Wenn ich erzähle, dass ich zu Corona-Zeiten mit dem Auto nach Großbritannien gefahren bin, ernte ich erstmal verwirrte Blicke. Zurecht, ehrlich gesagt, denn in diesen unsicheren Zeiten gibt es wohl wenig umständlichere Reisemöglichkeiten. Jedoch blieb mir angesichts meiner Umstände leider nicht viel anderes übrig. So begann ich Anfang Juli mit der Fähre meine ungewöhnliche Reise von dem französischen Hafen Dieppe nach Newhaven in England.
Flucht nach Hause vor dem Lockdown
Die Corona-Krise hat weltweit für einen Stillstand gesorgt, und ebenso hat der Lockdown, den sie mit sich brachte, besonders für Reisende viel verändert. Vor allem Großbritannien hatte anfangs Schwierigkeiten, einen einheitlichen Weg durch die Krise zu finden und entschied später als die meisten europäischen Länder, die Grenzen zu schließen. Etwas Kontext: Mein Bachelorstudium habe ich in der südenglischen Küstenstadt Bournemouth absolviert. Ich saß also in meiner Studenten-WG, als die Nachricht kam: Großbritannien schließt die Grenzen. Zu diesem Zeitpunkt war das Virus schon weiter fortgeschritten und andere europäische Länder hatten schon längst den Lockdown ausgerufen.
Eine solche Ansage war also eher absehbar und ich wurde vor eine schwierige Entscheidung gestellt: den Lockdown in England oder in lieber zu Hause in Deutschland verbringen? Beinahe fluchtartig buchte ich tatsächlich einen der letzten Flüge zurück nach Deutschland und kam so zwei Tage vor Grenzschließung in meinem Heimatort an.
Die Hochzeiten der Corona-Krise habe ich also in meinem Elternhaus anstatt in meiner Studienstadt verbracht, was in Anbetracht der hohen Infektionszahlen in England vielleicht eine weise Entscheidung war. Teilweise waren die Einschränkungen während des Lockdowns im Vereinigten Königreich auch viel strenger als in Deutschland, sodass britische Staatsbürger beispielsweise über Monate nur einmal am Tag das Haus verlassen durften. Auch Geschäfte hatten in Deutschland viel früher wieder geöffnet.
Trotzdem barg die Rückreise nach Hause für mich auch ein gewisses Risiko, da ich mich im letzten Semester meines Studiums befand. Als ich meine Rückkehr in die Heimat antrat, wusste ich auch nicht sicher, auf welchem Weg ich meine Bachelorarbeit einreichen konnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte meine Universität noch nicht beschlossen, dass die Abschlussarbeiten ausschließlich online eingereicht werden müssen.
Umzug trotz Corona?
Während meines Aufenthalts in meinem Heimatort stellte sich mir nun fortlaufend die Frage: Wie und wann komme ich wieder zurück nach England? Denn mein Mietvertrag lief im August aus, und in meinem fluchtartigen Rückflug hatte ich nur das Nötigste eingepackt. Das heißt, der Großteil meiner Sachen (darunter auch ein paar Möbel) war noch drüben und mussten irgendwie abgeholt werden.
Als sich die Infektionszahlen nicht mehr so schnell erhöhten und die weltweite Reisewarnung am 15. Juni aufgehoben wurde, traf ich dann die Entscheidung, Anfang Juli wieder zurück nach England zu fahren. Aufgrund der hohen Anzahl meiner verbleibenden Gegenstände in England schien die Überfahrt mit dem Auto wie die einzige Option. Ich buchte also eine Fähre mit Direct Ferries von Dieppe in Frankreich zum englischen Hafen Newhaven. Die Rückfahrt sollte dann zwei Wochen später erfolgen, da zu diesem Zeitpunkt für Einreisende aus dem Ausland noch eine 14-tägige Quarantäne verhängt wurde.
Überfahrt von Dieppe nach Newhaven
Nach einer siebenstündigen Autofahrt kam ich im Hafen der Fähre in Dieppe an. Der Fährhafen dort ist ziemlich klein und übersichtlich, so verliefen auch der Check-in und die Passkontrolle problemlos. Bei der Einreise nach England musste man nur darauf achten, das Formular für Einreisende von der britischen Regierung ausgefüllt mitzubringen und eine entsprechende Erklärung bezüglich der Gesundheitssymptome des Corona-Virus zu unterschreiben.
Sogar die viereinhalb-stündige Überfahrt auf der Fähre unterschied sich nicht äußerlich von der Zeit bevor der Corona-Krise. Natürlich war es auch an Bord vorgeschrieben, während der Fahrt eine Maske zu tragen und man wurde jede Stunde per Ansage daran erinnert, Abstand zu den weiteren Fahrgästen zu halten. Zudem waren mehrere Bereiche der Fähre abgesperrt, sodass sich der Großteil der Passagiere, im vorderen Bereich der Fähre aufhielt. Zusätzlich blieb auch die Bar und das Restaurant an Bord während der Fahrt geschlossen.
Bei der Ankunft auf britischem Gebiet gab es bei der Passkontrolle auch keinen Unterschied zu vor dem Ausbruch der Pandemie, denn die britische Regierung hatte beschlossen, dass die zweiwöchige Quarantäne zwei Tage nach meiner Ankunft aufgehoben wird. Auch die zweistündige Autofahrt bis nach Bournemouth auf der linken Seite im englischen Straßenverkehr habe ich entgegen jeglicher Erwartungen unfallfrei überstanden.
Nachdem ich dann zwei Wochen später mein Hab und Gut mehr oder weniger sicher in meinem kleinen Auto verstaut hatte, ging es für mich wieder zurück nach Newhaven. Während meines Aufenthaltes in Südengland habe ich übrigens nicht viel mehr Einschränkungen als in Deutschland erfahren – sogar die Maskenpflicht im Einzelhandel wurde erst kurz vor meiner Abreise, am 24. Juli beschlossen. Zu meinem Glück verlief die Rückreise zum Hafen der Fähre ebenfalls ohne nennenswerte Vorkommnisse im Straßenverkehr. Auch die Rückfahrt auf der Fähre verhielt sich ähnlich mit gleichen Hygienebedingungen. Der einzige Unterschied war, dass ich kein Rückreiseformular ausfüllen musste.
Fazit zu meiner Reise nach Großbritannien während der Corona-Krise
Meine eher ungewöhnliche Reise nach Südengland während der Corona-Krise verlief für mich zum Glück vollkommen problemlos. Besonders viele Unterschiede habe ich während meiner Reise mit der Fähre abgesehen von den verschärften Hygienebedingungen und der Maskenpflicht im Gegensatz zu vor dem Ausbruch der Pandemie nicht gespürt. Jedoch war die Reise aufgrund der unsicheren Zeiten eher anstrengend, da sich die Vorschriften für Reisende (Quarantäne oder doch nicht?) stetig ändern konnten.