Nach der ITA-Übernahme ist vor der TAP-Übernahme? Nicht ganz, denn der Lufthansa-Chef relativiert sein Interesse am portugiesischen Flagcarrier. Wird die Lufthansa die Portugiesen gar nicht übernehmen?
Die ITA-Übernahme ist zumindest für die Lufthansa und ITA Airways in trockenen Tüchern und muss nur noch von den EU-Wettbewerbsbehörden genehmigt werden. Die Vorstellungen beider Seiten waren klar kommuniziert. In Portugal gestaltet dies mit TAP Air Portugal mittlerweile anders, weshalb sich Spohr mittlerweile zögerlich bei einer möglichen Übernahme äußert, das berichtet Reuters. Doch kann sich die Lufthansa überhaupt erlauben, hier einen Rückzieher zu machen?
Nach ITA ist vor TAP
Carsten Spohr, Chef der Lufthansa, befand sich am vergangenen Wochenende in Istanbul, wo die jährliche Versammlung der International Air Transport Association (IATA) stattgefunden hat. Spohr nahm hier auch Stellung zu einer möglichen TAP-Übernahme:
There’s still discussion in Portugal how that privatisation will take place and it’s not supposed to be 100 percent privatisation.
Carsten Spohr, Chef der Lufthansa, gegenüber Journalisten in Istanbul
Damit bezieht Spohr Stellung zu den Aussagen von Joao Nuno Mendes, Staatssekretär für Finanzen, vom vergangenen Freitag, der verlauten ließ, dass Portugal nicht alle Anteile an TAP Air Portugal veräußern wird. Das ist wenig überraschend. Denn auch wenn Portugal die Fluggesellschaft unbedingt wegen defizitärer Jahre in der Vergangenheit veräußern möchte, scheint es mittlerweile wieder deutlich besser bei den Portugiesen zu laufen. So konnte die Fluggesellschaft im vergangenen Jahr bereits auch wieder einen kleinen Gewinn erzielen.
Spohr scheint dementsprechend abwarten zu wollen, zu welchen Konditionen Portugal die Fluggesellschaft wirklich veräußern möchte und will in der Zwischenzeit mögliche Szenarien intern diskutieren. Auch wenn die Verhandlungen mit Italien mehrere Monate anhielten, und mehrere Deadlines verstrichen werden mussten, so waren die grundsätzlichen Rahmenbedingungen früh klar. Und so konnte man sich mit der italienischen Regierung auch darüber einigen, zunächst 41 Prozent an ITA zu übernehmen und weitere 50 Prozent zu erhalten, sofern man die Fluggesellschaft bis zur ersten Jahreshälfte 2026 wieder in die Gewinnzone bringen kann. Auch wenn die Regierung in Rom damit weiterhin Mitspracherecht im Aufsichtsrat erhalten wird, so wird der Einfluss der Regierung relativ gering sein – eine wichtige Voraussetzung für Spohr.
Übernahme unausweichlich?
Sollte Portugal sich dafür entscheiden, den Großteil an TAP Air Portugal behalten zu wollen, so wird die Entscheidung für die Lufthansa eine schwere. Doch ist eine Übernahme ohnehin unausweichlich? Denn in den Startlöchern stehen, wie soll es auch anders sein, zum einen wieder Air France-KLM (SkyTeam) und die International Airlines Group (IAG), zu welcher unter anderem British Airways und Iberia (oneworld) gehören. Das Südamerika-Geschäft ist für die Lufthansa essenziell, die Marktanteile sollen unbedingt gesteigert werden. TAP ist vor allem für die Verbindungen nach Brasilien innerhalb der Star Alliance unabdingbar, weshalb es sich die Lufthansa wohl kaum erlauben darf, TAP an eine andere Allianz zu verlieren.
Fazit zur TAP-Übernahme
Spohr gibt sich bei einer möglichen TAP-Übernahme sehr entspannt und will erstmal abwarten, zu welchen Konditionen die Regierung in Portugal die Airline privatisieren möchte. Klar ist, dass die Airline in (großen?) Teilen in eigenen Händen bleiben soll, was wohl kaum einer Fluggesellschaft gefallen dürfte. Für die Lufthansa waren diese Rahmenbedingung wichtig, um ITA Airways zu übernehmen – und dies konnte man sich auch erfolgreich sichern. Sollte Portugal sich hier “querstellen”, wird eine Übernahme durchaus uninteressanter. Doch meiner Meinung nach ist eine TAP-Übernahme unausweichlich, möchte man die Airline nicht an die oneworld oder dem SkyTeam abgeben.
