Ein Reisebericht der etwas anderen Art: Ich nehme Euch mit nach Kyiv, in die Hauptstadt der Ukraine, und schildere Euch meine Eindrücke und Erlebnisse vor Ort. Auch ein reisetopia Hotel habe ich dabei getestet.
Inhaltsverzeichnis
Eines vorweg: Kyiv, beziehungsweise die Ukraine, ist momentan unter dem Kriegsrecht und der Gefahrenlage natürlich absolut kein typisches Urlaubsziel und ich möchte auf keinen Fall dafür Werbung machen, unter den derzeitigen Umständen dorthin zu fahren. Dennoch berichte ich gerne darüber und möchte Euch persönliche Eindrücke schildern, um zu informieren und Einblicke zu ermöglichen, die man nicht überall findet. Und vielleicht zu inspirieren, die Stadt einmal zu besuchen, sobald es dort wieder Frieden gibt. Die Reise fand im Oktober 2023 statt.
Warum eine Reise in die Ukraine?
Anfang 2023 lernte ich meine Freundin kennen. Sie stammt aus der Ukraine und ist, wie so viele zu Kriegsbeginn, nach Deutschland geflohen. Dabei hat sie ihre Existenz, ihre Heimat und ihr altes Leben hinter sich gelassen. Um ihre Familie zu besuchen, die aus verschiedenen Gründen noch dort ist, und einige organisatorische Dinge zu klären, wollte sie im Frühjahr 2023 nach Kyiv reisen, aber für mich stand fest, dass ich sie auf jeden Fall begleiten würde. Außerdem wollte ich natürlich auch ihre Familie und ihre Heimat kennenlernen, über die ich schon so viel von ihr gehört hatte.
Unsere erste Planung für Mai 2023 wurde schnell zunichtegemacht durch die heftigen Angriffe Russlands damals. Ende September/Anfang Oktober war es aber ruhiger und wir hatten einen Zeitpunkt für unsere Reise gefunden. Die Gefahrenlage war immer noch gegeben aber wir haben uns gründlich vorbereitet und auch in der Ukraine ein gutes Netzwerk und mögliche Maßnahmen gehabt, um die reale Gefahr so weit es geht zu minimieren.
Wie kommt man in die Ukraine?
Dies ist die erste Frage, die ich gestellt bekomme, wenn ich von der Reise nach Kyiv berichte. Der Luftraum ist für den zivilen Verkehr komplett gesperrt, demnach bleibt einem nur die Anreise über die Straße (Auto, Bus) oder die Bahn. Wir entschieden uns für die Zugfahrt, denn meine Autoversicherung greift nicht in der Ukraine und die Busfahrten sind mit über 20 Stunden und unvorhersehbaren Aufenthalten und Kontrollen an der Grenze sehr beschwerlich.
Zudem war ich sehr gespannt, die “Ukrzaliznytsia” kennenzulernen, die ukrainische Eisenbahn, die bei den Einheimischen einen absoluten Kultstatus besitzt. Die Ukrainer lieben ihre Eisenbahn, die Gemütlichkeit, den Tee der serviert wird und die Tatsache, dass sie eigentlich immer fährt, selbst nach Raketenbeschuss. Zudem hat die Eisenbahn eine wesentliche Rolle bei der Evakuierung der Menschen zu Kriegsbeginn 2022 gespielt und die Mitarbeiter der Bahn gelten stellenweise als Helden. Denn die Ukrzaliznytsia fährt – im Gegensatz zur Deutschen Bahn – immer und ist zuverlässig.
Die Buchung und Zugfahrt
Die größte Hürde bei einer Reise in die Ukraine ist die Buchung des Zuges. Die Tickets für den Schlafwagen sind sehr begehrt und fast immer direkt ausgebucht, sobald neue Kontingente freigegeben werden. Zudem fahren die Züge in der Regel erst ab der polnisch-ukrainischen Grenze ab und nicht von gut erreichbaren Großstädten wie Warschau oder Berlin (mittlerweile gibt es aber auch Direktzüge von Warschau aus). Dementsprechend muss man hier auch noch Anschlusszüge buchen. Wir hatten jedoch Glück und konnten ein Abteil für uns buchen zu unserem Wunschtermin, auch wenn es leider nicht mit der “LUX”-Kategorie geklappt hat.
