Die zweitgrößte Fluggesellschaft in Südamerika, Avianca, hat Insolvenz angemeldet. Über das Verfahren versucht die Airline sich zu restrukturieren – in Anbetracht der Folgen des Coronavirus und mehr als sieben Milliarden US-Dollar Schulden wenig überraschend.

Avianca hat eine der längsten Geschichten von kommerziellen Fluggesellschaften. Als älter gilt weltweit nur die niederländische KLM. Doch ob die Geschichte noch weitergeht, ist aktuell mehr als offen, denn mit dem zweiten Insolvenzantrag von Avianca im 21. Jahrhundert weiß niemand, ob es die Fluggesellschaft im nächsten Jahr noch geben wird. Besonders gravierend ist die Insolvenz in Anbetracht dessen, dass in den letzten Jahren schon die Töchter Avianca Argentinia und Avianca Brasil den Betrieb einstellen müssten.

Avianca war schon vor der Krise hoch verschuldet

Wenngleich Avianca in der Meldung zum Eintritt in das Insolvenzverfahren nach Chapter 11 in New York primär auf den Ausbruch des Coronavirus schiebt, war die Situation der Fluggesellschaft schon zuvor sehr schlecht. Im letzten Geschäftsjahr hatte die Airline einen relevanten Verlust gemacht und darüber hinaus einen Schuldenberg von 7,3 Milliarden US-Dollar (~ 6,7 Milliarden Euro) angehäuft, wie Reuters berichtet. Hintergrund der Verluste war ein schneller Expansionskurs in den letzten Jahren, in Südamerika genauso wie auf Strecken nach Europa. Auch deshalb hatte Avianca das Programm ‘Avianca 2021’ eingeleitet, das eine Konsolidierung und einen stärkeren Fokus auf Gewinne bringen sollte.

In der Insolvenzmeldung verweist die Airline darauf, dass sie hierbei gute Fortschritte gemacht hätte und noch Anfang des Jahres neues Geld von Investoren erhalten hat. Die Coronakrise allerdings hat den Bemühungen der Airline den Gar ausgemacht, da Flüge in fast allen relevanten Märkten Südamerikas komplett verboten wurden. Noch zeichnet sich zudem kein Neustart des Betriebs an, vor Juni darf Avianca auf den meisten Strecken wohl nicht wieder fliegen. Die Airline spricht davon, dass 88 Prozent der Routen betroffen sind und es keine Klarheit gibt, ab wann die Maschinen wieder abheben dürfen. Zudem verweist die Airline darauf, dass die Umsatzeinbrüche bei Airlines weltweit bei knapp 90 Prozent liegen und sich auch Avianca diesem Effekt nicht entziehen könne.

Keine Staatshilfen für Avianca in Kolumbien oder Peru

Für Avianca kommt es in Hinblick auf die Krise rund um das Coronavirus allerdings doppelt bitter, denn die Fluggesellschaft muss nicht nur mit gravierenden Einschränkungen und einem totalen Einbruch des Umsatzes zurechtkommen. Gleichzeitig erhält Avianca keine Staatshilfen. Versucht hatte die Airline sowohl in Peru als auch in Kolumbien, den beiden wichtigsten Märkten der Fluggesellschaft, Hilfen vom Staat zu erhalten. Besonders in Kolumbien, wo Avianca mehr als 50 Prozent des Marktes beherrscht, hatte die Fluggesellschaft auf Unterstützung gehofft. Da die Airline allerdings quer über den Kontinent verschiedene Basen hat und zudem den Unternehmenssitz zum Sparen von Steuern nach Panama verlegt hatte, konnte sich die kolumbianische Regierung nicht zu Hilfen durchringen.

Avianca betreibt zwar den größten Teil der Langstreckenflotte ab Bogota, allerdings ist die Airline darüber hinaus auch mit Töchtern in Costa Rica, Ecuador, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Peru tätig. Wie aus der Mitteilung zur Insolvenz hervorgeht, wird Avianca in diesen Märkten auch weiterhin darauf hinarbeiten, Hilfen in der Krise zu erhalten. Einen besonderen Fokus möchte die Airline dabei auf Kolumbien legen, um im wichtigsten Markt Staatshilfen zu bekommen. Dies ist im Rahmen des Chapter 11-Verfahren, mit dem sich auch viele US-Fluggesellschaften nach den Terroranschlägen in New York im Jahr 2001 restrukturiert haben, möglich.

