Mehrere Bundesländer wagen Vorstöße zur Aufhebung der Quarantänepflicht bei Geimpften, trotzdem die Bundesregierung an einer einheitlichen Verordnung arbeitet – die Vorgehensweise der Länder stößt auf Kritik.
Zwischen Quarantänepflicht und Öffnungsperspektive für das Gastgewerbe gibt es momentan viel Bewegung – neue Verordnungen und Forderungen werden veröffentlicht. So haben bereits einige Bundesländer einen Vorstoß gewagt und die Quarantänepflicht für vollständig geimpfte sowie genesene Menschen aufgehoben. Gleichzeitig arbeitet die Bundesregierung an einer einheitlichen Vorgehensweise. Kritik richtet sich in beide Richtungen – vor allem fehlt es der Branche aber noch immer an Öffnungsperspektiven. Dennoch lässt sich in den aktuellen Entwicklungen auch einiges an Optimismus erkennen, wie FVW berichtet.
Bundesländer preschen vor
Das neue Jahr 2021 sollte wieder deutlich besser werden als das Jahr zuvor. Doch die ersten Monate waren zugegebenermaßen im Dauer-Lockdown hart. Die Zahlen stiegen trotzdem, die Impfkampagne kam nur langsam ins Rollen. Mittlerweile entspannt sich die Lage. Knapp 27 Prozent der Deutschen haben mindestens die erste Impfdosis erhalten. Die täglich gemeldeten Zahlen der Neuinfektionen sinkt wieder. Für Ende Mai erwarten Experten einen Inzidenzwert von unter 50. Die derzeitigen Maßnahmen wären dann nur noch schwer zu rechtfertigen. Das sehen einige Länder bereits heute so, wenn es um vollständig geimpfte sowie genesene Menschen geht.
So haben die Länder Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg bereits vor einiger Zeit beschlossen, alle Reiserückkehrer aus Risikogebieten, die bereits einen vollständigen Impfschutz nachweisen können, von der Quarantänepflicht zu befreien. Als Voraussetzung muss gegeben sein, dass die zweite Impfdosis bereits fünfzehn Tage in der Vergangenheit liegt. Am vergangenen Wochenenden haben mit Hessen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland weitere Bundesländer die Aufhebung der Quarantänepflicht für Geimpfte und Genesene beschlossen. Auch in Mecklenburg-Vorpommern soll die derzeitige Regelung aufgehoben werden – das Oberverwaltungsgericht hat diese als willkürlich bezeichnet.
Verschiedene Politiker äußerten sich am Sonntag zu den bereits umgesetzten Plänen der Länder und dem Vorhaben des Bundes. Bundesfinanzminister Scholz zeigt sich dabei zuversichtlich, dass schon bald eine bundeseinheitliche Verordnung vorliegen soll. Auch der Ministerpräsident des Saarlandes begrüßte dies, trotzdem er für das Saarland bereits eine individuelle Regelung verabschiedete. Derweil gibt auch Bundesjustizministerin Lambrecht grünes Licht und teilt mit, dass sie bereits einen entsprechenden Entwurf vorgelegt habe.
Forderung zu einheitlicher Vorgehensweise
Gleichzeitig kritisiert Bundestagspräsident Schäuble das Vorpreschen der einzelnen Bundesländer. Er weist auf die Bestrebungen der Bundesregierung hin. Eine entsprechende Verordnung möchte die Bundeskanzlerin im Mai auf dem Weg bringen, sodass die Umsetzung dieser frühestens Ende des Monats erwartet wurde. Regierungssprecher Seibert verrät, dass bereits am heutigen Montag Beratungen der entsprechenden Ressorts abgeschlossen sein sollen. Für den 7. Mai ist dann eine Sitzung des Bundesrats geplant. Neben der Aufhebung der Quarantänepflicht für vollständig geimpfte sowie genesene Personen, sollen auch Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen für sie dann nicht mehr gelten. Verläuft alles nach Plan, dann soll schon in dieser Woche im Bundestag darüber abgestimmt werden. Für die Reisebranche reicht das aber noch nicht aus.
Der Druck auf Restaurants und Hotels, wieder zu öffnen, wird jeden Tag größer. Wir haben daher die moralische und auch juristische Pflicht, die Einschränkung der Freiheitsrechte für Geimpfte und Genesene schrittweise zurückzunehmen. Es wäre gut, wenn das deutlich vor Ende Mai passiert.
Thomas Bareiß, Tourismusexperte der Bundesregierung
Noch immer fehlt es dem Gastgewerbe in Deutschland an Öffnungsperspektiven. Deshalb fordert der Chef des Deutschen Tourismusverbandes (DTV), Norbert Kunz, die Aufhebung des touristischen Übernachtungsverbots für vollständig geimpfte sowie genesene Personen. Seiner Ansicht nach müssten die Einschränkungen der Grundrechte umgehend aufgehoben werden. Auch der Tourismusexperte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, bekräftigt die Forderungen der Branche und mahnt zu Tempo. Dennoch zeigt er sich weiterhin zuversichtlich, dass im Sommer Reisen innerhalb Europas wieder uneingeschränkt möglich sein werden.
Wir haben uns schon bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 22. März dafür eingesetzt, Beherbergungsbetriebe zu öffnen. Die sind kein Treiber der Pandemie.
Daniel Günther, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein
Den Forderungen der Reisebranche schließt sich nun auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther an. Er fordert eine schnelle Regelung für Hotelöffnungen in Deutschland. Günther stützt sich in seinen Forderungen auf jüngste Erkenntnisse – klassische Urlauber seien kein Pandemietreiber. Zudem wäre die Sicherheit mit einer Mischung aus vollständiger Impfung der Eltern und Testnachweisen der Jüngeren gewährleistet. Somit könnten Familien problemlos an der Nordsee wieder ihren gewohnten Urlaub verbringen.
Fazit zu den derzeitigen Plänen und Forderungen
Während weitere Bundesländer am Wochenende individuelle Regelungen zum Umgang mit Geimpften und Genesenen getroffen haben, arbeitet die Bundesregierung weiterhin an einer bundeseinheitlichen Vorgehensweise. Neben der Aufhebung der Quarantänepflicht für vollständig geimpfte sowie genesene Personen, sollen auch Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen für sie dann nicht mehr gelten. Die Reisebranche mahnt dennoch, dass es ihr weiterhin an einer Öffnungsperspektive fehlen würde. Bei fallenden Fallzahlen müsse bald eine entsprechende Strategie erarbeitet und umgesetzt werden.