Dass der neue Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg einige Schwächen mit sich bringt, ist den meisten Leuten bekannt. So wurde über kaum einen Flughafen in Deutschland in den vergangenen Jahren so viel medial berichtet, wie über den BER. Doch jetzt, wo dieser in Betrieb ist, sollten wir darauf blicken, wie viel besser der Airport Flüge ab Berlin macht!
Mit über neun Jahren Verspätung eröffnete am 31. Oktober der neue Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg seine Pforten. Für einige ist dieser aufgrund der vielen Pannen eine Lachnummer, wurden nicht immer und immer wieder Witze darüber gemacht. Doch mit der Öffnung ist es meiner Meinung nach an der Zeit diese Sticheleien über Bord zu werfen und den neuen Flughafen als einen elementaren Bestandteil Berlins anzusehen. Dabei sollte man auch keinesfalls die vielen positiven Seiten des Flughafens aus dem Blick verlieren!
Schwächen waren schon zuvor klar
Der BER ist seit mehr als einer Woche offiziell in Betrieb und zugegebenermaßen war der Zeitpunkt für die Eröffnung doch gar nicht so unpassend, wie anfangs gedacht. Für den Flughafen an sich ist es natürlich bitter, dass ein solch großes Projekt, dass sich um mehrere Jahre verzögerte nun keine große Feier erlebt und auch keine Menschenmassen empfangen konnte, die sich die ersten Tage durch die Gänge des Flughafens schlängeln. Stattdessen erwartet einen aktuell leere Security Checks sowie einen eher gespenstischen Sicherheitsbereich. Doch dies ist aktuell natürlich nicht die Ausnahme, genauso sieht es auch an anderen Flughäfen wie etwa Frankfurt oder München aus.
Doch auch wenn das Ausbleiben der vielen Passagiere sicherlich tragisch für den Flughafen (und natürlich die gesamte Flugbranche ist), scheint es für den BER zumindest etwas vorteilhaft zu sein. Denn, dass der BER, der ja schließlich 1998 geplant wurde, für die sonst normalen Passagierzahlen, wie wir sie aus dem Jahr 2019 kennen, wohl eher zu klein ist, sollte hierbei kein Geheimnis sein. Doch ebendies ist neben der langen Verzögerung der Eröffnung aufgrund einiger Pannen sowie der schwierigen finanziellen Lage der Grund, weshalb Leute diesen immer und immer wieder negativ darstellen. Hierbei stellt sich mir doch inzwischen die Frage, inwiefern das weiterhin nötig ist, denn der BER ist jetzt nun mal das Drehkreuz unserer Hauptstadt und wird es wohl auch erst mal bleiben.
Dass die Planung sowie der Bau und die darauffolgenden Eröffnungs-Termine, die immer und immer wieder verschoben wurden für eine Hauptstadt und auch ein Industrieland schlichtweg nicht adäquat sind, steht natürlich außer Frage. Auch dass die anderen beiden Punkte, nämlich die Finanzierung sowie die Kapazität ein großes Problem darstellen, steht außer Frage – jedoch können wir an dieser Situation leider absolut nichts ändern und sollten dies wohl langsam akzeptieren.
Stattdessen ist es nun an der Zeit, all die negativen Eindrücke und Vorurteile liegenzulassen und dem Flughafen eine Chance zu geben, denn während meiner Zeit vor Ort habe ich auch ein paar positive Dinge erblickt, die meine Meinung über den Flughafen tatsächlich geändert haben, denn auch ich war aufgrund all der negativen Berichterstattung zu Beginn voreingenommen und habe nicht unbedingt euphorisch der Eröffnung entgegengefiebert.
