Meine erste Reise nach Beginn der Corona-bedingten Reisebeschränkung führte mich ganz bescheiden nach Hannover. Touristisch nicht unbedingt das attraktivste Reiseziel, allerdings hatte hier seit einigen Tagen das dritte me and all Hotel in Deutschland geöffnet und bot direkt ein attraktives Eröffnungsangebot. Mindestens ebenso gespannt war ich, wie sich ein Hotelaufenthalt in diesen Zeiten anfühlen würde und ob die vielen Regeln und Einschränkungen den Spaß am Reisen mindern würden.
Die Fahrt mit dem Zug
Los ging es am Berliner Hauptbahnhof, welcher mir vergleichsweise recht leer vorkam. Viele Geschäfte haben immer noch geschlossen, weshalb es mich direkt in die DB Lounge verschlug.
Diese haben erst seit dem 29. Mai wieder geöffnet. Der Am-Platz-Service sowie der gesamte 1. Klasse Bereich wurden dabei eingestellt. Stattdessen müssen am Eingang die Hände desinfiziert und ein Papierformular ausgefüllt werden. Theoretisch sollten über die zu scannenden Tickets und BahnCards die Daten zwar sowieso vorhanden sein, eine solche Verknüpfung scheint für die Bahn-IT allerdings unmöglich.
Die Sitzplätze in der Lounge wurden stark ausgedünnt und kaum belegt. Die Mitarbeiter sind ununterbrochen mit der Desinfektion von High-Touch Flächen beschäftigt, dies scheint hier wirklich konsequent umgesetzt zu werden. Somit scheint die Bahn hier für ihre Lounges die Anforderungen vorbildlich umzusetzen, weit strenger als dies manche Gastronomen handhaben.
Mein Wagen im ICE war relativ leer und ich fand problemlos einen unbesetzten Vierer-Platz. In allen Zügen besteht mittlerweile bekanntermaßen Maskenpflicht, was auch vom Zugpersonal kontrolliert wird. Zum Trinken oder Essen kann diese aber selbstverständlich abgenommen werden. Wer keine Maske hat, kann auch im Bordbistro eine kaufen.
Jenes hat auch wieder geöffnet und bietet Speisen und Getränke ausschließlich zur Mitnahme. Die Zahlung erfolgt selbstverständlich bargeldlos. Nur das BordRestaurant ist zum aktuellen Zeitpunkt weiter geschlossen.
Die Ticketkontrolle findet wie vorher auch statt, laut Aussage der Bahn ist diese aber mittlerweile “kontaktlos”. Allerdings habe ich auch vorher immer nur mein Ticket scannen lassen und bei Bedarf vielleicht noch die BahnCard vorgezeigt, problematischen Kontakt gab es auch dabei schon vorher nicht.
Die Bahn scheint zudem nun noch stärker auf volle Züge hinzuweisen, bei meiner Rückfahrt war der Zug beispielsweise als ausgebucht markiert, obwohl nicht einmal die Hälfte der Plätze belegt waren. Wer keine Lust auf stundenlanges Tragen einer Maske hat, kann natürlich weiterhin auf das eigene Auto oder einen Mietwagen zurückgreifen.
Der Aufenthalt im me and all Hotel Hannover
Für das me and all Hotel Hannover habe ich vor Anreise eine Einladung zum Online-Check-In erhalten, welche ich auch wahrgenommen habe. Im Hotel musst ich dann nur einen Code von meinem Handy scannen, am iPad unterschreiben und konnte meine Zimmerkarten codieren lassen. Die Angestellten im Hotel haben zwar Masken getragen, von den Gästen wurde dies aber nicht erwartet. Hierzu habe ich ehrlich gesagt vorab keine spezifischen Regeln gefunden, dank dem Regelwirrwarr zwischen den Bundesländern wird dies vermutlich auch je nach Land anders gehandhabt. In jedem Fall sollte man aber eine Maske dabei haben um in entsprechenden Situationen (z.B. im Aufzug) gut vorbereitet zu sein.
