Die Negativnachrichten aus dem Hause Boeing scheinen nicht abzubrechen. Erneut rechnet man damit, dass sich die Auslieferung der neuen Boeing 777X verzögert, wie der Erstkunde Emirates in einem Interview verlauten ließ.
Neben der 737 MAX hat der US-amerikanische Flugzeugbauer Boeing ein anderes bekanntes Sorgenkind: Die Boeing 777X. Nun berichtet reuters.com nach Aussagen des Emirates-Chefs, dass sich die Auslieferung noch weiter verzögern wird. Emirates wird mit Lufthansa Erstkunde des neuen Modells sein.
Boeing 777X wird frühestens in 2023 fliegen
Die Unfälle und Rezertifizierung der Boeing 737 MAX haben dem Flugzeugbauer viele Änderungen und Anpassungen ins Haus gebracht. Dementsprechend hat man aus der vorherigen Situation gelernt und möchte die neugewonnenen Erkenntnisse in den Entwicklungs- und Zertifizierungsprozess der 777X einfließen lassen. Das ließ der Boeing-Chef bereits im letzten Jahr verlauten und versicherte, dass man beim neuen 777-Nachfolger weiter eng mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten wird.
It is a question of when that aircraft is going to be completed and certified and offered for entry of service. That could be ‘22, could be ‘23, it could be even longer. So we will just wait and see as to what Boeing will do with regard to that and we will take a view as to how they fit into the fleet at that particular time.
Tim Clark, Emirates President
Das wird aber auch als Grund für die verspätete Auslieferung des neuen Flugzeugmusters genannt. Emirates-Chef Tim Clark bestätigte reuters.com, dass er deshalb nicht mit einer Auslieferung vor 2023 rechnen würde, gegebenenfalls sogar noch später. Beim Chef der Airline scheinen vor allem Unklarheiten im Zeitplan des Flugzeugbauers zu dieser Aussage zu führen. Diese Vermutung ist nicht ganz grundlos, da Boeing die Auslieferung bereits um zwei Jahre ins Jahr 2022 geschoben hat. Eine erneute Verzögerung hätte weitreichende Auswirkungen.
Hinzu kommt, dass auch Boeing von der Pandemie hart getroffen wurde. Neben dem Grounding der 737 MAX, womit Boeing bis weit ins Jahr 2020 zu kämpfen hatte, sind insgesamt nur knapp über 150 Flugzeuge ausgeliefert worden – weitaus weniger als beim europäischen Pendant Airbus. Dies führt selbstverständlich zu Anpassungen in der Produktionsplanung und weitreichenden Folgen in der Gesamtausrichtung des Unternehmens.
Kein Kommentar von Boeing
Nachdem Emirates nur eine von vielen Fluggesellschaften ist, die sich über die Verzögerung bereits geäußert hat, fehlt von Boeing selbst noch ein Kommentar zu diesen Aussagen. Eigentlich sollte das neue Flugzeugmuster bereits seit Juni 2020 für Emirates im Dienst sein. Von der Boeing 777X hat Emirates 150 Bestellungen aufgegeben. Das hängt vor allem damit zusammen, dass man die mittlerweile alternden, aber sehr zuverlässigen Boeing 777 ersetzen möchte.
Dementsprechend sieht Tim Clark auch keine Probleme mit dem neuen Muster. Anders sehen das europäische Behörden. Diese haben bereits angekündigt den Zertifizierungsprozess nach den Unfällen der beiden 737 MAX noch genauer und kritischer angehen zu wollen. Bei diesen Unfällen sind insgesamt 346 Menschen ums Leben gekommen. Beide Unfälle haben neben den Problemen der 737 MAX vor allem auch massive Verfehlungen der Zulassungsbehörden in den USA und Europa offenbart.
Fazit zur möglichen erneuten Verspätung der 777X
Emirates ist ein langjähriger und enger Partner von Boeing, dementsprechend kann man vermuten, dass an den Aussagen von Clark etwas dran ist. Trotzdem ist es bedenklich, dass der einst größte Flugzeugbauer der Welt weiterhin mit den Fehlern der Vergangenheit zu kämpfen hat. Immerhin: Beim Zertifizierungsprozess der Boeing 777X möchte man alles besser machen und gegebenenfalls dafür eine erneute Verzögerung in Kauf nehmen. Wir sind gespannt, ob und wann Boeing sich dazu äußern wird.