Einige Dinge am BER überraschen positiv
Als ich im Februar das erste Mal den Hauptplatz des BER betrat, schien alles sehr grau, was zugegebenermaßen bei schlechtem Wetter immer noch der Fall ist. Jedoch sprang mir direkt das “Vordach” des Haupteingang ins Auge, welches meiner Meinung nach optisch wirklich etwas hermacht. Dazu zählt aber nicht nur das Flughafengebäude an sich, sondern sicherlich auch das Steigenberger Hotel, das direkt am Flughafen liegt, was meiner Meinung nach einen enormen Vorteil darstellt – innerhalb von zwei Minuten befindet man sich am Check-in. Keineswegs jeder größere Flughafen bietet den Komfort eines so praktisch gelegenen Flughafenhotels.
Auch so finde ich den Flughafen von außen durchaus ansehnlich und wenn man es mit dem Flughafen-Tegel oder gar Schönefeld vergleicht, ist es ja fast schon ein Meisterwerk. Denn machen wir uns nichts vor – selbst die Tegel-Liebhaber müssen zugeben, dass der Flughafen alles andere als schön war.
Mein überraschender Eindruck eines ansprechenden Designs zieht sich dabei durch den ganzen Flughafen, denn ich persönlich finde die Holzelemente in Verbindung mit den roten Akzenten sehr schick. Natürlich lässt sich über Geschmack hier streiten, wenn man ihn mit anderen deutschen Flughäfen vergleicht, würde ich den BER in puncto “modernes Design” jedoch auf einem Niveau sehen.
Doch gerade, wenn es ums Design des neuen Flughafens ging, habe ich in den vergangenen Tagen mal wieder ein paar negative Anmerkungen dazu gelesen. Die einen werfen dem Flughafen vor, sich in bestimmten Bereichen am schwedischen Möbelhaushersteller zu orientieren, den anderen gefällt einfach die Holzoptik nicht. Natürlich kann jeder mehrere negative Punkte finden, vor allem wenn die Grundeinstellung gegenüber des Flughafens sowieso nicht sonderlich gut ist. Vergleiche ich jetzt zum Beispiel die eigene Flughafen-Lounge “Tempelhof” mit einer am alten Flughafen Tegel liegen hierzwischen wirklich Welten.
Selbigen Eindruck habe ich auch beim Vergleich der selbigen Lounge mit beispielsweise der LuxxLounge in Frankfurt. Auch wenn sich manch einer an dem modernen Design stören mag, so ist ebendies “zukunftsträchtig”, schließlich will man in diesem Fall die Lounge ja nicht in fünf Jahren direkt wieder renovieren. Übrigens liegen alle Lounges in Berlin im Sicherheitsbereich, weswegen die Wege zum Gate letztendlich kürzer sind und man so länger in der Lounge verweilen kann.
Abgesehen vom Design bekommt der Flughafen von mir zudem auch einige Pluspunkte in puncto Anfahrt – selbst wenn ich anfangs absolut nicht überzeugt war und Tegel-Fans bzw. Nordberliner hier ganz bestimmt intervenieren werden. Der Pluspunkt, den ich hier sehe, ist, dass der BER nun von ganz Berlin aus gut erreichbar ist und das sogar – dies sollte im Jahr 2020 selbstverständlich sein – mit der Bahn. So war die Fahrt zum SXF für Nordberliner eine halbe Weltreise und die Fahrt zum TXL mit dem Bus zu Stoßzeiten die reinste Qual. Natürlich kann ich es nachvollziehen, dass es für viele nun ein Nachteil ist, dass sie durch die Schließung Tegels zu einem weit entfernteren Flughafen fahren, die Anbindung deswegen zu kritisieren ist jedoch schlichtweg nicht der richtige Weg.
Denn letzten Endes hat eine längere Distanz des eigenen Wohnorts zum Flughafen ja in diesem Fall nichts mit der Anbindung dorthin zu tun, gerade da diese für Berlin und auch große Teile Brandenburgs ja besser ist als jemals zuvor. Insgesamt ist für mich ja auch nur logisch, dass ein neuer Flughafen nicht im Mitten in der Stadt gebaut wird, schon allein aufgrund des Fluglärms und der Möglichkeit des weiteren Ausbaus.
