Flugannullierungen und extra erhöhte Ticketpreisen. Das Reisen macht aktuell keinen Spaß und dieser Spaß soll auch gewissermaßen begrenzt werden – zumindest aktuell. Ist das tatsächlich so?
Chaos an Flughäfen in Deutschland, Europa und weltweit. Tatsächlich wird momentan eine gesamte Branche von den Corona-Nachwirkungen getroffen, und zwar nicht im gesundheitlichen Sinne. Personalengpässe sorgen für dramatische Bilder und Geschichten. Doch wie ist es wirklich in der aktuellen Situation zu verreisen und würde ich es empfehlen?
Von Frankfurt nach Barcelona bitte
Alles fing bereits am Donnerstagabend an. Zunächst sollte es für mich mit der Lufthansa von Berlin nach Frankfurt gehen. Bereits in den vergangenen Tagen war dieser Flug chronisch verspätet, einmal in der Woche wurde dieser Flug sogar annulliert. Bei mir klappte aber alles pünktlich. So sollte es auch in Frankfurt den Anschein machen. Von Frankfurt nach Barcelona war der Flug in der Business Class gebucht. Die Zeit bis zum Abflug verbrachten wir noch in der Business Lounge, die sehr voll war. Das lag zum einen daran, dass viele Passagiere hier nach alternativen Abflügen gesucht haben. Denn die Desks am Eingang haben auch Business Class Passagiere mit alternativen Flügen oder Gutscheinen versorgt.
Dass diese Option besteht, ist vor allem für Business Class Passagiere sowie Vielflieger der Airline dringend wichtig. Denn der Serviceschalter am Gate A12 war komplett überlastet. Die Schlange ging an der Passkontrolle zum Z-Bereich des Terminals 1 vorbei. Die Wartezeit hat hier sicherlich mehrere Stunden betragen. In der Zwischenzeit hat man online bereits ähnliche Szenarien gesehen. Dabei stand auf der Anzeige, dass sich Passagiere bitte selbst um Umbuchungsmöglichkeiten kümmern sollen und die Kollegen hier keine Hilfe mehr anbieten könnten. Wir hatten bis dato Glück. Unser Flug sollte pünktlich Frankfurt verlassen.
Unwetterwarnung sorgt für Unsicherheit
Doch dann kam es zu einer Verkettung mehrerer unglücklicher Umstände. Zum einen hat es das Abfertigungspersonal nicht geschafft, pünktlich am Flugzeug zu sein und dieses zu beladen. Dazu kam eine Unwetterwarnung der Deutschen Flugsicherung. Alle Vorfeldmitarbeiter mussten ihre Arbeit niederlegen, der Flughafen wurde gesperrt. Nur 15 Minuten später gab es Entwarnung: Der Sturm ist an Frankfurt vorbeigezogen, wir haben bereits einen frühen Abflugslot erhalten, also ein Zeitfenster, welches unsere mögliche Abflugzeit festlegt. Da war aber noch das Problem mit der Abfertigung. Die Bodencrew war noch knapp eine halbe Stunde mit dem Beladen des Flugzeugs beschäftigt. Wir verpassten unseren Slot und mussten darum bangen, überhaupt noch Frankfurt verlassen zu können.
In der Zwischenzeit versorgte die Lufthansa App uns mit aktuellen Informationen. Der Flug sei verspätet, dann wurde eine neue Abflugzeit festgelegt. Der Kapitän musste sich erneut einschalten und klarstellen, dass die Abflugzeit nicht stimmen würde und wir frühestens 23:30 Frankfurt verlassen können. Die Hoffnung auf einen früheren Abflug war da, im Nachhinein können wir glücklich sein, dass wir überhaupt noch eine Ausnahmegenehmigung erhalten haben und Frankfurt für Barcelona verpassen durften. Zwar hielt sich der Kapitän mit möglichen Abflugzeiten zurück, dennoch muss ich das Vorgehen der Crew loben. Die Ansagen waren klar und freundlich.