Betrieb soll fortgeführt werden, Kunden sollen Geld zurückerhalten

Avianca hat angekündigt, dass der Flugbetrieb trotz der Insolvenz in den kommenden Monaten fortgesetzt beziehungsweise wiederaufgenommen werden soll. Die Airline hat vor Gericht in New York, wo die Fluggesellschaft den Insolvenzantrag gestellt hat (dies steht auch Firmen offen, die ihren Sitz nicht in den Vereinigten Staaten haben, dort aber eine Holding haben), darum gebeten, den Betrieb fortführen zu können. Im Zuge dessen sollen auch weiterhin Gehälter sowie Lieferanten und Airports bezahlt werden, damit der Betrieb aufrechterhalten werden kann.

Positiv fällt zudem auf, dass Avianca angekündigt hat, dass Kundengelder bis auf Weiteres erstattet werden sollen. Wenn Kunden einen Flug nicht antreten können, da dieser wegen lokaler Bestimmungen nicht stattfinden darf, möchte Avianca weiterhin eine Erstattung oder eine Umbuchung anbieten. Darüber hinaus will die Airline auch während der Insolvenz ein Teil der Star Alliance bleiben und weiterhin alle Vorzüge eines Status bieten – inklusive Zugang zu Lounges. Auch das Sammeln und Einlösen von Meilen auf Flügen mit Avianca soll weiterhin problemlos möglich sein.

Vielfliegerprogramm LifeMiles vorerst nicht betroffen

Besonders relevant findet manch einer die Insolvenz von Avianca sicherlich auch aufgrund des Vielfliegerprogramms LifeMiles. Dieses erfreut sich großer Beliebtheit, da Meilen immer wieder mit sehr hohen Boni verkauft werden. Dadurch lassen sich oftmals günstige Tickets in der Business und First Class verschiedener Star Alliance Fluggesellschaften, darunter auch der Lufthansa buchen. Laut einer Meldung des Programms ist dieses für den Moment nicht von der Insolvenz betroffen. Da es sich um eine unabhängige Firma handelt, muss diese auch nicht in die Insolvenz. Der Antrag zur Restrukturierung nach Chapter 11 betrifft nur die Fluggesellschaft und ihre Töchter, nicht aber das Vielfliegerprogramm.

Bei diesem gäbe es keinerlei Einschränkungen, heißt es auf der Webseite von LifeMiles weiter. Demnach können Meilen weiterhin bei allen Partnern eingelöst und gesammelt werden. Auch der Kauf von Meilen ist weiterhin möglich, genauso die Nutzung der Meilen für Flüge mit Star Alliance Mitgliedern. Wir raten allerdings dennoch dazu, vorhandene Meilen schnellstmöglich für Flüge in der Zukunft einzusetzen und vorerst auf den Kauf von Meilen zu verzichten. Sollte Avianca die Insolvenz nicht überleben, hätte dies garantiert auch Folgen für LifeMiles – das hat man schon vor wenigen Jahren bei der Insolvenz von airberlin und dem ebenfalls in eine eigene Firma ausgelegte topbonus-Programm.

Fazit zur Insolvenz von Avianca

Mit Avianca meldet die bislang größte Fluggesellschaft Insolvenz in Zeiten des Coronavirus an. Zuvor hatte unter anderem schon Virgin Australia eine Insolvenz angemeldet, auch South African Airways wird die Krise wohl nicht überleben. Für Avianca stehen die Zeichen zumindest insofern gut, als das Chapter 11-Verfahren schon viele Airlines positiv durchlaufen haben und gestärkt daraus hervorgegangen sind. Auch die große Bedeutung der Airline in einigen Märkten in Südamerika spricht dafür, dass Avianca die Krise trotz Insolvenz überleben könnte.

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Autor

Moritz liebt nicht nur Reisen, sondern auch Luxushotels auf der ganzen Welt. Mittlerweile konnte er über 500 verschiedene Hotels testen und dabei mehr als 100 Städte auf allen Kontinenten kennenlernen. Auf reisetopia lässt er Euch an seinen besonderen Erlebnissen teilhaben!

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