Die Anreise nach Chelm, von wo aus unser Zug nach Kyiv fahren sollte, war von Verspätungen und Problemen der Deutschen Bahn gezeichnet. Doch nach einem langen Tag kamen wir in dem kleinen Grenzort an und fielen in unser Hotelbett, um am nächsten Morgen den Zug in die Ukraine zu nehmen. Sofort bezogen wir unser kleines Abteil in einem der moderneren Waggons der ukrainischen Eisenbahn.
Dies war nun für die nächsten zwölf Stunden unser Zuhause. Das Abteil war einfach, mit vier Liegen, Bettwäsche, einem kleinen Tisch und einer Handyablage mit Steckdose. Auch die Toiletten waren extrem einfach, funktionierten aber einwandfrei und waren sauber.
Besonders praktisch fand ich, dass man sich an einem großen Boiler mit Heißwasser versorgen konnte und da wir gut vorbereitet waren, konnten wir unsere mitgebrachten Tütensuppen genießen. Denn ein Speisewagen fehlt leider gänzlich und so muss man für die relativ lange Fahrt selbst für seine Verpflegung sorgen. Zumindest kann man Wasser, Tee und kleine Snacks beim Zugbegleiter kaufen, allerdings ist es hier ratsam, Bargeld zu nutzen, auch wenn ein umständlicher Weg über das private Paypal des Zugbegleiters möglich ist.
Ich bin nun wahrlich nicht als Liebhaber von Zugreisen bekannt und für mich kann es auch beim Fliegen gar nicht luxuriös genug sein. Doch der Schlafwagen war unglaublich gemütlich und ich habe mich sofort wohlgefühlt: ein eigenes Bett, Tee, Snacks und das gemütliche Schaukeln der Bahn. Dazu die vorbeiziehende Landschaft, ukrainische Dörfer, stellenweise auch Befestigungen Richtung Belarus – es war spannend zu sehen und zeigte mir sogleich: Wir sind nicht mehr in der EU.
Die Grenzkontrolle verlief sehr entspannt und routiniert: auf beiden Seiten wurden die Pässe kontrolliert. Dies dauerte einige Zeit, aber dann ging es auch schon weiter Richtung Kyiv. Was mich wirklich überrascht hat: wie pünktlich wir waren! Auch auf die zwölfstündige Fahrt mit einem langen Aufenthalt an der Grenze kamen wir mit nur zwei Minuten Verspätung in Kyiv an. Das war auch nötig, denn es war mittlerweile zehn Uhr abends und ab zwölf gibt es eine Sperrstunde.
Reise nach Kyiv: Wie ist die Sicherheit?
Natürlich spielt bei einer Reise in ein Land, das sich aktiv im Krieg befindet, die Sicherheit eine wesentliche Rolle. Hier haben wir umfassende Vorkehrungen getroffen. Bei der Wahl des Hotels war es zum Beispiel wichtig, dass es einen Schutzraum gibt. Zudem waren wir über Apps und Telegram-Gruppen über Luftalarm und Angriffe informiert. Weitere Sicherheitsvorkehrungen vor Ort und in Deutschland haben sichergestellt, dass im Ernstfall Hilfe möglich ist. Zudem hatten wir Kopien aller wichtigen Dokumente dabei und in einer Cloud gespeichert.
Glücklicherweise gab es in der gesamten Zeit unserer Reise nur einen einzigen Luftalarm, der jedoch schnell wieder vorüber war und keine unmittelbare Bedrohung zur Folge hatte. Dementsprechend ruhig war unser ganzer Aufenthalt, doch alle wussten, es ist die Ruhe vor dem Sturm und im Winter sollte es wieder stärkere Angriffe geben, um die Bevölkerung mit Stromausfällen und Kälte zu terrorisieren.
Reise nach Kyiv: Wie waren die Unterkünfte?
Die ersten Tage in Kyiv verbrachten wir bei den Eltern meiner Freundin in einem Vorort. Nach dem ersten offiziellen Kennenlernen gab es ein Barbecue im Garten und natürlich jede Menge Borschtsch. Es war herzlich und auch wenn leider niemand in der Familie wirklich Englisch sprach, klappte die Kommunikation mit Händen, Füßen und Bruchstücken aus vier verschiedenen Sprachen.
Die darauffolgenden Tage hatten wir ein Airbnb in der hippen Reitarska Street, nur wenige Gehminuten vom Zentrum und vom Maidan entfernt. Direkt gegenüber befand sich “Kashtan Coffee”, eines der angesagtesten Hipstercafés von Kyiv mit tollen veganen Pancakes und Barista-Kaffee.
