Bei der Umstellung des Miles & More Programms gab es für die Lufthansa viel Kritik. Doch nach dem ersten vollen Jahr darf man als Vielflieger resümieren: Das Programm dürfte für die Lufthansa genau seinen Zweck erfüllen.

Statuspunkte statt Statusmeilen und eine Logik bestehend aus kontinentalen und interkontinentalen Flügen statt einer Berechnung auf Distanz und Buchungsklasse. Ohne Frage hat die Lufthansa mit ihren Veränderungen bei Miles & More für einen Erdrutsch gesorgt. Doch so anders, als das System am Anfang auch wirkte, ist es doch schnell zur Regel geworden. Für die Lufthansa dürfte dabei das Wichtigste sein, dass es auch funktioniert, denn es incentiviert explizit, sich für die Lufthansa zu entscheiden. Teilweise selbst in irrationalen Situationen.

Vom Vielzahlerprogramm zum Vielfliegerprogramm

Bei der Umstellung von der distanzbasierten zur umsatzbasierten Gutschrift von Prämienmeilen bei Miles & More vor einigen Jahren, wurden die Macher des Programms immer wieder dafür kritisiert, dieses auf ein Vielzahlerprogramm umzustellen. Mit immer weiter steigenden Flugpreisen mag das neue System mittlerweile zwar sogar für die meisten attraktiver sein, doch beim Statusprogramm ist man dennoch einen anderen Weg gegangen: Das neue Miles & More Statusprogramm ist wieder ein echtes Vielfliegerprogramm geworden – die bezahlten Preise spielen im Grunde keine Rolle.

Selbst teure First Class Tickets bringen einem nicht zwingend einen Status

War es früher mit einem First Class Hin- und Rückflug auf bestimmten Strecken und einigen weiteren Flügen recht problemlos möglich, den Senator Status zu erreichen, ist dieser mit so wenigen Flügen bei Miles & More mittlerweile nicht einmal mehr ansatzweise erreichbar – selbst dann, wenn das Ticket einen fünfstelligen Betrag gekostet hat. Das mag man nun gut oder schlecht finden, aber anders als beim neuen British Airways Programm, setzt man bei Miles & More tatsächlich auf ein echtes Vielfliegerprogramm – zumindest beim Status.

Selbst in der First Class braucht man mindestens drei Hin- und Rückflüge inklusive Zubringer im Jahr, um den Senator Status zu erreichen. In der im Verhältnis deutlich günstigeren Business Class auf der Langstrecke sind es ebenfalls “nur” vier bis fünf Hin- und Rückflüge und sogar in der Economy Class lässt sich der Senator mit 13 Hin- und Rückflügen auf der Langstrecke inklusive Zubringer erreichen. Vor der Umstellung des Programms wäre das gerade in den günstigeren Buchungsklassen absolut undenkbar gewesen.

Der kluge Kniff mit der jährlichen Verlängerung

Ein Großteil der Miles & More Mitglieder dürfte sich allerdings an einem anderen Aspekt der Programmumstellung am meisten gestört haben: Statt einer Statusgültigkeit von zwei Jahren, muss man sich nun jedes Jahr neu qualifizieren. Aus Sicht der Verbraucher ist das fraglos eine negative Änderung, aus Sicht von Miles & More ein enorm kluger Schritt, denn nicht nur in der Vielflieger-Community wurde das sogenannte “tote Jahr” oft genutzt, um Meilen anderswo zu sammeln und einen Status bei einer anderen Allianz zu erreichen oder alternativ Meilen für Flüge einzulösen.

Nur jedes zweite Jahr bei Miles & More zu sammeln, ist keine Option mehr

Genau das ist aber absolut nicht im Interesse eines Vielfliegerprogramms, weswegen die Umstellung fast schon erwartbar war. Andere Programme gehen schon lange den Weg der jährlichen Qualifikation, was mit Blick auf die Incentivierung der Reisenden fraglos der bessere Weg ist. Statt die freiwilligen Statusjäger nur jedes zweite Jahr zu irrationalem Verhalten zu bewegen, gelingt das nun jedes Jahr, wodurch sich die Ertragsbasis von Miles & More einerseits und Lufthansa andererseits deutlich verbessert haben.

