Die Lufthansa will den sogenannten Net Promoter Score unbedingt verbessern – insbesondere bei regelmäßigen Kunden. Woran es dabei teilweise scheitert, zeigt ein aktuelles Beispiel einer meiner Reise.
In den vergangenen Monaten ging es bei der Lufthansa viel darum, wie man die Kundenzufriedenheit verbessern könnte, um die Kernmarke wieder in Form zu bringen. Besonders im Fokus dabei: Vielflieger und Reisende in der Business Class, die oftmals teure Tickets auf Kurz- und Langstrecken buchen. Mit ihren komplexen internen und externen Regeln steht sich die Airline dabei allerdings selbst im Weg – ein Umstand, den man vergleichsweise einfach in den Griff bekommen könnte.
Das Kuriosum der minimalen Umstiegszeit
In den vergangenen Wochen war ich gleich mehrmals mit der Lufthansa Group unterwegs und konnte dabei im Großen und Ganzen recht pünktliche Flüge erleben, was ich an dieser Stelle positiv hervorheben möchte. Doch es bleiben zwei Erlebnisse hängen, die ein grundlegendes Problem bei der Lufthansa zeigen: fehlende Flexibilität und Kundenorientierung.
Beginnen wir Mitte März in Wien: Für meinen Rückflug von Tiflis nach Berlin konnte ich eine Umsteigeverbindung mit 25 Minuten Umstiegszeit buchen. Richtig gelesen: Bei einer Verbindung von einem Non-Schengen-Land in die Schengen-Zone plant Austrian Airlines trotz notwendiger Pass- und Sicherheitskontrolle, einen Umstieg anbieten zu können, bei dem das Boarding für den Anschlussflug fünf Minuten vor der Landung des ersten Fluges beginnt. Selbst wenn man den Umstieg schaffen würde, das potenziell aufgegebene Gepäck hätte wohl keine Chance.
Wenig überraschend hat das nicht einmal im Ansatz funktioniert (was mir davor schon mit einem Blick auf die Ankunftszeiten des Fluges aus Tiflis an anderen Tagen klar war). Dass man dann im Flugzeug für kurze Verbindungen einen direkten Transfer am Boden durchgesagt hat, sollte kurz Hoffnung aufkommen lassen. Nicht genannt wurde dabei aber mein Flug nach Berlin. Das Personal am Boden meinte dazu nur: “Der Flug steht nicht auf der Liste, versuchen sie ihr Glück im Terminal.”
Fünf Minuten später war das Boarding geschlossen und der Flug weg, die automatische Umbuchung (wohlgemerkt mit der Möglichkeit, alternativ jede andere Verbindung, auch mit Umstieg zu wählen) klappt dann problemlos und gute zwei Stunden später als geplant war ich auch in Berlin angekommen. Alles kein Drama (immerhin habe ich diese Verbindung bewusst gewählt, um das Himmelfahrtskommando zu testen), aber eine Entschädigung oder Ähnliches erhält man in diesem Fall natürlich nicht – eine Entschuldigung genauso wenig.
Schneller als die Mindestumstiegszeit
Wichtig ist diese Geschichte im Kontext meines Fluges zwei Wochen später, dieses Mal von Edinburgh via Frankfurt nach München. Hier nämlich wurde eine Verbindung mit einer Umstiegszeit von 30 Minuten nicht angeboten, wodurch (an einem Sonntag) stattdessen die Buchung einer Verbindung mit 2 Stunden und 30 Minuten Umstiegszeit notwendig war. Klingt per se vernünftig, will man bei der Lufthansa doch genau hier weniger knapp vorgehen und zu viele Umbuchungen verhindern.
Nun war mein Flug aus Edinburgh allerdings etwas zu früh in Frankfurt und trotz De-Boarding mit dem Bus war ich etwa 15 Minuten vor dem Abflug des früheren Berlin-Fluges am entsprechenden Gate. Hier hatte das Boarding bisher nicht einmal begonnen, da der Flug wegen der Wetterverbindungen Verspätung hatte. Entsprechend dachte ich mir, dass ich ja einmal fragen könnte, ob ich auf den früheren Flug kommen könnte.
Der Mitarbeiter am Gate war dabei sehr freundlich und meinte direkt: “Ich habe gerade ohnehin noch Business Class Essen nachbestellt”. Ein freier Platz auf dem Flieger war auch schnell gefunden, sodass eigentlich alles so einfach hätte sein können. War es aber nicht, wofür man den Kontext braucht: Ich war in der Business Class unterwegs, habe einen Senator Status, aber hatte ein Saver-Ticket, das nicht zu kostenfreien Umbuchungen berechtigt.
Nun konnte ich die ursprüngliche Verbindung ja gar nicht buchen, sodass es in diesem Fall nicht per se um eine klassische Umbuchung ging. Da es ohnehin keine alternative Verbindung von Edinburgh nach Berlin an diesem Vormittag gegeben hätte, ergab es für mich schlicht und ergreifend keinen Sinn, einen höheren Tarif für mehr Flexibilität zu buchen. Dennoch: Die Tarifklasse sollte, wie es sicherlich auch viele andere schon erlebt haben, zu einem unüberbrückbaren Problem werden.
Keine Flexibilität für die Mitarbeiter
Der Mitarbeiter am Gate tat dabei sein Bestes, einen Weg zu finden, das Ticket auf den neuen Flug zu bekommen. Am Ende hätte davon niemand einen Nachteil gehabt: Die Lufthansa hätte theoretisch sogar noch ein Ticket auf dem späteren Flug verkaufen können, sogar passendes Catering war an Bord und ich wäre zwei Stunden früher zu Hause gewesen. Nun ist mir klar, dass ich rein tariflich keinen Anspruch auf diese Flexibilität hatte.
Doch genau darum geht es: Die Lufthansa ermöglicht einem Mitarbeiter am Gate nicht, einen treuen Kunden mit Senator Status, der auch noch ein teures Business Class Ticket hat, mit gesundem Menschenverständnis und ohne Nachteil für irgendjemanden auf einen früheren Flug umzubuchen. Wäre es um einen regulären Fall gegangen, bei dem ich einfach früher am Airport gewesen wäre, hätte ich das mit Blick auf den “Schutz” der teureren Tarifklassen durchaus noch verstanden.
In diesem Sonderfall aber eben nicht, denn während ich bei einem verpassten Umstieg wegen einer zu knappen Mindestumstiegszeit einfach automatisch auf einen späteren Flug umgebucht werde und zwei Stunden später zu Hause ankomme, ist das einfach mein Problem. Sofern ich dagegen das Glück habe, dass ich einen früheren Flug bekommen hätte, obwohl die Mindestumstiegszeit es nicht zugelassen hätte, gibt es keinerlei Kulanz. Bei allem Verständnis dafür, dass man so den Raum für viele Diskussionen – auch in anderen Fällen – öffnen würde, ist dieses Vorgehen einfach nicht klug.
Tarifregeln hin oder her, vergrault man genau mit dieser fehlenden Flexibilität treue Kunden, weil es einfach an dem fehlt, was jeder anderer Dienstleister in einer solchen Situation an den Tag legt: Flexibilität und gesunden Menschenverstand. Will die Lufthansa den NPS wirklich verbessern, sollte man im Management ernsthaft darüber nachdenken, ob solche Regeln Sinn ergeben und ob man nicht einfach den gut ausgebildeten Mitarbeitern die “Macht” gibt, in solchen Situationen einfach mal eine Ausnahme vom starren Regelwerk zu machen.