Priority Pass bietet zukünftig ein neues Level von Mitgliedschaft. Doch wie kann das funktionieren und wie passt es mit dem bestehenden Modell zusammen?

Es gab Zeiten, da versprach ein Priority Pass ein exklusives Erlebnis. Gute Lounges, die ein echter Ruheort waren und das Erlebnis am Flughafen auf ein neues Erlebnis gehoben haben. Damit ist es mit Blick auf die schiere Zahl an Nutzern längst vorbei. Wohl auch deshalb hat Priority Pass nun ein Angebot auf einem ganz anderen Level vorgestellt. Inwieweit deutsche Kunden zur Zielgruppe gehören, darf man allerdings mit einem Fragezeichen sehen.

VIP-Service statt überfüllter Flughafen-Lounge

An großen Worten spart Collinson International bei der Ankündigung zum neuen Angebot nicht: “Priority Pass Private wurde für die anspruchsvollsten Reisenden der Welt entwickelt und bietet unvergleichlichen Luxus und Exklusivität”, heißt es etwa zur Bewerbung des neuen Angebots. Viel ferner von dem, wofür Priority Pass aktuell steht, könnte diese Beschreibung wohl kaum sein.

Reguläre Prioriy Pass Lounges gelten nicht unbedingt als exklusiv

Wenngleich der Anbieter sich zu den Details des neuen Angebots noch bedeckt hält, kann man sich relativ gut vorstellen, was Priority Pass Private sein soll. Schon heute gibt es etwa für Inhaber der American Express Centurion Card in begrenztem Umfang an bestimmten Flughäfen ebenfalls einen entsprechenden Zugang zu besonderen VIP-Erlebnissen. Ein vergleichbares Erlebnis möchte Priority Pass zukünftig auch anderen Banken und Institutionen zur Verfügung stellen.

Handeln dürfte es sich hier jeweils um die VIP-Terminals, die man auch von deutschen Flughäfen kennt. In München nennt sich dieses Angebot etwa VipWing, in Berlin ist es der VIP Service Zeitgeist. Meist lassen sich diese Angebote von allen Reisenden auch bezahlt buchen, Priority Pass Private sollen dagegen nicht direkt erworben werden können – wohl um dem Angebot einen noch exklusiveren Anstrich zu geben.

Zehnfache Preise für ein anderes Level an Exklusivität

Wenngleich unklar ist, ob Priority Pass etwa Banken zukünftig unlimitierten Zugang zu den VIP Lounges als Abo für deren besonders gute Kunden anbietet, scheint die Zielgruppe klar: Es dürfte sich ausschließlich um Kunden handeln, mit denen Banken fünfstellige Beträge im Jahr verdienen. Denkbar ist dies etwa im Bereich der Vermögensverwaltung, wo schon heute für bestimmte Kundengruppen außergewöhnliche Vorteile geboten werden.

VIP-Terminals & Services kosten oft mehrere hundert Euro pro Besuch

Blickt man auf die Preise für die verschiedenen VIP-Serviceanbieter in Deutschland, sind Preise im Bereich von 500 Euro für einen Besuch ohne Begleitung die Regel. Die zweite Person zahlt derweil größtenteils nur die Hälfte. In fast allen Fällen können weitere Leistungen hinzugebucht werden, leichte Unterschiede gibt es auch zwischen Abflug und Ankunft.

Wenngleich Priority Pass mit Blick auf die Abnahmemenge sicherlich relevante Rabatte erhält, dürften die Kosten pro Besuch dennoch im Schnitt bei mindestens 200 bis 300 Euro liegen. Selbst bei einer Begrenzung auf zehn Besuche im Jahr, wie man sie etwa von der mittleren regulären Priority Pass Mitgliedschaft kennt, würde entsprechend Kosten im vierstelligen Bereich verursachen.

Priority Pass sucht andere Zielgruppen als Kreditkartenbanken

Entsprechend wird auch klar, dass Priority Pass mit dem neuen Programm nicht bestehende Partner wie American Express oder die US-Bank Chase ansprechen möchte, zumindest nicht hinsichtlich der regulären Kundschaft. Das Private-Angebot von Priority Pass wird man sicherlich nicht als Vorteil von Karten wie der American Express Platinum Card oder auch der HVB Visa Infinite Card sehen, auch nicht in einer eingeschränkten Version.

Über Kreditkarten wird es Priority Pass Private wohl kaum geben

Ein kluger Schritt ist die Produkterweiterung seitens Collinson allerdings dennoch, denn eine passende Zielgruppe existiert fraglos. American Express ist mit seiner Centurion Card weiterhin sehr erfolgreich, auch in Europa. Dazu kommt, dass immer mehr Banken auf der Suche nach zusätzlichen Angeboten für ihre absoluten Spitzenkunden sind. Auch andere Firmen suchen nach Möglichkeiten, um besonders lukrativen Kunden das gewisse Extra bieten zu können.

Eben jenen Zielgruppen wendet sich der Lounge-Anbieter mit seinem Priority Pass Private Angebot zu und entfernt sich somit deutlich vom Standardangebot, das einstmals mit der Demokratisierung des Lounge-Zugangs in Verbindung gebracht wurde. Für die Margen dürfte das positiv sein, denn im höheren Segment dürfte auch bei Collinson im Schnitt mehr Geld pro Nutzung des Angebots bleiben.

Die Überfüllung regulärer Priority Pass Lounges bleibt

Oftmals sorgt eine Erweiterung des Angebots oder eine Segmentierung der Kundengruppen dafür, dass sich auch im breiteren Markt eine gewisse Entspannung im Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage zeigt. Bei Priority Pass Private sollte man sich diese Hoffnung gleichwohl nicht machen, denn das Angebot soll eine Zielgruppe ansprechen, die in dieser Form bislang wohl selten bis gar nicht die reguläre Version des Priority Pass nutzt.

Die Überfüllung der Priority Pass Lounges, die in den vergangenen Jahren immer schlimmer geworden ist, dürfte entsprechend weitergehen. In den USA mag dies zwar noch deutlich schlimmer sein als in Europa, doch auch in Deutschland und anderen Ländern des Kontinents zeigt sich das problematische Phänomen immer mehr.

Leere Priority Pass Lounges sieht man nur selten

Vermeintlich dürfte es gar noch schlimmer werden. Denn während Priority Pass mit der Private-Mitgliedschaft einen neuen Geschäftsbereich erschließt, dürfte der Wunsch nach Wachstum im Stammgeschäft weitergehen. Mehr Kreditkarten mit Lounge-Zugang dürften die Folge sein, während Anbieter wie American Express ebenfalls weiter auf Wachstumskurs sind.

So dürfte es in den kommenden Jahren weltweit immer mehr Priority Pass Mitglieder geben, die Zugang zu den Lounges haben. Die Kapazität eben jener dürfte dabei auch weiterhin weniger schnell wachsen als die Zahl der Kunden mit entsprechender Mitgliedschaft. Bei dieser Aussicht kann man von “unvergleichlichem Luxus und Exklusivität”, dem Werbeslogan von Priority Pass Private, nur träumen.

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Autor

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