Die neue Muster-Quarantäneverordnung könnte für einige Verstimmungen sorgen. Ein dem Handelsblatt vorliegender Entwurf zeigt auf, dass es für bestimmte Gruppen Privilegien geben soll.
Schon seit Monaten tobt eine Debatte darüber, wie man mit Rückkehrern aus Risikogebieten umgehen sollte. Nachdem Auslandsreisen in den ersten Monaten der Pandemie im Prinzip nahezu unmöglich gewesen waren, gab es danach länger kaum Einschränkungen. Im Sommer folgte dann eine Testpflicht bei Rückkehr aus Risikogebieten, ehe diese Anfang November durch eine verpflichtende Quarantäne abgelöst wurde. Flankiert wird die Quarantäne in einigen Bundesländern mittlerweile von einer Testpflicht, die bald in allen Ländern gelten soll. Doch die geplante neue Muster-Quarantäneverordnung birgt darüber hinaus auch jede Menge politischen Sprengstoff, wie das Handelsblatt berichtet.
Quarantäne und Testpflicht soll nicht für alle gelten
Neben der Diskussion um Reisen und Risikogebiete gibt es in Deutschland in den letzten Wochen auch eine verstärkte Debatte um die Gleichbehandlung von Geimpften und Nicht-Geimpften. Wenngleich die Politik grundlegend auf Privilegien verzichten möchte, scheint es unwahrscheinlich, dass dies mit Blick auf Reisen tatsächlich zur Realität wird, wie wir in einer Kolumne beschrieben haben. Überraschend ist dennoch, dass schon die neue Muster-Quarantäneverordnung, die ab Montag die offizielle Vorlage für die Verordnungen der Länder sein soll, eine entsprechende Privilegierung vorliegt. Das Dokument, dessen Entwurf dem Handelsblatt vorliegt, sieht demnach eine Ungleichbehandlung bei den Themen Testpflicht und Quarantäne bei der Rückkehr aus Risikogebieten vor – entgegen dem, was den Bürgern von der Politik in den letzten Tagen und Wochen kommuniziert wurde.
Wörtlich heißt es in dem Dokument laut Handelsblatt, dass sowohl die Quarantäne als auch ein verpflichtender Test bei der Einreise, wegfallen, wenn Einreisende eine “Impfdokumentation über eine mindestens 14 Tage vor Einreise bei ihnen vollständig abgeschlossene Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2” vorweisen könnten. Sonderrechte soll es darüber hinaus auch für diejenigen geben, die eine Infektion mit dem Coronavirus bereits hinter sich gebracht haben. Konkret gilt dies laut Handelsblatt für die folgende Gruppe: “Personen, die über ein ärztliches Zeugnis über eine bei Einreise mindestens 21 Tage und höchstens sechs Monate zurückliegende, durch Nukleinsäurenachweis bestätigte Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 verfügen.”
Konkret gäbe es bei entsprechender Umsetzung der Muster-Quarantäneverordnung mit Blick auf Reisen Sonderrechte für all diejenigen, die bereits beide Impfungen erhalten haben und für die Gruppe derjenigen, die in den letzten sechs Monate eine bereits wieder abgeklungene Coronavirus-Infektion nachweisen können.
Umsetzung der Bundesländer könnte abweichen
Die potenziellen Sonderrechte mit Blick auf Impfung und Immunisierung führen zwischen Bund und Ländern scheinbar bereits zu Verstimmungen, da sie der bisherigen Botschaft einer Gleichbehandlung widersprechen. Besonders problematisch ist dies nach Ansicht verschiedener Stimmen, weil nicht jeder gleichermaßen die Möglichkeit habe, sich überhaupt impfen zu lassen. Gleichzeitig dürfte das Gesundheitsministerium bei der Ausarbeitung der neuen Muster-Quarantäneverordnung auch rechtliche Aspekte im Blick haben. Eine verpflichtende Quarantäne oder eine Testpflicht für diejenigen, die kein Risiko mehr darstellen, würde potenziell durch entsprechende Gerichtsentscheide zu einer Aussetzung der Quarantäneverordnung führen. Gleichzeitig fehlen aktuell allerdings noch verlässliche Studien, die nachweisen, dass eine Impfung auch vor der Verbreitung und nicht nur einer Erkrankung mit dem Virus schützt. Bis dahingehend belastbare Hinweise vorliegen, erscheinen Sonderrechte für Geimpfte besonders fraglich.
Inwiefern die neue Muster-Quarantäneverordnung in dieser Form am kommenden Montag allerdings tatsächlich offiziell vorgestellt wird, bleibt noch abzuwarten. Möglich erscheinen nach der Kritik am Wochenende auch noch Änderungen. Zudem erfolgt die konkrete Umsetzung der entsprechenden Verordnungen immer durch die Bundesländer selbst. Hier gibt es schon jetzt verschiedene Ausführungen, die wiederum teils Ausnahmen oder verschärfte Regelungen vorsehen. In Nordrhein-Westfalen etwa gilt momentan keine verpflichtende Quarantäne, nachdem ein Gerichtsurteil die vorangehende Quarantäneverordnung außer Kraft gesetzt hatte. In Bayern und Sachsen ist ein Test zusätzlich zur Quarantäne bereits jetzt verpflichtend.
Fazit zu den potenziellen Reise-Privilegien für Geimpfte
Die Themen Risikogebiete und Quarantäne bewegen aktuell nicht nur diejenigen, die gerne wieder die weite Welt entdecken möchten. Die politische Debatte dürfte gerade mit Blick auf potenzielle Privilegien vielmehr gesamtgesellschaftlich diskutiert werden. Entsprechend gespannt kann man sein, ob die vorgesehen Privilegien wirklich kommen und ob die Länder ihre Verordnungen auch entsprechend ausgestalten. Dann könnten Reisen für Geimpfte schon sehr bald wieder recht problemlos möglich sein – für Ungeimpfte wären sie durch die Doppelregelung umso komplexer.