In Zügen und Flugzeugen gilt in Deutschland weiterhin eine vollständige Maskenpflicht – die Maßnahme wird auch über den Winter verlängert. Gerade bei grenzüberschreitenden Strecken führt das zu der einen oder anderen kuriosen Situation.
Wer im Sommer 2022 in Bus, Bahn oder Flugzeug unterwegs ist, der sieht und hört überall die gleichen Hinweise: In öffentlichen Verkehrsmitteln, egal auf welcher Streckenlänge, sind Masken vorgeschrieben. Je nach Region gilt im öffentlichen Nahverkehr sogar die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske, in Flugzeugen und im Fernverkehr der Deutschen Bahn sind dagegen nur medizinische Masken vorgeschrieben. Die neue Fassung des Infektionsschutzgesetzes sorgt dafür, dass dies auch über den Winter so bleiben wird – zumindest im Fernverkehr und in Flugzeugen. Unabhängig vom Sinn oder Unsinn der Maßnahme geht Deutschland dabei einen Sonderweg, denn in den meisten Ländern sieht es längst anders aus, was zu der einen oder anderen verwirrenden Situation für Reisende führt.
Kuriosum Maskenpflicht im Flugzeug
Besonders bizarr mutet es teilweise schon jetzt an, ein Flugzeug zu betreten. In Innenräumen, also etwa auf Flughäfen, gibt es schon länger keine Maskenpflicht mehr. Das bedeutet konkret: Eng an eng in der Sicherheitskontrolle zu stehen oder sich beim Boarding zu drängeln, um dann im Gang zum Flugzeug in Kuschelnähe zu stehen, bedarf keiner Maske. An Bord ist dann allerdings zwingend eine Maske aufzuziehen, sofern man von oder nach Deutschland fliegt. Zumindest theoretisch, denn in der Praxis scheinen die Airlines es immer nach der Maßgabe zu handhaben, welche Destination angesteuert wird und mit welcher Airline man unterwegs ist. Ein Beispiel, um das Kuriosum zu illustrieren:
- Fliegt man mit der Lufthansa von Frankfurt nach London gilt am Flughafen keine Maskenpflicht, an Bord aber schon
- Fliegt man mit British Airways von Frankfurt nach London gelten theoretisch dieselben Regeln, in der Praxis trägt aber fast niemand eine Maske
Was nämlich relevant ist, sind zwei Aspekte. Zum einen, ob die Fluggesellschaft eine Maskenpflicht vorschreibt (so etwa die Lufthansa) und zum anderen, wo das Flugzeug startet und landet. Relevant ist für die Maskenpflicht an Bord theoretisch sowohl der Abflug- als auch der Zielort. Während man bei British Airways auf der Strecke von Frankfurt nach London eigentlich eine Maske tragen müsste, wird dies in der Praxis kaum gemacht – auch nicht zu dem Zeitpunkt, an dem das Flugzeug noch in Frankfurt am Boden steht. Auf der Gegenrichtung weist die Crew dagegen schon beim Boarding darauf hin, dass bei Flügen nach Deutschland eine Maskenpflicht gilt. Hier muss man bereits in London am Boden eine Maske aufsetzen und diese während des gesamten Fluges und bis zum Verlassen des Flugzeuges tragen.
Als die meisten Länder und Airlines noch ähnlich Regeln hatten, war dies kein allzu großes Thema, gab es doch eine gewisse Konstanz. Heutzutage allerdings gilt bei den meisten Airlines keine Maskenpflicht mehr und auch viele Länder verzichten darauf. Bei der Lufthansa Group wird es dabei besonders wild, denn während die Lufthansa und Austrian Airlines sowie Air Dolomiti weiterhin eine Maskenpflicht haben, gibt es bei Swiss und Brussels Airlines schon länger keine Maskenpflicht mehr. Heißt konkret: von Basel nach London fliegt man ohne Maske, von München nach London mit Maske. Wer die Maskenpflicht umgehen möchte, der kann also einfach von grenznahen Flughäfen starten – etwa ab Prag, Amsterdam, Brüssel, Luxemburg oder Basel.
