Miles & More benachteiligt mit dem neuen System diejenigen, die besonders viel Geld bei der Lufthansa Group ausgeben. Ein smartes Vorgehen oder doch ein Himmelfahrtskommando?

Die neuen dynamischen Preise bei Miles & More sind anders als erwartet nicht grundlegend eine Verschlechterung des Programmes – zumindest dann, wenn die Flex Plus Prämie wirklich wieder zurückkommt und auch die angekündigten Flight Award Deals attraktiv werden. Doch eine Sache scheint etwas mehr als eine Woche nach der Einführung klar: Dynamisch sind die Preise insbesondere mit Bezug auf den Abflugort, wodurch insbesondere die Lufthansa Group Vielflieger an den Hubs der Airline negative Konsequenzen haben. Eine kuriose Entscheidung, welche die wichtigsten Kunden vergraulen könnte.

Höhere Preise für Abflüge in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Dass Miles & More bei seinem neuen System einen stärkeren Blick auf das Preisgefüge von bezahlten Tickets legen würde, war bereits vor den Umstellungen klar. Doch die meisten hatten mit Blick auf die dynamischen Preise erwartet, dass es eher um den Buchungs- und Reisezeitpunkt gehen würde und weniger um den Abflughafen. Gekommen ist es – zumindest vorerst – anders. Saisonale Schwankungen gibt es kaum, und der wichtigste Faktor für den Meilenpreis scheint eben nicht die Neben- oder Hochsaison, sondern der Abflughafen zu sein.

Ab den Lufthansa Hubs sind Prämienflüge im neuen System teurer

Dieser Paradigmenwechsel bei Miles & More kommt wie ein Schlag ins Gesicht für diejenigen, die der Gruppe besonders treu sind. Bislang waren nämlich Awards innerhalb einer Zone immer gleich teuer, was übrigens für Partner Awards auch immer noch gilt. Für einen Flug von Frankfurt nach Los Angeles hat man damit gleich viel bezahlt, egal ob man in Oslo, Sofia, Istanbul oder Madrid gestartet ist. Neuerdings zahlt man bei einem Start in Frankfurt je nach Strecke teils doppelt oder sogar dreimal so viel wie ab anderen Flughäfen in Europa und sitzt dennoch in der gleichen Maschine.

Grundsätzlich gilt dabei die simple Regel, dass in den meisten Fällen der Abflug ab Flughäfen in Deutschland, Österreich und der Schweiz besonders teuer ist. Die besonders krassen Preise bei einem Abflug in der Schweiz hat dabei sogar schon die Schweizer Tageszeitung NZZ in den Blick genommen. Dass gerade diejenigen im neuen System benachteiligt werden, die im “Kernland” der Lufthansa Group leben, sieht man auch sehr deutlich an unserer Analyse der günstigen Abflughäfen für Business Class Awards sowie den günstigsten Abflughäfen für First Class Prämienflüge.

Übertriebene Nachbildung des Preisgefüges für bezahlte Tickets

Nun ist die grundlegende Logik hinter diesen Umstellungen durchaus technisch nachvollziehbar. Dadurch, dass sich das neue System an den bezahlten Tickets orientiert, sind Tickets besonders ab dort günstig, wo man auch sonst attraktive Business und First Class Tarife findet. Das erklärt auch die massiven Unterschiede auf manchen Strecken, bei denen bestimmte Abflughäfen seit jeher besonders günstige Tickets versprechen. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist Oslo, von wo man seit jeher günstige Business und First Class Tickets mit der Lufthansa Group buchen kann.

Gerade die Lufthansa First Class lässt sich ab dem Ausland deutlich günstiger buchen

Doch die grobe Nachbildung des Preisgefüges ab bestimmten Flughäfen wirkt bei einem Vielfliegerprogramm übertrieben, setzt sie doch die völlig falschen Anreize: Durch die massiven Preisunterschiede dürften insbesondere gewiefte Meilensammler zukünftig eben eine Buchung ab Prag einer ab München oder Frankfurt vorziehen und Miles & More nicht nur weniger Erträge, sondern durch den Zubringer auch noch zusätzliche Kosten bringen. Nun mag man argumentieren, dass dies bei bezahlten Tickets auch so wäre, doch die Incentivierung ist deshalb nicht richtiger.

