Der CEO der Deutschen Bahn knüpft eine Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket an Bedingungen. Die Regierung müsste mehr in die Infrastruktur investieren.

Seit dem 1. September ist das 9-Euro-Ticket Geschichte. Viele Nutzer und Nutzerinnen trauern dem Ticket bereits jetzt schon hinterher. Die Politik und die Chefetage der Deutschen Bahn sind sich ihrer Gefühle jedoch noch nicht ganz so sicher. Bahnchef Richard Lutz sieht eine erfolgreiche Weiterführung des günstigen Ticketangebots nur unter einer Bedingung: Der Staat muss gleichzeitig in die Infrastruktur der Deutschen Bahn investieren, so seine Aussage gegenüber dem Handelsblatt.

Lutz fordert Investitionen in Infrastruktur

Der Bahnchef scheint die Begeisterung um das 9-Euro-Ticket zu verstehen. In einem ausführlichen Interview mit dem Handelsblatt macht er jedoch deutlich: Eine Nachfolgeversion wäre zum jetzigen Zeitpunkt nicht tragbar. Die Infrastruktur der Deutschen Bahn bedarf umfassender Sanierungen.

Durch das dreimonatige Angebot des günstigen Tickets haben sich die Defizite nur noch deutlicher gezeigt. Es muss Geld fließen: laut Richard Lutz sollte für jeden Euro, der in ein Nachfolgeticket fließt, auch gleichzeitig ein Euro in die Modernisierung der deutschen Schienennetze fließen.

Wissing und Lindner nun doch für eine Neuauflage

Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) plädierte bereits seit Wochen für eine abgeänderte Version der ÖPNV-Tickets. Bisher blockierte jedoch Parteichef Christian Lindner jegliche Nachfolgeversionen des 9-Euro-Tickets. Nun scheint Wissing seinen Parteikollegen wohl doch umgestimmt zu haben. Der Weg für ein modernes ÖPNV-Ticket ist frei.

Wie genau dieses neue Ticket aussehen soll, wurde jedoch noch nicht spezifiziert. Im Gespräch sind aber Umstrukturierungen der derzeitigen Tarife, die Digitalisierung der Tickets und Prozesse sowie eine Finanzierung von Bund und Ländern. Finanzminister Lindner fordert nun die Länder dazu auf, den Vorschlag des Bundesverkehrsministers zu evaluieren.

Zahlreiche Vorschläge und erste Umsetzungen

Vorschläge für einen Nachfolgetarif gibt es bereits zahlreiche. So gibt es bereits Landkreise, die eine Nachfolgeversion auf eigene Faust planen. Im Landkreis Lüchow-Dannenberg in Niedersachsen gibt es beispielsweise seit dem Ende des 9-Euro-Tickets stattdessen ein 365-Euro-Ticket, das Kunden und Kundinnen ein Jahr die Nutzung des dortigen öffentlichen Nahverkehrs auch weiterhin kostengünstig ermöglicht.

In Kehl in Baden-Württemberg wurde das 9-Euro-Ticket bis Oktober für weitere zwei Monate verlängert. Und auch die Hauptstadt plant eine eigene, kostengünstige Version des Verbundtickets ab Oktober. Hamburg und NRW bringen ebenfalls eigene Versionen und Alternativoptionen auf den Markt. An einer Vielfalt an Vorschlägen mangelt es derzeit also keinesfalls.

Verbraucherzentrale fordert Preisbindung

Dass das Angebot des 9-Euro-Tickets ein Ende genommen hat, ist eine unumstößliche Tatsache. Um Verbraucher und Verbraucherinnen dennoch zu schützen, fordert Marion Jungbluth, Leiterin der Mobilitätsabteilung der Bundesverbraucherzentrale, eine Preisbindung, um die Zeit bis zu einem Nachfolgeticket zu überbrücken. Derzeit drohen massive Preiserhöhungen, die auch die Preise der Zeit vor der Einführung des 9-Euro-Tickets deutlich übersteigen werden. Um das zu verhindern und die Kosten für die Nutzer und Nutzerinnen des ÖPNV zumindest auf einem stabilen Level zu halten, müsse eine Preisbindung eingeführt werden.

29-, 49- oder 69-Euro Ticket?

Langfristig fordert die Verbraucherzentrale ein 29-Euro-Ticket, das regional genutzt werden kann. Ähnlich auch die Grünen – diese fordern zusätzlich ein 49-Euro-Ticket, dass zudem auch deutschlandweit verwendet werden kann. Neben den Forderungen der Grünen und der Verbraucherzentrale gibt es jedoch auch Stimmen aus der SPD, die ein deutschlandweites 49-Euro-Ticket durchaus begrüßen würden.

Der Verband der Verkehrsunternehmen fordert derweil die Umsetzung eines 69-Euro-Tickets mit einer Finanzierung über ein Sondervermögen. Die Umsetzung würde zwei Milliarden Euro pro Jahr kosten. Das Argument des VDV-Geschäftsführers Oliver Wolff? Für die Bundeswehr war kürzlich ja auch ein Sondervermögen verfügbar.

Fazit zu den Bedingungen des Bahnchefs für einen Nachfolger des 9-Euro-Tickets

Bisher gibt es noch keine offizielle Nachfolgeversion für das 9-Euro-Ticket. Um das Thema läuft jedoch eine hitzige Debatte. Dabei gehen die Meinungen stark auseinander. Dennoch: die Mehrheit scheint zur Weiterführung einer abgewandelten Version des Tickets zu plädieren. Nun hat auch Bundesfinanzminister Christian Lindner eingelenkt und den Weg für ein Nachfolgeticket frei gemacht. Für Bahnchef Richard Lutz kann dies jedoch nur in Verbindung mit finanzieller Unterstützung für die Modernisierung des deutschen Schienennetzes funktionieren. Ob das jedoch im kommenden Sorgen-Herbst überhaupt ein Thema ist, bleibt abzuwarten.

Ihr habt spannende Informationen, Euch fehlen wichtige Themen oder Ihr habt einfach eine Anregung für neue Content Ideen? Dann sendet sie uns über dieses Formular!

Autor

Sonja Issel ist seit Juni 2022 als Autorin Teil des reisetopia Content-Teams. Sie ist mit Leib und Seele Journalistin. Besondere Orte und Geschichten aufzuspüren sind ihre Leidenschaft. Ihre Expertise setzt sie jetzt für euch ein, um die besten Reisedestinationen zu finden - und um euch bezüglich News Up-To Date zu halten.

Fragen? In der reisetopia Club Lounge auf Facebook beantworten wir Eure Fragen.