Tolle Sitze bieten mittlerweile viele Airlines auch in der Business Class. Doch wie kann es gelingen, die First Class dennoch zu differenzieren? Lufthansa und Swiss machen es vor – zumindest teilweise!
Wenn die Business Class und die First Class verglichen werden, dann geht es regelmäßig um den Sitz, vielfach auch noch um das Catering oder die Lounges. Doch das Erlebnis von einem Flug in der höchsten Reiseklasse geht vielfach noch ein ganzes Stück weiter als das. Doch welche kleinen Punkte sind es, die einen First Class so besonders machen?
Massive Zeitersparnis am Boden
Vermutlich hat sich jeder schon einmal gefragt, wie es sein kann, dass die Abgabezeiten für Gepäck teilweise so kurz vor dem Abflug liegen. Besonders aufgefallen ist mir das bei meinem Swiss Flug von Chicago nach Berlin via Zürich. Bis zu einer Stunde vor Abflug hätte man hier sein Gepäck abgeben können, bei einem Interkontinentalflug mit der notorisch überfüllten Sicherheitskontrolle am O’Hare Airport. Doch mit einem First Class Ticket hätte das problemlos geklappt. Wie ist das möglich?
Swiss und Lufthansa bieten an vielen Flughäfen in der First Class eine Begleitung durch die Sicherheitskontrolle bis in die Lounge und auch von dort zum Gate. Klingt im ersten Moment eher wie eine nette Geste, doch ist in der Praxis allen voran eine massive Zeitersparnis. Vom Check-in-Schalter wird man auf dem schnellsten Weg durch die Sicherheitskontrolle gebracht, vorbei an allen anderen Passagieren. Statt eine Stunde zu warten, ist man in zehn Minuten in der Lounge.
Diesen Service mag es nicht an jedem Flughafen in gleicher Form geben, doch ob First Class Terminal mit eigener Sicherheitskontrolle in Frankfurt oder dem entsprechende Begleitservice an vielen Flughäfen weltweit: Die Zeitersparnis kann mit einem First Class Ticket enorm sein. Das gilt übrigens auch bei der Ankunft, wo ich ebenfalls bereits das Erlebnis gemacht habe, dass man ganz an den Anfang der Warteschlange für die Passkontrolle geführt wird.
Personalisierter Service bis ins kleinste Detail
Doch auch an Bord gibt es viele kleine Details, die dazu führen, dass ein First Class Flug sich noch einmal massiv von dem in der Business Class unterscheidet. Das zeigt sich schon am Maß der Personalisierung, wie das Beispiel von meinem vergangenen Swiss-Flug ebenfalls hervorragend aufzeigt. Statt nur einen Pyjama anzubieten, gibt es eine Auswahl an verschiedenen Größen für beide Geschlechter und sogar die Wahl zwischen einer langärmligen und einer kurzärmligen Variante, sodass die passende Option für jeden dabei ist.
Dass es bei den qualitativ noch einmal deutlich elevierten Speisen nicht nur eine breite Auswahl, sondern auch die Option gibt, beliebig viele verschiedene Vorspeisen zu mischen und auch bei den Beilagen flexibel zu sein, ist sicherlich nichts Neues. Positiv aufgefallen ist mir aber auch bei diesem Flug wieder, wie sehr man seine Essenszeiten in der First Class (wenige Airlines bieten das auch in der Business Class) anpassen kann. Ob noch im Landeanflug zu frühstücken oder ein Willkommensgetränk bis auf dem Rollfeld zu trinken – in der First Class alles kein Problem.
Zwar gibt es massive Unterschiede zwischen den einzelnen Mitarbeitern, zuletzt habe ich aber tatsächlich exzellente Erfahrungen gemacht. Die Flugbegleiterin auf meinem Flug von Chicago nach Zürich hat gezeigt, wie Differenzierung der First Class geht: Ein Service, der persönlicher und freundlicher nicht hätte sein können – so etwas ist in der Business Class schon allein wegen der deutlich größeren Passagierzahl nicht möglich.
Ein Schlafkomfort auf einem anderen Level
Ein weiterer Faktor der Differenzierung von einem First Class Flug gegenüber der Business Class ist fraglos auch der Schlafkomfort. Natürlich schläft man in den diversen Business Class Suiten diverser Airlines mittlerweile ebenfalls recht gut, allerdings sind weder der Platz noch die Bettwaren in der Regel vergleichbar. Ein so komfortables Bett wie in der Lufthansa Allegris First Class oder Singapore Airlines First Class, erwartet man vielleicht in einem Hotel, nicht aber in einem Flugzeug.