In der Zwischenzeit begann die Crew in der Business Class sogar Welcome Drinks zu servieren. In der Economy Class wurden bereits die kostenfreien Flaschen Wasser verteilt. Schokolade zur Besänftigung gab es ebenfalls bereits für alle Passagiere. Letztlich konnten wir noch am Donnerstagabend nach Barcelona fliegen und vorerst unsere geplante Reise fortsetzen.
Ein Sonntagabend in Frankfurt
Mittlerweile waren wir wie geplant in Mailand angekommen. Wir haben unsere zwei Nächte in dieser wunderschönen italienischen Stadt genießen können, der Reisestress war bereits längst vergessen. Das lag auch an unser Hote, das VIU Hotel Milan, welches ich über reisetopia Hotels gebucht habe. Auf der anderen Seite gingen wir aber auch nicht mehr von weiteren Unterbrechungen aus. So machten wir uns zum Flughafen Mailand Linate am Sonntagnachmittag auf. Zunächst sollte es für uns nach Frankfurt mit ITA Airways gehen. Mein Weiterflug zurück nach Berlin war dann separat mit Lufthansa gebucht. Am Vorabend konnte ich wie geplant einchecken. Am Flughafen in der Priority Pass Lounge angekommen, witzte meine Reisebegleitung noch über die aktuellen Spiegel-Headlines und das Chaos an deutschen Flughäfen. Für mich war es das Signal, lieber noch einmal meinen Weiterflug zu prüfen.
Und tatsächlich: Mein Flug wurde am Sonntagnachmittag für Sonntagabend annulliert. Da es der letzte Flug nach Berlin sein sollte, hätte ich alternativ nur noch mit dem Zug nach Berlin fahren oder mich für einen Alternativflug am Montag entscheiden können. Mit dem Zug wäre ich noch die halbe Nacht unterwegs gewesen. Also buchte ich mich über die Lufthansa App auf einen anderen Flug am Montagvormittag um. Mehrere Optionen wurden hier dargestellt. Einige mit freien Plätzen, andere mit Warteliste. Ich wählte einen Flug mit freien Plätzen, landete später aber auf der Warteliste. In der App wurde anfangs noch der aktuelle Status angezeigt. Wartelistenplatz Nummer 1 stand für mich, klar war dennoch nicht, ob ich mitkommen werde.
Also wollte ich mein Glück am Sonntagabend noch in Frankfurt probieren. Auf ins Terminal 1 zum Service Center der Lufthansa. Das war geschlossen. Dafür standen im Bereich B mehrere Schalter für gestrandete Passagiere zur Verfügung. Hier wurden aber lediglich Hotel-Gutscheine ausgegeben, Umbuchungen waren hier nicht mehr möglich. Die Schlange war ähnlich lang wie am Donnerstagabend am Gate A12. Ich entschied mich also für die S-Bahn und wollte zum Hotel weiterfahren. Dieses habe ich bereits am Sonntagnachmittag in Mailand per App gebucht. Das Moxy am Flughafen Frankfurt sollte es sein. Die Nacht kostete 129 Euro. Das Hampton Inn war bereits ausgebucht. Das Hilton sowie Marriott am Flughafen Fernbahnhof sollten jeweils circa 300 Euro kosten.
Lange Schlangen und keine freien Zimmer
Zum Glück buchte ich meine Übernachtung bereits vorab. Denn am Moxy angekommen, wurde ich von mehreren Reisegruppen begrüßt. Das Check-in Personal fragte ausdrücklich nach Passagieren, die einen Lufthansa Voucher haben. Sollte man keinen Gutschein oder keine Reservierung haben, könne man kein Zimmer mehr anbieten. Die Lufthansa hat das komplette Hotel für die Nacht gebucht. Wahrscheinlich wurde zuvor das Hampton Inn belegt, weshalb dieses nicht mehr buchbar war. Ich hatte Glück, erhielt mein Zimmer inklusive Welcome Drink und konnte die Nacht relativ erholt überwinden. In der Lufthansa App hat sich nicht viel getan. Mein Wartelistenplatz ist jedoch verschwunden und wurde durch den Hinweis ersetzt, dass der Check-in erst 40 Minuten vor Abflug absolviert werden könne.
