Die Kritik seitens der Politik und von Experten wächst an Airlines, die aktuell Reisende nach Mallorca fliegen.
Seit über eine Woche können Deutsche wieder ohne Einschränkungen nach Mallorca reisen. Bei Einreise in Spanien ist lediglich ein negatives COVID-19 Testergebnis gefordert, bei Rückreise gibt es aktuell außer einer elektronischen Einreiseanmeldung keine weiteren Anforderungen. Politiker und Experten befürchten einen enormen Anstieg der Infektionszahlen. Auch deshalb kritisiert Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow Fluggesellschaften, die in der aktuellen Zeit Passagiere nach Mallorca fliegen und dafür sogar ihren Flugplan ausgebaut haben, wie er beim Deutschlandfunk mitgeteilt hat. Die Fluggesellschaften reagieren prompt.
Kritik von Ramelow an Airlines
Ein Jahr Corona-Pandemie mit insgesamt zwei Lockdowns. Vor allem der zweite, immer noch aktuelle, Lockdown dauert schon seit Monaten an, zeigte Anfang des Jahres jedoch immerhin seine Wirkung. Die täglichen Infektionszahlen sind genauso wie die Inzidenzwerte gesunken, erste Lockerungen kamen näher. Ähnlich positiv entwickelt sich die Lage in vielen anderen europäischen Ländern aktuell. Bestes und gleichzeitig überraschendes Beispiel ist Spanien: Die Infektionszahlen befinden sich in vielen Regionen und Metropolregionen weit unter 50 pro 100.000 Einwohner. Freitag vor einer Woche wurden erste Teile Spaniens von der Liste der Risikogebiete entfernt – darunter auch die Balearen mit Mallorca. In einer Zeit mit drastischen Einschränkungen im internationalen Flugverkehr für Passagiere sowie Airlines gleichermaßen eine gute Nachricht. Die Buchungszahlen schnellten nach oben, Fluggesellschaften erhöhten ihre Frequenzen. Auch die Lufthansa operiert mittlerweile im Stile einer Ferienfluggesellschaft mit allein 20 Flügen wöchentlich ab Frankfurt nach Mallorca.
Trifft die Reiselust und das Fernweh noch gewissermaßen auf Verständnis, kritisieren immer mehr Politiker und Experten die Airlines für ihre Reaktion auf den Buchungsboom. Zuletzt äußerte sich vor allem Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow kritisch über Fluggesellschaften, die in der aktuellen Lage Mallorca-Flüge anbieten würden. Das sei seiner Ansicht nach vor allem deshalb problematisch, da Fluggesellschaften zuvor Staatshilfen aufgrund der aktuellen Lage erhalten hätten. Gleichzeitig schnellen die Infektionszahlen vor allem in Thüringen wieder rasant nach oben, weshalb die Schweiz das Bundesland erneut auf die Liste der Risikoländer gesetzt hat. Gleichzeitig würden Deutsche nach Mallorca reisen und Urlaub machen können. Deshalb fordert er die Wirtschaft dazu auf, dass Unternehmen geschlossen nicht mitmachen dürften.
Lockdown-Lockerung und steigende Infektionszahlen
Doch auf die Kritik an die Politik in Deutschland und auch in Thüringen wächst erneut. So war das Bundesland gemeinsam mit Sachsen zum Beginn der zweiten Welle vor allem Anfangs für hohe Infektionszahlen verantwortlich, die man nur schwer unter Kontrolle bekommen konnte. Vielleicht hat Ramelow aus diesen Fehlern gelernt und sieht sich nun als kritische Stimme für die Gegenseite. Kritik an die Lockdown-Lockerungen vor wenigen Wochen wehrt er ab und schätzt sie weiterhin als richtig ein. Gleichzeitig befindet sich der Inzidenzwert bundesweit seit heute wieder bei über 100 pro 100.000 Einwohner. Reisende aus Mallorca und anderen Regionen weltweit können dafür wohl kaum verantwortlich sein.
Sie waren kein Fehler. Sie folgen der Logik, dass wir ausprobieren wollen, was geht und was nicht geht.
Bodo Ramelow, Thüringer Ministerpräsident (Die Linke)
Doch die Reaktion seitens der Reisebranche in Worten des Geschäftsführers von TUI Deutschland, dem größten Touristikkonzern der Welt, lässt nicht lang auf sich warten:
Wir werden nicht müde klarzustellen, dass Reisende von Pauschalurlauben kein Risiko bei der Rückkehr nach Deutschland sind. Mehrere Studien haben gezeigt, dass sich die Gäste verantwortungsvoll im Urlaub verhalten und keine höheren Inzidenzen produzieren.
Marek Andryszak, Geschäftsführer von TUI Deutschland
Tatsächlich hat eine Studie des RKI genau das nach Untersuchungen der Infektionszahlen im vergangenen Reisesommer herausgefunden. Zudem verweist Andryszak im Interview mit der BILD-Zeitung, dass die Regionalregierung Mallorcas weitreichende Hygiene- und Schutzmaßnahmen eingerichtet hätte. Partys im Bierkönig sind aktuell tatsächlich nicht möglich, Restaurants müssen bereits um 17 Uhr schließen.
Auch wenn es den Anschein macht, dass mehrere Tausend oder Millionen Passagiere aktuell nach Mallorca fliegen würden, sieht die Realität anders aus. Nur ein Bruchteil der knapp 1.000 Hotels auf der Insel hat überhaupt geöffnet und diese sind auch trotz des Buchungsbooms nur zum Teil ausgelastet. Ob dennoch neue Maßnahmen für Rückkehrer, auch aus Nicht-Risikogebieten, vereinbart werden, könnte sich bereits beim heutigen Bund-Länder-Treffen herausstellen. Daran wird auch Bodo Ramelow teilnehmen und drängt im Vorfeld weiterhin darauf, die vereinbarte “Notbremse” auch konsequent umzusetzen.
Moritz befindet sich gerade auf Mallorca, um die aktuelle Lage auf der Insel und den Hotels zu beleuchten. Seine ersten Berichte könnt Ihr bereits nachlesen.
Fazit zur Kritik an Mallorca-Flüge
Bodo Ramelow spricht die Meinung von Politik und Experten in der aktuellen Situation aus: Reisen nach Mallorca sollten in der aktuellen Situation nicht uneingeschränkt möglich sein. Gleichzeitig kritisiert er Fluggesellschaften, dass sie entsprechende Flüge anbieten würden, obwohl sie Staatshilfen dafür erhalten haben. Meiner Meinung nach sind diese Staatshilfen nicht als Ersatz für annullierte Flüge verteilt worden. Dann müssten Fluggesellschaften sämtliche Flüge einstellen – auch in Risiko-, Hochinzidenz- oder Virusvariantengebiete. Fluggesellschaften reagieren in der aktuellen Lage nur auf einen kurzzeitigen Nachfrage-Aufschwung, vor allem das Personal dürfte sich darüber freuen. Meiner Meinung nach werden Reisen nach Mallorca nur instrumentalisiert, um vom aktuellen Infektionsgeschehen abzulenken. Die Zahlen steigen bereits aufgrund der Virus-Mutanten und das hat nichts mit Reisen nach Mallorca zu tun.