Regeln werden kaum mehr durchgesetzt
Längst haben aber auch die Airlines die Regeln entweder vergessen oder setzen sie nicht mehr durch, wie nicht nur das oben aufgezeigte Beispiel zeigt. Ist man mit der Lufthansa unterwegs, wird die Maskenpflicht meist recht rigide durchgesetzt – auch wenn die Fluggesellschaft die Durchsetzung nicht mehr seitens der Crew verlangt. Genauso wurde auf meinen Flügen von London nach Berlin immer wieder darauf hingewiesen, dass eine Maske zu tragen ist. In der Gegenrichtung wurde der Umstand, dass niemand eine Maske trägt, dagegen problemlos hingenommen. Bei anderen Fluggesellschaften wie Turkish Airlines wird dagegen gerne auch generell auf den Hinweis verzichtet und bei meinem Flug von Brüssel nach Berlin vor wenigen Wochen trug im Grunde niemand eine Maske – auch die Crew nicht. Dies wäre allerdings mit Blick auf die Regeln des Ziellandes zwingend erforderlich gewesen. Es scheint ein wenig so, als würden die teils kurios anmutenden Regelungen auch von den Fluggesellschaften absichtlich ignoriert.
Gänzlich überraschend ist das nicht, was sich auch bei anderen Verkehrsmitteln zeigt: Wer mit dem Zug unterwegs ist, bekommt das ganz besonders stark mit, denn hier kommt es anders als beim Flugzeug nicht auf das Ziel des Verkehrsmittels an, sondern auf den Grenzbahnhof – so zumindest meine Interpretation. Möglich ist auch, dass man ganz konkret aus dem Fenster blicken muss, um die Grenze zu erkennen, so recht weiß das niemand. Für die Praxis bedeutet das, dass man auf der Strecke von Berlin nach Prag irgendwo in der Sächsischen Schweiz die Maske abnehmen kann und sie auf der Rückfahrt auch wieder dort aufsetzen muss. Da niemand wirklich durchblickt, trägt auf dem Weg von Prag nach Deutschland allerdings meist bis mindestens Dresden kaum jemand eine Maske. Die Schaffner scheinen diesen Status Quo mittlerweile ebenfalls hingenommen haben.
Unklare Maskepflicht bei der Deutschen Bahn
Das Kuriosum setzt sich auch darüber hinaus noch weiter fort. Da Deutschland im Grunde als einziges Land im Herzen Europas noch eine generelle Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr hat, gilt die Maskenpflicht fast immer nur bis zur Grenze. Hier fragt man sich als Reisender, was das denn konkret für die entsprechenden Bahnunternehmen bedeutet. Bei der tschechischen Bahn gilt genauso wie auch bei der französischen eigentlich keine Maskenpflicht, sehr wohl ist das aber der Fall, sobald ein Zug dieser Unternehmen deutschen Boden berührt. Das gilt unabhängig davon, ob die Züge ab diesem Zeitpunkt von deutschem Personal betrieben werden (so etwa bei den Kooperationen mit der tschechischen oder polnischen Bahn) oder von dem ausländischen Bahnunternehmen (so etwa beim Thalys).
Die Deutsche Bahn spricht auf ihrer eigenen Webseite grundlegend davon, dass es eine generelle Maskenpflicht gibt – von Ausnahmen für das Ausland ist keine Rede:
In den Zügen der Deutschen Bahn und in den Verkehrsmitteln des öffentlichen Nahverkehrs besteht weiterhin die Pflicht, einen medizinischen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Wir empfehlen, eine FFP2-Maske zu benutzen.
Corona-Informationen der Deutschen Bahn
Doch in der Praxis gibt es bei der Grenzüberquerung auch in Fernzügen der Deutschen Bahn keine Maskenpflicht mehr. Wer mit dem ICE von Köln nach Amsterdam oder Brüssel fährt, der muss nach der Überquerung der Grenze keine Maske mehr tragen. Dasselbe gilt auf den Fernzügen in die Schweiz oder nach Frankreich. Das Beispiel zeigt auch bereits schön, wie “einzigartig” die bestehende Regelung in Deutschland noch ist. Dass Reisende so kaum mehr den Durchblick behalten können, kommt zudem nicht gerade überraschend.
Deutschland bleibt bei seinem Sonderweg
Verändern wird sich das so schnell wohl nicht, denn mit dem neuen Infektionsschutz geht Deutschland weiterhin seinen Sonderweg. Die Maskenpflicht in Zügen und Flugzeugen bleibt bestehen, auch wenn es sie in anderen Bereichen längst nicht mehr gibt. Internationale Reisen mit dem Zug oder Flugzeug bleiben somit eine kuriose Sache, wobei davon auszugehen ist, dass Reisende die bestehenden Regeln in den nächsten Monaten wohl immer öfter ignorieren werden. Für jeden, der aktuell auf grenzüberschreitenden Strecken unterwegs ist, sieht schon jetzt, dass die eigentlich geltenden Regeln ignoriert werden – Widerreden oder eine echte Kontrolle scheint es zudem schon länger nicht mehr zu gehen. Der deutsche Sonderweg könnte so bald zu einem rein theoretischen werden – zumindest bei einem nicht zu vernachlässigenden Anteil der Reisenden.