Aber auch darüberhinaus finden sich immer wieder kulinarische Highlights in der Stadt und man merkt einfach, dass Kreativität hier einen ganz anderen Stellenwert hat, als zum Beispiel in Deutschland. Einige Restaurants mussten jedoch leider wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage schließen oder ihre Filialen reduzieren und so ist der Eindruck aus gastronomischer Sicht auch nur eine Momentaufnahme.
Fairmont Grandhotel Kyiv
Besonders spannend fand ich bei meinem Besuch in Kyiv, ein paar Luxushotels zu besuchen, davon auch ein reisetopia Hotel. Nach unserem Aufenthalt im Airbnb ging es also ins Fairmont Grandhotel Kyiv und ich war gespannt, was uns dort erwarten würde. Wie ist ein Luxushotel, das sich in einem Kriegsland befindet? Gibt es überhaupt andere Gäste? Oder ist gar eine gespenstische Leere?
Tatsächlich war das Fairmont Kyiv nicht sehr gut besucht und nur abends füllte es sich, wo einige Veranstaltungen stattfanden: Galadinner, Charity Events für die ukrainische Armee und kleine Konzerte. Hier liegt wohl auch das Augenmerk des Hotels, denn die Veranstaltungen sahen unglaublich elegant und pompös aus, während die Zimmer, das Essen und auch der Service leider einen eher tristen und etwas nachlässigen Eindruck machten.
Unser Zimmer hatte eine gute Aussicht direkt auf den Dnipro und die Promenade, die in Friedenszeiten sehr belebt und ein beliebter Ort zum Flanieren und Verweilen ist. Das Zimmer war (wie in Hotels in der Ukraine aus Sicherheitsgründen mittlerweile üblich) in einem der niedrigeren Stockwerke und sehr geräumig.
Doch leider wirkte das Design und auch die Einrichtung etwas abgenutzt. Am deutlichsten wurde dies im Spa, das leider keinen modernen Standard hatte und sehr in die Jahre gekommen war. Ich war jedoch sehr nachsichtig und schob es auf die derzeitigen Umstände in der Stadt und den mangelnden Tourismus.
Auch das Frühstück konnte leider nicht überzeugen und wirkte etwas sparsam, was wahrscheinlich an der geringen Auslastung des Hotels lag.
Der Frühstücksraum war groß, hell und hatte einen tollen Ausblick auf den Dnipro. Aber das Angebot an Speisen war eher enttäuschend.
Ich mache hier keine Vorwürfe. Es ist sicherlich nicht einfach, unter diesen Bedingungen einen hervorragenden Service und herausragende Qualität zu bieten. Ich werde dem Fairmont Kyiv auf jeden Fall nochmal eine Chance geben, doch bei meinen nächsten Aufenthalten werde ich mir erstmal andere Hotels anschauen, wie zum Beispiel das Hyatt Regency Kyiv.
Hilton Kyiv
Doch dass es auch anders geht, zeigte der darauffolgende Aufenthalt im Hilton Kyiv, welches sich als modernes, lebhaftes und äußerst luxuriöses Hotel präsentierte, vermutlich mit einem der schönsten Hilton-Spas, das ich kenne, gleich nach dem Hilton Munich Airport.
Das Hilton war, im Gegensatz zum Fairmont, komplett ausgebucht. Dank Uprade mit dem Hilton Diamond Status hatte ich Zutritt zu der gemütlichen Lounge, wo abends (größtenteils auf amerikanischem Englisch) lebhaft debattiert, getrunken und gegessen wurde.
Auch die Zimmer waren mit viel Liebe zum Detail eingerichtet. Zum Beispiel fiel mir das Kastanien-Muster auf dem Teppich oder an der Decke des großen Pools auf (die Kastanie ist das Symbol Kyivs).
Das Frühstücksbuffet war üppig und zeitgemäß hergerichtet, alles war frisch und es gab eine interessante Auswahl an Speisen.
Vor allem die Ramen-Station war faszinierend und Kaffee konnte man mit verschiedenen Milchalternativen bestellen. Insgesamt also ein sehr gutes Frühstück für ein Luxushotel.
Reise nach Kyiv: Welche Aktivitäten haben wir unternommen?
