Als Bundesland mit den niedrigsten Inzidenzwerten wollen in den nächsten Tagen einige Regionen Schleswig-Holsteins in einem Modellversuch den Tourismus wieder hochfahren – doch nun gibt es schon vor dem Start einige Probleme.

Ist Tourismus trotz Corona möglich? Das nördlichste Bundesland will es zeigen und wählte die vier Tourismusregionen Nordfriesland mit der Insel Sylt, den Urlaubsort Büsum, die Schleiregion sowie die innere Lübecker Bucht als Teilnehmer des Modellprojekts aus. Doch nun kurz vor dem geplanten Start gibt es einige Ungewissheiten. Sylt könnte unter Umständen gar nicht teilnehmen und auch an der Lübecker Bucht sind bereits einige Betriebe aus dem Projekt ausgestiegen, wie unter anderem das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet. Hauptgrund hierfür: Die Auflagen sind bei dem erwarteten Touristenansturm kaum zu bewältigen.

Sylts Teilnahme steht noch in den Sternen

Seit Monaten warten wir auf eine Rückkehr des inländischen Tourismus. Kein Thema hat die vergangenen Wochen in der Branche so angeführt wie mögliche Hotelöffnungen. Einen kleinen Hoffnungsschimmer brachten dabei immer wieder verschiedenste Modellprojekte. Während die meisten Projekte sehr lokal ausgelegt waren, will man in Schleswig-Holstein mehrere Versuche gleichzeitig starten. Aus 12 Bewerberregionen wurden vier ausgewählt, deren Öffnungskonzepte am erfolgversprechendsten wirkten: Nordfriesland inklusive Sylt, Büsum, die Schleiregion sowie die Lübecker Bucht.

Nachdem bekannt wurde, dass die wohl beliebteste deutsche Ferieninsel für den Tourismus öffnen wird, war der Andrang groß – zu groß vielleicht, denn auf einmal steht die Teilnahme Sylts wieder in den Sternen, zumindest als eigene Modellregion. Die Insel gehört zum Kreis Nordfriesland, der ebenfalls an dem Projekt teilnimmt, doch wollte man auf der Insel eigentlich ein eigenes Konzept umsetzen. Dies ist nun vom Tisch, denn ein Beratungsgremium der Insel erklärte die Auflagen als nicht umsetzbar. Zu große Bedenken gibt es vor allem wegen fehlender Kontrollmöglichkeiten. Für die vorgesehenen Anreisekontrollen sind weder die Bahn noch die Polizei befugt und somit verabschiedete man sich von den Plänen.

Ganz abgeschlossen hat man auf Sylt allerdings noch nicht mit dem Thema Modellprojekt. Bis nächste Woche soll geprüft werden, ob man sich dem Konzept des Kreises Nordfriesland anschließen will. Entscheidet man sich dagegen, würde es eine Welle der Stornierungen – und der Enttäuschungen geben. Die Nachfrage nach Sylt-Ferien hatte sich nach der Ankündigung versechsfacht, all diese Urlauber müssten dann zuhause bleiben.

Auch in der Lübecker Bucht gibt es Probleme

Während man auf Sylt noch am Debattieren ist, sich dem Projekt des Kreises anzuschließen, gibt es an der Lübecker Bucht auch schon Aussteiger. Hier hat sich das ArtHotel Mare im Ferienort Scharbeutz nun zurückgezogen, wie unter anderem die Hogapage berichtet. Das Hotel empfindet die für das Projekt vorgeschrieben Maßnahmen als zu drastisch und möchte sich nicht an “anlasslosen Tests” beteiligen.

Obwohl uns die zurückliegenden Monate vor große wirtschaftliche Herausforderungen gestellt haben und weiterhin stellen, können und wollen wir nicht an aus unserer Sicht sinnlosen Maßnahmen teilnehmen. Wir möchten dabei hervorheben, das die Tourismusagentur Lübecker Bucht zu jeder Zeit der Pandemie großen Einsatz gezeigt und alles Mögliche getan hat, um die Wiederöffnung für den Tourismus zu ermöglichen: Die gute Absicht allein rechtfertigt jedoch nicht die nun angedachten Maßnahmen.

ArtHotel Mare in einer Stellungnahme

Der Betreiber des Hotels sieht zudem die Gefahr, dass durch die enorme Steigerung der Tests, die Inzidenz innerhalb kürzester Zeit wieder über 100 liegen würde und das gesamte Projekt dann sowieso gestoppt werden müsste.

Auch sonst ist die Stimmung unter den Hoteliers eher angespannt. Denn vielerorts wurde der Start nun bereits verschoben, wie aus Berichten des NDR hervorgeht. In der Lübecker Bucht zunächst um eine Woche. Hier sind Aufenthalte in Ferienwohnungen voraussichtlich ab dem 26. April möglich, in Hotels ab dem 3. Mai. In der Modellregion Büsum wird fast einen Monat später als zunächst angedacht starten. Die Frustration darüber wächst stetig.

Das ist extremst frustrierend, es hat wahnsinnig viel Geld gekostet, wird ein weiteres Mal, wenn wir dann einen konkreten Termin mitgeteilt bekommen, für viel Arbeit sorgen und was wir Tage und Nächte gemacht haben, ist für die Katz gewesen.

Töns Haltermann, Geschäftsführer des Bayside in Scharbeutz

Fazit zu den Problemen mit Schleswig-Holsteins Modellprojekt

Was als erster Lichtblick für den innerdeutschen Tourismus galt, entpuppt sich als sehr komplexes Gebilde aus vielen Auflagen, Problemen und Ungereimtheiten. Mit besonderer Spannung wird in den nächsten Tagen die Entscheidung auf Sylt erwartet – eine Nichtteilnahme am nordfriesischen Projekt könnte den Frust auf vielen Seiten noch einmal deutlich erhöhen. Auch sieht man an den Entwicklungen an der Lübecker Bucht, wie nervenaufreibend die aktuelle Lage für die einzelnen Betriebe ist.

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Autorin

Wenn Anna unterwegs ist, ist sie in ihrem Element. Selten ist sie mehr als ein paar Tage am selben Ort. Der nächste Kurztrip oder eine Fernreise stehen immer schon in ihrem Kalender. Nach ihrem Tourismus-Studium konnte sie ihre Leidenschaft zum Beruf machen und teilt auf reisetopia.ch ihre Erfahrungen, Tipps und News aus der Reisewelt mit euch.

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