Endlich wieder durch die Welt reisen können, ohne in jedem Land einen neuen PCR-Test machen zu müssen? Die Lufthansa hat Hoffnung, dass so etwas mit einer Art Immunititsäpass möglich sein könnte.
Für Fluggesellschaften sind die aktuellen Zeiten in wirklich in jeder Hinsicht hart. Nicht nur haben die erneuten Beschränkungen in Europa dazu geführt, dass die Buchungszahlen selbst im Vergleich zum Sommer wieder enorm eingebrochen sind. Gleichzeitig ist weiterhin völlig unklar, wie sich die Situation im kommenden Jahr weiterentwickelt, sodass sich auch die Zahl der Vorausbucher weiter stark in Grenzen hält. Klar ist für Airlines deshalb, dass sie ihre Strategien überdenken und neue Wege gehen müssen. Bei der Lufthansa könnte ein Fokus neben verschiedenen Test-Möglichkeiten für Passagiere auch ein sogenannter Immunitätspass sein, wie Björn Becker, Senior Director, Product Management, Ground and Digital Services, gegenüber Simpleflying in einem Interview erklärt hat.
Bedeutung von Immunitätspässen könnte deutlich steigen
Die Idee eines sogenannten Immunitätspasses gibt es schon länger – bereits Mitte des Jahres wurde darüber diskutiert, ob zuvor Infizierte so zusätzliche Freiheiten im Alltag genießen konnten. Aus ethischen und auch praktischen Gründen wurde die Debatte allerdings in den meisten Ländern recht schnell wieder beendet. Dennoch könnten Immunitätspässe in Zukunft wieder eine größere Rolle spielen, besonders mit Blick auf einen Impfstoff. Sobald eine relevante Anzahl an Bürgern eines Landes zumindest temporär immun ist, dürfte eine klare Differenzierung eine größere Rolle spielen als aktuell, wo in den meisten Ländern deutlich weniger als 10 oder gar 5 Prozent der Bevölkerung bereits eine Infektion mit dem Coronavirus hinter sich gebracht haben. Eine Rolle spielen könnte das auch für die Strategie der Lufthansa. So erklärt Becker im Interview:
Viele, viele Regierungen schauen sich das aktuell an. Sobald wir mehr und mehr Leute haben, die wegen eines Impfstoffes oder weil sie bereits krank waren, immun sind, wird das Thema Immunitätsausweis wieder aufkommen. Aber wie bekannt ist, gibt es auch eine gesellschaftliche und politische Diskussion, ob diese Immunität genutzt wird oder ob Informationen über Immunität für eine solche Art von Services genutzt werden. Ich bin mir nicht sicher, wohin sich das entwickelt, aber ich bin ziemlich sicher, dass wir komplett getestete Flüge sehen werden und/oder Leute vor dem entweder getestet werden oder immun sein müssen.
Lufthansa-Führungskraft Björn Becker im Interview mit Simpleflying
Es fällt bei den Formulierungen von Becker klar auf, dass noch eine gewisse Unsicherheit vorliegt, man bei der Lufthansa aber bereits stark auf das Thema Immunität setzt.
Überraschend kommt das nicht, denn eine entsprechende Strategie ist zwingend notwendig, damit Airlines wie die Lufthansa in Zukunft wieder profitabel arbeiten können. Sollten sich Einreise- und Reisebeschränkungen in den kommenden Monaten oder gar über das gesamte Jahr 2021 nicht deutlich entspannen, dürfte die finanzielle Situation für die Lufthansa und ihre Konkurrenten noch einmal deutlich schlechter werden – ohne Staatshilfe würde dann wohl kaum eine Fluggesellschaft überleben. Dass Immunitätsausweise da einen Hoffnungsschimmer darstellen, dürfte niemanden überraschen.
Lufthansa baut schon jetzt auf eine Teststrategie
Bei den Planungen der Lufthansa fällt generell auf, dass man in Frankfurt nicht mit einer schnellen Rückkehr zur Normalität rechnet. Stattdessen geht die Airline davon aus, dass sowohl Tests als auch die Immunität zukünftig eine größere Rolle einnehmen werden. Schon jetzt gibt es erste Testflüge, bei denen nur negativ getestete Passagiere an Bord dürfen, etwa auf der Verbindung von Hamburg nach München. Darüber hinaus bietet die Lufthansa schon länger die Möglichkeit an, bei einem Partner wie Centogene an den Hubs in Frankfurt und München vor dem Flug einen PCR-Test zu machen. Ebenfalls gehören mittlerweile auch Schnelltests zum Repertoire der Lufthansa an ihren wichtigsten Basen. Besonders für Flüge in Länder wie China, die rigide Bestimmungen für die Einreise mit einem negativen Test haben, arbeitet die Lufthansa an weiteren Lösungen, um den Flugverkehr aufrechtzuerhalten und ausbauen zu können.
Dass Immunität und verstärkte Tests in den nächsten Monaten weiter an Bedeutung gewinnen werden, zeigt sich auch an den zuletzt in vielen Ländern erneut verschärften Einreisebestimmungen. Beispielsweise verlangt Spanien mittlerweile bei der Einreise einen negativen PCR-Test, dasselbe gilt für viele andere Länder, die ihre Grenzen wieder öffnen. Ein aktuelles Beispiel ist etwa Chile, das Touristen wieder ins Land lässt, aber eben nur mit negativem PCR-Test. Klar ist deshalb, dass die Lufthansa das Thema Tests weiter forcieren wird und gleichzeitig die Immunität und einen möglichen Immunitätsausweis im Blick haben wird, um das Flugangebot wieder deutlich erweitern zu können. Allzu unrealistisch erscheint das nicht, denn zumindest die bekannten Impfpässe ermöglichen schon seit Jahren die Einreise in bestimmte Länder. In gewissem Maße handelt es sich hierbei auch um eine Art Immunitätsausweis, der allerdings eben nur mit einer Impfung in Verbindung steht und nicht mit einer bereits durchgemachten Infektion.
Fazit zu der Hoffnung der Lufthansa auf einen Immunitätsausweis
Eine Art Immunitätsausweis würde die Welt für die Lufthansa zweifelsfrei einfacher machen. Klar ist allerdings auch, dass es bis zu einem solchen Ausweis noch einen weiten Weg und viele Debatten geben wird. Mit der Hoffnung auf einen Impfstoff ab Ende des Jahres könnten aber auch die Pläne der Lufthansa an Bedeutung gewinnen. Mit einer Kombination aus Immunität und Tests ist die Lufthansa zweifelsfrei auf einem guten Weg, um nach der Krise das Flugangebot wieder hochzufahren – vermutlich nicht von einem Tag auf den anderen, aber stetig.