Eine der schönsten Erinnerungen, die ich an Kyiv habe, ist die tolle Gastronomie. Das Angebot war abwechslungsreich, von guter Qualität und vor allem kreativ. Eines meiner Lieblingsrestaurants ist eigentlich eine Bar mit tollen Cocktailkreationen: die Podil East Indian Company, benannt nach dem hippen und zentralen Stadtteil Podil in dem die Bar liegt. “PEIC” serviert tolles, authentisches indisches Essen und spannende Cocktails mit und ohne Alkohol.
Aber auch Shopping hat mich in Kyiv begeistert, denn durch den Krieg haben sich viele ausländische Unternehmen aus der Ukraine zurückgezogen – und es entfalten sich individuelle ukrainische Labels mit eigenen Kreationen, toller Qualität und einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Ob ein Laden in einem verrückten Künstlerhaus mit ausgefallenen Sonnenbrillen, ein Concept-Store mit Streetwear ukrainischer Labels oder hochwertige Modegeschäfte für Frauen – es gab unglaublich viel zu entdecken und war ein spannender Kontrast zum Ketten-Einerlei internationaler Malls, Einkaufsstraßen und Kaufhäuser (auch wenn ein Besuch im Luxuskaufhaus TSUM Kyiv, quasi dem Pendant zum Berliner KaDeWe, natürlich nicht fehlen durfte).
Ein weiteres Highlight war das Sightseeing, allem voran der Besuch der Mutter Ukraine Statue, die jedoch leider zu dem Zeitpunkt unserer Reise gesperrt war.
Dennoch konnte und kann ich mich an dem Anblick der größten Statue Europas einfach niemals sattsehen, so imposant ist die riesige Beschützerin.
Aber auch andere (touristische) Orte haben mich in ihren Bann gezogen und bewegt, wie der mit kleinen Fahnen übersäte Teil des Maidan, bei dem jedes Fähnchen für einen gefallenen Soldaten steht oder das Mahnmal des Holodomor, dem Völkermord an den Ukrainern durch das sowjetische Regime in den 1930er-Jahren.
An einem milden Herbstabend war ein weiteres Highlight ein Spaziergang vom Freiheitsbogen des ukrainischen Volkes durch den schönen herbstlichen Vladimiro Kalva Park mit Blick auf die Stadt bis hin zur St. Andreas Kirche. Von dort aus ging es durch die malerische Andriivskyi Uzviz, wo sanfte Akustikgitarrenklänge eines kleinen Hinterhofkonzerts der Szenerie eine unglaubliche Romantik und absurd harmonische und friedliche Stimmung verliehen.
Besonders gut gefallen hat mir, wie digitalisiert und fortschrittlich Kyiv ist, vor allem was die Zahlung mit Kreditkarte und kontaktloses Zahlen angeht. Ich brauchte kein einziges Mal Bargeld und man kann in jedem noch so kleinen Laden ganz ohne Probleme mit Kreditkarte zahlen. Gerade für jemanden, der in Berlin wohnt, ist das leider nicht selbstverständlich. Für die Ukrainer ist das ganz normal. Auch viele andere Angelegenheiten sind super digitalisiert. So kann meine Freundin in der Ukraine beispielsweise ihren digitalen Ausweis nutzen und so gut wie alle bürokratischen Angelegenheiten online erledigen. Wichtige Dinge wie zum Beispiel das Bezahlen von Park- und U-Bahntickets, der Luftalarm, das Verzeichnis von Schutzräumen und wichtige Mitteilungen sind in einer städtischen App zusammengeführt. Auch wenn man geblitzt wird, läuft die Abwicklung digital und in kürzester Zeit ab – das ist dann natürlich wieder ein Nachteil, man kann wohl nicht alles haben.
Fazit zu meiner Reise nach Kyiv
Im Rückblick auf mein Reisejahr 2023 gehörte mein Trip nach Kyiv zu den absoluten Highlights. Es war ein sehr einzigartiges und ganz besonderes Erlebnis. Ich bin dankbar, dass ich das Heimatland meiner Freundin und ihre Familie kennenlernen und viel über dieses Land lernen durfte. Besonders beeindruckt hat mich die Kulinarik und kreative Vielfalt der Stadt, ebenso wie die Kontraste, die sich in der Architektur, Kultur und unter den Menschen boten. Es war sicherlich nicht meine letzte Reise in die Ukraine, auch wenn ich ausdrücklich davon abrate, ohne weitere Vorbereitung und umfassendes Wissen in Kriegszeiten dorthin zu reisen.