Zwar gibt es auch außerhalb des deutschsprachigen Raums Meilensammler bei Miles & More, doch der mit Abstand wichtigste Markt liegt in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Eingelöst werden Meilen dabei großenteils für private Flüge und gesammelt wird oft mit dem Ziel einer besonders attraktiven Einlösung, um sich einmal etwas gönnen zu können. Diese Zielgruppe tickt anders als diejenigen, die teure Business und First Class Tickets – oft über die Firma – ab Frankfurt, München oder Zürich buchen. Entsprechend dürften die Verlagerungseffekte noch deutlich größer ausfallen als bei bezahlten Tickets.

Den größten Optimierern wird Tor und Tür geöffnet

Aus der reisetopia-Perspektive kann man sich ob der einen oder anderen Änderung bei Miles & More gewissermaßen ins Fäustchen lachen, stehen wir doch mit unserem Namen auch für eine geschickte Optimierung der Einlösung von Meilen. Diese ist mit dem neuen System noch einmal deutlich wichtiger geworden als in der Vergangenheit. Doch ist gerade das im Interesse von Miles & More? Man darf es bezweifeln.

Wer smart optimiert, spart im neuen System viele Meilen

Wer strategisch die Möglichkeit zum Miles & More Meilen kaufen nutzt, kann im neuen System potenziell Business Class Hin- und Rückflüge nach Asien beispielsweise für knapp 1.000 Euro erstehen. Vermutlich lassen sich sogar noch bessere Einlösungen realisieren, trotz der relevanten Zuschläge, die seitens Miles & More erhoben werden. Für diejenigen, die gerne das absolute Maximum aus Loyalitätsprogrammen herausholen, dürfte das fraglos eine Einladung sein.

Tatsächlich darf man sich fragen, ob das seitens Miles & More nicht sogar so gewünscht ist. Zum einen hält man das Programm insoweit attraktiv auch für diejenigen, die gerne das Maximum herausholen. Zum anderen schafft das flexible System zumindest auf den ersten Blick einfachere – wenn auch teurere – Einlösungen für alle anderen. Attraktiv wird das Programm durch die dynamischen Preise dabei kurioserweise auch gerade für diejenigen, die nicht in Deutschland, Österreich oder der Schweiz leben.

Die treuesten Vielflieger blicken in die Röhre

Im Umkehrschluss sorgt das allerdings dafür, dass gerade die treuesten Vielflieger deutlich schlechter dastehen als in der Vergangenheit. Wohlbekannt ist, dass der größte Teil der Inhaber von einem Lufthansa Senator Status sowie dem HON Circle Status in der Nähe der wichtigsten Hubs in Frankfurt, München, Zürich und teilweise auch Wien beheimatet sind. Sekundär kommen viele Mitglieder auch aus dem Großraum anderer deutscher Großstädte.

Die besten Kunden sind nicht unbedingt die Profiteure des neuen System

Gerade diejenigen, die der Lufthansa durch teure Flugbuchungen ab diesen Flughäfen in der Regel auch die höchsten Einnahmen bringen, schauen beim Meilen einlösen zukünftig in die Röhre. Im Schnitt sind die Preise in den meistgebuchten Reiseklassen bei Meilen-Einlösungen ab den Hubs der Lufthansa Group großenteils gestiegen, zudem gibt es die besonders bei Vielfliegern beliebte Flex Plus Prämie bis auf Weiteres nicht mehr. Prämienflüge für die besonders guten Kunden sind so in doppelter Hinsicht weniger attraktiv geworden.

Nun mag es auch den einen oder anderen treuen Lufthansa-Kunden geben, der für einen Prämienflug einen Umweg in Kauf nimmt. Doch der Großteil dürfte schon aus Komfortgründen auch weiterhin ab dem Heimatflughafen buchen und gegenüber denjenigen, die das System bis zum Äußerten optimieren, das Nachsehen haben. Schon in der Vergangenheit war das teilweise so, mit dem neuen System wird eben dieser Trend aber noch weiter verstärkt. Darüber, ob man genau diesen Effekt mit den Umstellungen erzielen wollte, sollte Miles & More nachdenken.

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Autor

Moritz hat sich über die Jahre ein enormes Wissen über Finanzprodukte, Loyalitätsprogramme und Luxusreisen angeeignet. Für Luxushotels, First Class Flüge sowie die Details von Kreditkarten, Tagesgeldkonten und mehr ist Moritz genau der richtige Ansprechpartner!

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