Das Bibbern und Zittern hat ein Ende. Lufthansa-Großaktionär Heinz Hermann Thiele stimmt für das Rettungspaket – eine Insolvenz in Eigenregie ist damit wohl endgültig vom Tisch.

Das Rettungspaket der Lufthansa ist das Thema schlechthin in der deutschen Luftfahrtbranche. Die Geschichte scheint dabei auch noch lange nicht vorbei, denn das ausgehandelte Paket bedarf noch der Zustimmung der Aktionäre. Obwohl selbst die EU-Kommission sowie der Aufsichtsrat bereits zugestimmt haben, fehlte bis zuletzt noch das Votum der Anteilseigner. Die Augen waren auf Großaktionär Heinz Hermann Thiele gerichtet, der über ein Drittel der 38 Prozent gemeldeten Stimmen für die Hauptversammlung verfügt. Doch nun ist klar, dass Thiele dem Rettungspaket am Donnerstag zustimmt und der Lufthansa somit der Gang in die Insolvenz erspart bleibt, wie die FAZ exklusiv berichtet.

Online-Abstimmung am Donnerstag – Zweidrittelmehrheit gesichert

23 Jahre nach der Privatisierung steht der Lufthansa eine Teilverstaatlichung bevor, um die wirtschaftlichen Folgen der anhaltenden Corona-Pandemie aufzufangen. Wenn morgen auf der außerordentlichen Hauptversammlung über ein staatliches Rettungspaket mit einem Volumen von bis zu rund 9 Milliarden Euro abgestimmt wird, das neben einem Kredit und einer stillen Beteiligung auch einen direkten Einstieg des Bundes mit rund 20 Prozent des Kapitals beinhaltet, scheint eine große Zustimmung gesichert zu sein. Bereits im Vorfeld kündigten ausgewählte Fonds wie Union Investment und DWS haben dagegen laut Handelsblatt schon ihre Zustimmung zum Paket an.

Aufgrund der geringen Teilnehmerquote lag es nunmehr an Thiele, der knapp 15 Prozent der Anteile hält und Mehrheitseigner der Konzerne Knorr-Bremse sowie Vossloh ist, ob einem Staatseinstieg zugestimmt wird. Die erneuten Diskussionen über die Zustimmung des Hilfspakets kamen auf, indem Heinz Hermann Thiele sich kritisch zu dem Hilfspaket gegenüber der F.A.Z. äußerte. Herr Thiele fürchtete, dass die Politik die nötige Sanierung des Konzerns ausbremsen könne, wenn es etwa um den Abbau von Arbeitsplätzen gehe, die aufgrund des geringeren Fluggastaufkommens zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingesetzt werden. Bemerkenswert ist, dass der Ankeraktionär nach eigenen Aussagen jedoch nicht für eine Insolvenz stimmen könne, trotz bestehender Restzweifel und einem hohen Restrisiko. Gegenüber der F.A.Z. bekräftigte er seine Gemütslage:

Ich werde für die Beschlussvorlage stimmen. Es liegt im Interesse aller Lufthansa-Mitarbeiter, dass das Management zügige Verhandlungen mit den Gewerkschaften über die nötige Restrukturierung führen kann.

Heinz Hermann Thiele gegenüber der FAZ

Gleichzeitig verdeutlicht Thiele, der Schätzungen nach über ein Vermögen rund 11,4 Milliarden Euro verfügt, dass er sich mit seiner Investition zukünftig einem Risiko aussetzt. “Deshalb werde ich auch in Zukunft Einfluss nehmen auf die Entwicklung der Lufthansa.” Die Entscheidung für Thiele ist damit auch gleichbedeutend, dass eine zwischenzeitlich kolportierte Insolenz vom Tisch ist.

Gemeinsamer Streitpunkt sind günstige Aktien für den Staat

Nach der Zustimmung Thieles scheint eine Zweidrittelmehrheit lediglich eine Formsache zu sein. Nachdem ausgewählte Aktionäre bereits positive Signale gesendet haben, äußerte sich Vanessa Golz von der Fondsgesellschaft Deka wie folgt:

Uns Aktionären bleibt nichts anders übrig, als der Kapitalerhöhung für den Einstieg des Staates zähneknirschend zuzustimmen. Ansonsten wäre der Kranich kein Vogel mehr.

Vanessa Golz gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

Ähnlich bringt es Patrick Schuchter von Union Investment es auf den Punkt:

Staatsrettung ist besser als Insolvenz.

Patrick Schuchter gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

Ein großer gemeinsamer Kritikpunkt der Aktionäre ist, dass der Staat lediglich 2,56 Euro pro Aktie bezahlen will. Das entspricht einer Gesamtsumme von etwa 300 Millionen Euro. Obwohl es sich hierbei um einen verhältnismäßig kleinen Betrag handle, schränke dies jedoch die Handlung- sowie Wettbewerbsfähigkeit der Lufthansa immens ein. Gleichzeitig betont Schluchter, dass der Staat vielmehr auf Emissionsreduktion bestehen müsse, wie es beispielsweise bei Air France der Fall ist. Diese Auflagen hätten einen höheren “gesellschaftlichen Nutzen gebracht” und nicht zu dem “Verlust von Start- und Landerechten der Lufthansa geführt.” Nun stärkt der Staat als Aktionär das Eigenkapital.

Einigung mit Gewerkschaften steht noch aus

Nachdem es im Rahmen der Online-Abstimmung zu einem positiven Entscheid kommen sollte, ziehen sich die Verhandlungen mit den Gewerkschaften Verdi, der Unabhängigen Flugbegleiterorganisation (Ufo) und der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) weiter in die Länge. Auf eine Einigung konnten sich die Parteien bisher nicht verständigen.

Verdi bracht die Verhandlungen vorerst ab und wartet die Online-Abstimmung ab. Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit hat der Lufthansa derweil nach eigenen Angaben Einsparungen in einer Höhe von 350 Millionen Euro bis 2023 angeboten. Ob die Aktionäre die gescheiterten Verhandlungen als schlechtes Zeichen werten, ist jedoch unklar. An der Zustimmung zum Rettungspaket werden die laufenden Diskussionen um die Stellenkürzungen wohl nichts ändern.

Fazit zur Zustimmung des Großaktionärs Thiele

Nachdem Großaktionär Thiele seine Zustimmung gegenüber dem Rettungspaket verkündet hat, scheint eine Zweidrittelmehrheit bei der Abstimmung nun lediglich Formsache zu sein. Solange jedoch das Ergebnis der Online-Abstimmung nicht vorliegt, ist die Rettung der Lufthansa noch nicht in trockenen Tüchern. Das enorme Hin und Her der letzten Wochen hat sehr deutlich gemacht, dass es im Fall der Lufthansa-Rettung immer wieder zu neuen Wendungen kommt. Morgen allerdings könnte die unendliche Geschichte tatsächlich ein Ende nehmen.

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