Als Vergleich: Bei meinen zwei Flügen in der ITA Airways Business Class gab es gerade einmal eine solide Decke und ein dünnes Kissen. Einen Pyjama gab es genauso wenig wie eine Matratzenauflage. Nun unterscheiden sich die Airlines hier und manch eine Fluggesellschaft bietet hier auch in der Business Class deutlich mehr auf. Dass die Sitze gerade für Seitenschläfer aber deutlich weniger Platz bieten, lässt sich schwerlich leugnen.
So merke ich nach einigen First Class Flügen doch: Man schläft in der höchsten Reiseklasse noch einmal deutlich besser, wacht seltener auf und kommt ausgeruhter an. Natürlich ist diese Differenzierung vermutlich für die wenigsten ein Grund, den doppelten oder gar dreifachen Preis zu bezahlen, aber positiv aufgefallen ist mir dies zuletzt doch noch einmal.
Erstklassige Lounges und Limousinentransfers
Geht es um die Differenzierung zwischen der Business Class und der First Class ist eine weitere Leistung am Boden nicht zu unterschätzen: Wer in der höchsten Reiseklasse unterwegs ist, darf sich auf Flughafen-Lounges freuen, die oft noch einmal in einer anderen Liga spielen. Das gilt etwa für das Lufthansa First Class Terminal in Frankfurt, aber beispielsweise auch die First Class Lounge in München.
Dort erwartet einen nicht nur ein à la carte Restaurant, sondern auch eine Auswahl an Annehmlichkeiten, die ihresgleichen sucht. Von privaten Schlafräumen über eigene kleine Büros bis hin zu Zigarrenlounges gibt es in den Lounges für die höchste Reiseklasse im Grunde genommen wirklich fast alles. Ebenfalls hervorzuheben ist etwa an den Hubs der Lufthansa Group, dass es oft einen Limousinentransfers zum Flugzeug oder eine Abholung bei einem möglichen Zubringerflug gibt.
Zwar gibt es auch hier Unterschiede in der Qualität, aber eine Besonderheit stellt dieser Teil des First Class Erlebnisses dennoch dar. Angeboten wird Ähnliches auch von anderen Airlines mit First Class, etwa Air France oder in Teilen auch Etihad Airways. Allerdings gilt dieser Vorzug in den meisten Fällen ausschließlich am Hub der jeweiligen Airline, was die Differenzierung nur auf eine Hälfte des Erlebnisses begrenzt.
Mehr Konstanz könnte die First Class attraktiver machen
Eben jener Punkt ist auch entscheidend, um abschließend noch einen kritischen Gedanken zu fassen. Einerseits ist es nämlich fraglos so, dass die First Class fraglos das Potenzial hat, sich von der Business Class zu differenzieren. So könnte man durchaus auch die teils doppelten oder gar dreifachen Preise rechtfertigen. Gleichzeitig aber fehlt es in fast allen Fällen an der Konstanz.
Die genannten Differenzierungsmerkmale werden beispielsweise keineswegs von allen Airlines angeboten. So gab es etwa bei meinem Qantas First Class Flug mit Ausnahme toller Lounges gar keine besonderen Leistungen am Boden. Dazu kommt, dass es massive Unterschiede zwischen den Airports gibt, sodass man keineswegs immer in den Genuss von einem solchen Erlebnis kommt. Dies ist mir insbesondere beim Thema Begleitung am Airport an vielen Start- und Zielflughäfen der Lufthansa Group aufgefallen.
Doch auch dort, wo es eigentlich klappen sollte, fehlt es an der notwendigen Konstanz. Hatte ich etwa bei meinem Swiss First Class Flug nach Shanghai einen genialen Limousinentransfer zum Flughafen, empfand ich das Erlebnis bei der Ankunft aus Chicago als deutlich weniger toll. Zum einen ging es eine steile Treppe hinunter, auf der man sein Gepäck spontan schleppen musste, zum anderen wurde der Transfer in einem Kleinbus für alle acht Passagiere abgewickelt.
Gleichzeitig war der personalisierte Service auf diesem Flug überragend, während ich bei anderen First Class Flügen nicht das Gefühl hatte, eine allzu individuelle Behandlung zu bekommen. Eben hier müssen die Airlines aus meiner Sicht ansetzen, denn nur wenn all diese Differenzierungsmerkmale problemlos überall auf der Welt angewendet werden, hat das Produkt First Class in Zeiten immer besserer Business Class Produkte zukünftig noch eine Chance.