Das Zimmer wurde gemäß Türanhänger einem besonderen Reinigungsprozess unterzogen. Fast alle Hotelketten haben in der Vergangenheit besondere Maßnahmen angekündigt oder über Pressemitteilungen umfangreiche Kooperationen mit Hygienespezialisten kommuniziert.
Meine Erwartungen waren hier aber ehrlich gesagt vorab schon gedämpft. Einerseits kann man als Gast fast unmöglich herausfinden, ob wirklich alle Flächen im Zimmer mit ausreichend viruzidem Desinfektionsmittel gereinigt wurde. Andererseits ist in dieser Hinsicht auch die Möglichkeit zur Qualitätssicherung der Hotels begrenzt. Viele haben ihr Housekeeping an externe Firmen ausgelagert. Ob jede Fernbedienung nun wirklich mit dem richtigen Mittel gründlich desinfiziert wurde, scheint mir als Hotelleitung unmöglich zu kontrollieren sein.
Somit ist in meinen Augen die Ankündigungen der Hotels “nun aber wirklich auf die Sauberkeit der Hotelzimmer zu achten” etwas weit hergeholt.
Im Zimmer fanden sich dann direkt eher irritierenden Spuren an der Toilettenschüssel. Auch meine ich mich erinnern zu können, dass gemäß Ankündigung der Hotelkette Lindner Dekoartikel wie Bücher und Ähnliches eigentlich aus den Zimmern verschwinden sollten. Dies wurde bei meinem Aufenthalt noch nicht umgesetzt.
Um ehrlich zu sein, empfinde ich aber dennoch die Hygienesituation in den meisten Hotels alles in allem als eher unproblematisch. Die Infektionsgefahr in einem Hotelzimmer scheint mir im Vergleich sehr gering. Die Kontaktpunkte mit anderen Menschen sind in anderen öffentlichen Orten mindestens genauso oder noch umfangreicher vorhanden. Vor den Aufzügen und am Front Desk standen zudem ausreichend Desinfektionsmittel bereit.
Problematischer sind da schon die Frühstücksbuffets, da hier deutlich mehr Gäste miteinander in Kontakt stehen. Richtigerweise wird das Frühstück daher bis auf Weiteres in den allermeisten Hotels nicht mehr in Büffetform angeboten. Viele Hotels bieten stattdessen ein A-la-carte Angebot. Im me and all entschied man sich für einen Hybrid. Das Buffet wurde wie auch vorher bereitgestellt, war allerdings nur für die Kellner zugänglich. Als Gast stand man hinter der Absperrung und konnte entsprechende Anweisungen geben, während der Mitarbeiter am Buffet entlangging. Am Ende bekam man den gefüllten Teller sowie Getränke an den Platz gebracht. Eigentlich eine nette Idee, allerdings scheint mir das Prinzip nur begrenzt für deutlich mehr Gäste geeignet.
Spa & Gym waren während meines Aufenthalts leider geschlossen, die entsprechenden allgemeinen Lockerungen sind erst danach in Kraft getreten. Allerdings scheinen mir diese auch in kleinen Hotel-Gyms deutlich schwieriger umsetzbar als in großen Fitnessstudios mit weit mehr Geräten und Möglichkeiten zum Abstand halten. Hier bleibt abzuwarten, wie die Hotels mit den Regelungen konkret umgehen werden.
Fazit zu Reisen während Corona
Alles in allem denke ich, dass man während des aktuellen Infektionsgeschehens und unter Berücksichtigung der ergriffenen Schutzmaßnahmen wieder mit ruhigem Gewissen eine Reise innerhalb Deutschlands und bald auch in die europäischen Nachbarländer antreten kann. Die geringe Auslastung in den Zügen sowie auch den allermeisten Hotels sorgt dabei nicht nur für ein geringeres Infektionsrisiko, sie verbessert auch das Reiseerlebnis. Wer sitzt schon gerne morgens im überfüllte Frühstücksraum und drängelt sich ans Buffet? Meine Lust am Reisen ist ungebrochen und auch wenn die möglichen Destinationen mehr oder minder auf Zentraleuropa beschränkt sind, machen Reisen dennoch viel Spaß und auch die Einschränkungen tun dem keinen Abbruch.