endlich ist ein Ende der zähen, monatelang andauernden Tarifverhandlungen zwischen der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und der Deutschen Bahn in Sicht. Vergangene Woche kam es zu einer externen Schlichtung. Den Vorsitz hatten dabei die Arbeitsrechtlerin Heide Pfarr von der SPD und der ehemalige Innen- und Verteidigungsminister Thomas de Maizière. Ihrem Vorschlag von Mittwoch stimmte die EVG am Freitag zu. Nun sind die rund 110.000 Gewerkschaftsmitglieder gefragt. Sie müssen in den kommenden Wochen per Urabstimmung über Annahme oder Ablehnung des Einigungsvorschlages abstimmen, wie die FAZ mitteilt.
Keine leichte Aufgabe und vor allem keine leichte Hürde für den Kompromiss, mit dem die EVG alles andere als zufrieden ist. Dennoch rät sie ihren Mitgliedern zur Zustimmung.
Die Diskussion war sehr ernsthaft, sehr intensiv und sehr verantwortungsbewusst. Diese Empfehlung für den Schlichterspruch hat Licht und Schatten, und dieser Kompromiss fiel uns schwer. Doch am Ende gab es ein klares Votum für die Einigungsempfehlung der Schlichtungskommission.
Martin Burkert, Chef der EVG
Dieser liegt in ihren Augen sehr nahe an dem letzten Angebot vonseiten der Bahn. Auch wenn sich die EVG nicht zufrieden zeigt, sind die Hürden für eine Ablehnung und damit für ein Streikbekenntnis hoch. Mindestens 75 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder müssten gegen den Einigungsvorschlag stimmen. Eine Ablehnung wäre aber zeitgleich auch ein Bekenntnis zum unbefristeten Streik. Damit würde der angekündigte Streik-freie Sommer wortwörtlich ins Wasser fallen. Auch für Gewerkschaft selbst wäre eine Ablehnung ein herber Rückschlag, nach Monaten zäher Verhandlungen. Das Ergebnis der Urabstimmung soll am 28. August, also in gut einem Monat, vorgelegt werden.
Die Einzelheiten zum Einigungsvorschlag
Was wissen wir bisher: Der Vorschlag der Schlichtungskommission beabsichtigt eine Mindesterhöhung der Gehälter um 410 Euro pro Monat, die stufenweise umgesetzt wird. Zudem wurde eine Laufzeit von 25 Monaten vorgeschlagen. Damit liegt der Kompromiss deutlich näher an den Vorschlägen der Deutschen Bahn, die damals eine Lohnerhöhung mit einer Laufzeit von 27 Monaten vorgeschlagen hatte. Die EVG forderte zu Beginn allerdings 650 Euro mehr Lohn pro Monat oder eine Lohnerhöhung von zwölf Prozent bei einer Laufzeit von maximal 12 Monaten.
Nun enthält der Kompromiss eine Lohnerhöhung von 410 Euro pro Monat, aufgeteilt in zwei Stufen. Die erste Stufe umfasst 200 Euro mehr pro Monat und soll ab Dezember ausgezahlt werden. Die zweite Erhöhung erfolgt dann im August kommenden Jahres. Hinzukommt eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 2.850 Euro, die bereits im Oktober bezahlt werden soll. Außerdem erhalten einige Berufsgruppen eine strukturelle Erhöhung in der Tariftabelle und somit noch einmal mehr Lohn.
Bis zum 11. August sollen alle Mitglieder die Briefe zur Abstimmung erhalten und haben dann zwei Wochen Zeit, sich zu entscheiden. Erste Landesverbände äußersten sich bereits skeptisch gegenüber dem Kompromiss, vor allem weil die monatliche Erhöhung um einiges geringer ist, als die EVG mit Nachdruck gefordert hatte.
Fazit zum EVG & Deutsche Bahn Schlichtungsvertrag
Noch vor wenigen Tagen konnte die EVG Bahnreisende beruhigen und gab grünes Licht für einen Sommer ohne Streiks. Doch was passiert, wenn die Mitglieder der Gewerkschaft nun gegen den am Freitag vorgelegten Einigungsvorschlag der externen Schlichtung stimmen? Unbefristete Streiks! Damit es nicht so weit kommt, rät die EVG ihren Mitgliedern zu einer Zustimmung. Auch wenn es ein Kompromiss ist, der vielen weiterhin Bauchschmerzen bereitet, ist es vor allem ein Lichtblick am Ende des langen Tunnels, monatelanger Verhandlungen und vieler Streiks. Was denkt Ihr, wie sich die 11.000 Mitglieder entscheiden werden?
Ich bin Mitglied der GDL. Und ich kann nur hoffen, dass die Mitglieder der EVG gegen die Schlichtung stimmen. Wenn die Führung der EVG schon keine Gewerkschaftsarbeit leistet, machen es hoffentlich die Mitglieder. Der Schlichterspruch ist ein Witz. Normal einigt man sich etwa in der Mitte. Davon ist man hier Meilenweit entfernt.