Also machte ich mich lieber rechtzeitig auf zum Flughafen. Die Sicherheitskontrolle für die Economy Class war innerhalb von zehn Minuten überwunden. Danach ging ich zur Business Lounge. Hier hatte ich Dank Amex Platinum Card kostenfreien Zutritt und konnte mich so direkt an das Servicepersonal wenden. Auch hier die Information, dass die Warteliste erst zum Boarding bearbeitet werden würde. Nach aktuellem Stand würde es aber gut aussehen. Also arbeitete ich noch ein wenig in einer wiederholt sehr vollen Lounge und machte mich rechtzeitig zum Gate auf. Zum Boarding wurde mein Name aufgerufen. Die Bordkarte lag bereit und es konnte für mich nach Berlin gehen.
Zumindest fast: Denn diesen Beitrag schreibe ich von Sitzplatz 5E. Mein Airbus A319 sollte planmäßig um 10:45 Uhr nach Berlin abheben. Stattdessen entsteht dieser Beitrag noch aus dem Flugzeug von Gate A16. Wiederholt konnte die Bodencrew nicht pünktlich am Flugzeug sein und dieses entladen. Wiederholt gab die Flugsicherung eine Unwetterwarnung für den Bereich Mitteldeutschland heraus und wiederholt mussten wir auf unseren Abflugslot warten. Das gab der Bodencrew immerhin die Möglichkeit, das Flugzeug entspannt bis 11:40 Uhr zu beladen. Nun warten wir auf unseren Abflugslot, der nach aktuellem Stand irgendwann nach 12 Uhr liegen soll. Hier gehen scheinbar alle Kapitäne gleich vor. Die tatsächliche Abflugzeit möchte man nicht verraten. Dennoch auch hier: Der Kapitän stellte sich in die Kabine, erklärte die aktuelle Lage und die Gründe dafür. Alles richtig gemacht.
Die Hintergründe in Frankfurt
Was jetzt auf den ersten Blick vielleicht dennoch etwas eintönig und ausgedacht wirkt, ist die tatsächliche Realität. Zumindest am größten deutschen Drehkreuz der Lufthansa in Frankfurt. Denn wie aero.de berichtet, wirken sich bei der Beladung der Flugzeuge von Fracht und Koffern die derzeitigen Personalengpässe am schlimmsten aus. Dabei sind nicht nur Passagier-, sondern auch Frachtflüge davon betroffen. Der Redaktion von aero.de liegen dazu exklusiv Memos von Lufthansa Cargo vor. Demnach war am vergangenen Wochenende die Be- und Entladung diverser Flugzeuge nicht mehr gesichert. Als Folge mussten einige Frachtflüge annulliert werden.
Fazit zu meiner Reiseerfahrung in der aktuellen Situation
Vielleicht hat Moritz recht, wenn er sagt, dass es sich nicht mehr lohnt, über die aktuelle Situation zu streiten oder zu diskutieren. Die Situation ist wie sie ist und daran ist die Branche selbst Schuld. Dabei trifft es nicht die Lufthansa oder nur Deutschland. Der Fachkräftemangel ist keine Corona-Erscheinung. Dementsprechend hätte man hier früher gegen wirken müssen. Doch im Endeffekt müssen wir alle zunächst damit leben, Airlines, Flughäfen und Passagiere gleichermaßen. Mehr Arbeitskräfte werden kurzfristig nicht für ein Aufatmen sorgen. Daher wird es viel mehr an die Passagiere liegen, das Beste aus der aktuellen Situation zu machen und sich entsprechend darauf vorzubereiten. Dementsprechend wollte ich mit diesem Beitrag einen kleinen Einblick in den aktuellen Reise-Alltag bieten.