Gewissermaßen ist das Programm dadurch auch fairer geworden, denn diejenigen, die auch im “toten Jahr” bei Miles & More gesammelt haben, hatten hinsichtlich des Statusprogramms davor nichts davon. Jetzt zählt jedes Jahr und dank der überarbeiteten Choice Benefits profitieren diejenigen, die in jedem Jahr viel mit der Lufthansa Group fliegen, besonders.

Mehr Buchungen bei der Lufthansa Group

Wer selbst im Hamsterrad der Statusprogramme ist, wird zudem noch eine andere kluge Logik des neuen Programms spüren: die Qualifikationshürde der sogenannten Qualifying Points. Für den Frequent Traveller Status und Senator Status im neuen Miles & More Programm ist es nun notwendig, mindestens die Hälfte der Punkte auf Flügen mit der Lufthansa Group oder Airlines mit Miles & More als Vielfliegerprogramm zu sammeln. Damit wird man gewissermaßen zu mehr Buchungen bei der Lufthansa Group gezwungen.

Für die Qualifkation sind jedes Jahr zahlreiche Lufthansa Group Flüge notwendig

Bei der Recherche nach Flügen ertappe ich mich mittlerweile einen konkreten Blick darauf zu werfen, ob ich etwa Lufthansa oder LOT statt TAP Portugal oder United fliege, obwohl das Bordprodukt der letztgenannten Airlines gegebenenfalls deutlich besser ist. Bei Flügen innerhalb Europas tritt das Problem aufgrund der großen Dominanz der Lufthansa Group eher weniger auf, aber gerade auf der Langstrecke dürften einige Reisende sich nun für die Lufthansa Group statt etwa Thai Airways entscheiden – für Miles & More und die Muttergesellschaft ein Gewinn.

Dazu kommt, dass die Umstellung auch zu zusätzlichen Buchungen motiviert, denn wer etwa durch einen Business Class Hin- und Rückflug mit einem Partner wie Turkish Airlines und ein paar Flügen innerhalb Europas mit der Lufthansa Group schon über der Schwelle zum Frequent Traveller ist, wird möglicherweise über eine zusätzliche Buchung eines Fluges mit der Lufthansa Group nachdenken, um auch noch die Schwelle für die qualifizierenden Punkte zu reisen.

Eine simple Logik als Vorteil

Abseits von irrationalem Verhalten und verschiedenen Mileage Runs am Ende des Jahres, dürfte das Miles & More Programm für die Lufthansa noch einen weiteren Vorteil bringen. Im Vergleich zur Konkurrenz ist das neue Programm nämlich tatsächlich simpel, was gerade bei Einsteigern einen relevaten Vorteil darstellen dürfte. In der Welt der Vielflieger vergisst man eben gerne, dass viele Reisende sich nicht tief in die Details und genauen Bedingungen eines Programms einlesen möchte.

Der Weg zum Miles & More Status ist für jeden verständlich

Beim neuen Miles & More Statusprogramm ist das nicht notwendig, denn auch wenn die Kontinentalgrenzen teils willkürlich sind, etwa in Nordafrika, ist die Grundidee doch sehr simpel. Innerhalb von Europa reichen genau 100 Economy Class Flüge oder 50 Business Class Flüge zum Senator Status – das kann man sich merken. Generell dürften die meisten Mitglieder des Programms recht schnell mit der Logik zurechtkommen, was zu einem erhöhten Engagement führt. Bei Programmen mit komplexer Gutschrift nach Buchungsklasse und Distanz dürfte das anders sein, versteht man die Gutschrift als Laie doch schlichtweg nicht.

Insgesamt darf man festhalten, dass Miles & More es durch eine kluge Kombination von einer simplen Logik, einer jährlichen Qualifikation und dem “Zwang” auch tatsächlich mit der Lufthansa Group zu fliegen, in vielerlei Hinsicht alles richtig gemacht zu haben. Natürlich mag man das als Vielflieger, der sich zuvor einfach qualifizieren konnte, anders sehen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht und auch mit Blick auf die komplexen Umstellungen anderer Programme darf man der Lufthansa und Miles & More mit Ende des ersten vollen Jahres zum neuen Statusprogramm gratulieren.

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Autor

Moritz liebt nicht nur Reisen, sondern auch Luxushotels auf der ganzen Welt. Mittlerweile konnte er über 500 verschiedene Hotels testen und dabei mehr als 100 Städte auf allen Kontinenten kennenlernen. Auf reisetopia lässt er Euch an seinen besonderen Erlebnissen teilhaben!

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