In diesem Artikel beschreibt die kanadische Autorin Vicky unserer französischen Seite suitespot.fr ihre Heimreise nach Kanada in Zeiten von Corona. Warum sich Vicky für die Quarantäne in Kanada entschieden hat, wie ihre Heimreise verlief und was Reisen in Zeiten der Corona-Pandemie bedeutet, erfahrt Ihr hier.


Die Botschaft ist klar: Unnötige Reisen sollten vermieden werden. Zurückzuführen ist diese enorme Verbreitung mit Sicherheit auf all die weltweit Reisenden, die in den vergangenen Monaten die Welt entdecken wollten. Angesichts der Situation wird seit einigen Wochen in den sozialen Netzwerken eine Debatte zwischen Nomaden und Sesshaften geführt: Ist es besser, zurück nach Hause zu reisen oder dort zu bleiben, wo man gerade ist?

Niemand kennt die Antwort auf diese Frage, aber jeder (absolut jeder) scheint eine Meinung zu diesem Thema zu haben. Während man dazu neigt zu glauben, dass es besser ist, dort zu bleiben, wo man ist, fordern die Regierungen ihre Bürger immer noch auf, so schnell wie möglich nach Hause zurückzukehren. Am Sonntag vor über drei Wochen traf ich also die schwierige Entscheidung, alles hinter mir zu lassen und nach Hause zu kommen. Nach Kanada.

Leben im Ausland

Seit sechs Monaten lebe ich nun schon in Berlin. Ich habe diese Entscheidung getroffen, um Deutsch zu lernen (ja, wirklich!) und mich auf die Suche nach Abenteuern zu begeben. Wie viele von Euch wissen, ist es nicht immer einfach, ins Ausland zu ziehen. Man ist weit weg von seiner Familie und seinen Freunden. Man muss eine neue Arbeit finden, eine neue Sprache lernen und sich neu orientieren. Der Begriff “Heimat” bekommt eine ganz neue Bedeutung.

Als das Coronavirus in aller Munde war, begann ich mir Sorgen zu machen. Ich wusste nicht, wo das nächstgelegene Krankenhaus ist und wie man auf Deutsch “Herr Doktor, ich habe Fieber” sagt. So habe ich Sonntagabend, als ich mitten in der Nacht nicht schlafen konnte, die Entscheidung getroffen, nach Kanada zurückzukehren. Ich öffnete meinen Computer und kaufte Flugtickets, um am nächsten Tag zurückzufliegen…

Glaubt mir, die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, wirklich nicht. Ich war hin- und hergerissen, weil ich sehr gut weiß, dass man heutzutage nicht mehr fliegen und reisen sollte. Tatsächlich hatte ich bereits alle Reisen, die ich in den nächsten Monaten unternehmen wollte, abgesagt. Es gibt jedoch einen Unterschied zwischen Reisen und Heimkehren. In einer Situation wie dieser gibt es für mich persönlich nichts wichtigeres, als mit Familienmitgliedern zusammen sein zu wollen. Schließlich weiß niemand, wie lange diese Krise dauern wird.

Ein nicht ganz so einfacher Weg

Mit Latexhandschuhen, einer Maske und zwei Flaschen Purell rief ich ein Taxi und fuhr im Morgengrauen zum Flughafen Berlin-Tegel. Ich musste in Paris-Charles de Gaulle eine Anschlussflug nehmen, also wusste ich, dass es eine sehr lange Reise werden würde. Ich war bereit, aber ich hatte keine Ahnung, was mich erwartete.

Als ich am Flughafen Berlin-Tegel ankam, war ich schockiert. Ich war schockiert, weil es absolut nichts Besonderes gab. Alles war wie üblich. Der Flughafen war nicht überfüllt, aber er war auch nicht leer. Nur wenige Menschen trugen Masken. Der erste Teil meines Fluges wurde von Easyjet durchgeführt. Das Flugzeug war nur halb voll, sodass ich vorne in einer leeren Reihe sitzen konnte. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich nur noch denken: “Was auch immer du tust, stecke dich auf keinen Fall mit dem Virus an. Ich saß kerzengerade und habe während des ganzen Fluges nichts angefasst. Das waren die längsten Stunde meines Lebens.