Übrigens fiel mir vor Ort auch auf, dass der BER über fünf Security-Checks mit mehreren Schlangen verfügt. Dies ist gerade im Hinblick auf Wartezeiten ein enormer Vorteil, denn aktuell gehe ich davon aus, dass bei hohem Passagieraufkommen vor Ort die fünf Anlaufstellen für einen deutlich schneller Vorgang sorgen werden – die Passagiere werden so an jedem Punkt der Check-in Halle (hoffentlich) gleichmäßig verteilt.
Als letzten Punkt gab es für mich zudem eine große Überraschung – ein Thema bei dem ich davor nur den Kopf schütteln konnte: das Essens- und Shopping-Angebot. Denn als ich sah, dass es gerade einmal 15 Essensoptionen am BER gibt, war ich etwas verwundert. Vergleicht man dies mit anderen großen Flughäfen, sind die deutlich überlegen. Bei einer Pressetour im Sicherheitsbereich des BER sollte sich diese Einstellung aber ändern, denn hier habe ich mich dann mit den einzelnen Angeboten genauer auseinandersetzen können.
Als absoluter Foodie waren mir einige Restaurants bereits bekannt, so zum Beispiel das Nu, die Ständige Vertretung, die Berliner Kaffeerösterei oder das Lutter & Wegner Weinrestaurant. Hier wurde mir schnell klar: Der BER stellt regionale Restaurants in den Vordergrund und setzt dabei auf Qualität. Restaurant wie McDonalds, Burger Kind oder Subway? Fehlanzeige. Viele werden dies natürlich bedauern, ich für meinen Teil bin froh darüber. Für mich zeigt der BER somit damit ein Stück weit was Berlin in puncto Essen kann und das macht mich irgendwie sogar Stolz – denn dies ist meiner Meinung nach ein Punkt, der unsere Hauptstadt ausmacht!
Insgesamt war die Regionalität übrigens auch ein Punkt, der mir im Shopping-Angebot am Flughafen auffiel. So kann man am Flughafen, regionale Spezialitäten wie etwa Spreewaldgurken kaufen und Berliner Künstler durch speziell gestaltete Souvenirs unterstützen. Besonders aufgefallen ist mir dabei, dass es sich nicht um die üblichen Städte-Souvenirs handelt, die man an vielen Flughäfen bekommt, wie etwa einen Pullover mit I love XY, sondern um speziell gestaltete Konzepte, die echt etwas hermachen! Ein absoluter Pluspunkt für mich, denn hier würde ich für jeden Anlass in wenigen Minuten noch ein kleines Geschenk finden, was zumindest für mich an anderen Flughäfen unmöglich erscheint. Aber auch hier muss ich wieder sagen: Das alles ist natürlich Geschmackssache und spricht sicherlich nicht jeden an.
Lasst uns dem BER eine Chance geben
Nachdem ich all die genannten Punkte für mich evaluiert und bemerkt hatte, dass doch nicht alles am BER schlecht ist, habe ich mich gefragt: Warum geben wir dem BER eigentlich keine Chance? Es ist jedem klar, dass es negative Aspekte gibt, bei anderen Flughäfen akzeptieren wir das aber irgendwie auch. Die Geschichte des BER ist sicherlich eine spannende für Generationen, doch ab sofort hat Berlin einen der besten und größten Flughäfen in Deutschland – auch wenn der Weg bis dahin steinig war. Ich für meinen Teil gebe ihm schon deshalb eine Chance und bin schon sehr gespannt auf meinen ersten Flug! Nächstes Jahr möchte ich gerne ein erneutes Fazit dazu ziehen und sehen, ob mich dieser noch weiter überzeugen kann.
Wie steht Ihr zum BER und freut Ihr Euch auf Euren Flug ab dem neuen Hauptstadtflughafen?