Eineinhalb Stunden später kamen wir in Paris-Charles de Gaulle an. Dort traf ich auf eine ganz andere Situation. Der Flughafen war fast leer. Nur vor den Kundenservice-Büros der Fluggesellschaften gab es dichtes Gedränge. Ich konnte nicht hören, was die Leute sagten, aber ich konnte spüren, dass sie aufgeregt waren. Unruhig. Justin Trudeau, der Premierminister Kanadas, hatte gerade alle Kanadier gebeten, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen. Ich nehme also an, dass es in dieser Menge  viele Kanadier gegeben haben muss, die verzweifelt versucht haben, früher als geplant zurückzukommen. Überall sonst auf dem Flughafen herrschte eine destruktive Stille. Die wenigen Menschen auf der anderen Seite der Sicherheitsabsperrung starrten sich gegenseitig an. Niemand sprach. Niemand berührte sich. Ich habe so etwas noch nie erlebt.

Ich musste vier Stunden lang totschlagen, also ging ich in die entfernteste Ecke, die ich finden konnte. Ich hätte zwar zum YotelAir Paris-Charles de Gaulle gehen können, aber ich wollte unnötigen menschlichen Kontakt vermeiden. Als ich erfuhr, dass ich den Bus nehmen musste, um dorthin zu gelangen, beschloss ich stattdessen, mein Lager in der hintersten Ecke des Flughafens aufzuschlagen. Ich desinfizierte alles, was ich bei mir hatte und setzte mich an die Arbeit. Dann endlich wurde es Zeit, aufzubrechen.

Die Ankunft zu Hause in Kanada

Ich landete am vergangenen Montag um 21.45 Uhr in Montreal – kurz bevor Kanada seine Grenzen schloss. Meine Schwester holte mich mit dem Auto vom Flughafen ab. Ich saß auf dem Rücksitz mit meiner Maske und einem neuen Paar Latexhandschuhen. Es hatte minus fünf Grad, aber wir fuhren mit offenem Fenster.

Eine Stunde später kamen wir in meinem kleinen Heimatdorf an, wo meine Eltern noch immer leben. Ich habe Glück, dass das Haus über einen Keller mit einer komplett eigenen Wohnung verfügt und es sowohl ein Schlafzimmer als auch ein Badezimmer gibt. Meine Mutter hat mir sogar ein Büro eingerichtet, in dem ich arbeiten kann. Als ich ankam, wollte ich durch das Fenster ein paar Worte an meine Eltern richten. Es fiel mir schwer, sich nicht umarmen zu können, nachdem wir uns monatelang nicht gesehen hatten. Aber die derzeitige Situation lässt keine Fehler zu.

Fazit zum Leben in Quarantäne

Ich war nun zwei Wochen in Quarantäne und es fiel mir wirklich nicht leicht. Es fiel mir schwer zu wissen, dass meine Familie gleich nebenan ist und ich sie nicht so oft sehen konnte, wie ich es gerne wollte. Zwei Wochen in Quarantäne zu verbringen war jedoch ein niedriger Preis, da ich weiß, dass ich ihre Anwesenheit in wenigen Tagen voll genießen kann. Nun befinde ich mich weiterhin in dem Haus meiner Eltern, verlassen tu ich dieses eigentlich so gut wie nie. Denn auch in Kanada sind die Bürger dazu angehalten, drinnen zu bleiben. Da niemand weiß, wie lange diese Situation andauern wird, bin ich froh zu wissen, dass ich im Notfall ein Gesundheitssystem nutzen kann, das ich kenne und dass ich von den Menschen umgeben bin, die ich liebe.

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Autorin

Lilli ist am liebsten in den Wolken - und das nicht nur mit ihrem Kopf. Schon als Kind tourte sie mit einer Tanzgruppe durch Europa, heute ist Fernweh ihr ständiger Begleiter. Wenn sie sich nicht gerade mit ihrem Studium in Berlin beschäftigt, sitzt sie irgendwo auf der Welt hinter ihrem Laptop und berichtet für Euch über die angesagtesten Travel News rund um den Globus - direkt hier auf reisetopia.de!

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