Fliegen mit Baby auf der Langstrecke ist die Königsdisziplin für reisebegeisterte Eltern oder solche, die weit Fliegen müssen. Um es vorweg zu nehmen: Mit einem Baby oder Kleinkind wird jeder Langstreckenflug eine andere Erfahrung sein als allein oder zu zweit.
In diesem Beitrag stellt Euch unser Gastautor Sebastian nun also Tipps für die Buchung und das Prozedere am Flughafen und an Bord auf der Langstrecke am Beispiel Singapore Airlines und Air New Zealand vor.
Fliegen mit Baby auf Langstrecke
Wie bereits erwähnt ist das Fliegen mit Baby auf Langstrecke eine ganz besondere Herausforderung. Eure Aufmerksamkeit und Energie werden in die Betreuung fließen und so die Reise um einiges anstrengender machen. Deshalb solltet Ihr Euch vorher grundsätzlich überlegen, ob Ihr Euch selbst einen Langstreckenflug mit Baby zutraut und ob Ihr ihn dem Baby zumuten könnt. Für letzteres gibt es klare Ausschlussgründe wie akute oder absehbare gesundheitliche Probleme des Babys. Auch werdet Ihr wahrscheinlich zweimal überlegen, wenn Euer Nachwuchs im zweiten und dritten Lebensjahr sehr mobil und gleichzeitig in der Trotzphase und schwerer zu beschäftigen ist. Ideal scheint daher das erste Lebensjahr und etwa die Zeit ab dem Kindergartenalter zu sein.
Allerdings ist jedes Kind, zum Glück, anders und es gibt überhaupt kein Gesetz, dass Ihr mit Kleinkind nicht Langstrecke fliegen dürft. Es kann sogar ausgesprochen Spaß machen, wie ich es selbst kürzlich auf der Langstrecke nach Neuseeland erlebt habe. Das gilt insbesondere für die Premiumklassen, für die wir wohl alle auf reisetopia eine besondere Vorliebe haben. Mit guter Vorbereitung der Eltern einerseits und einem angemessenen Verständnis der Mitreisenden andererseits, sollte einem guten Reiseerlebnis nichts im Wege stehen.
Die Planung einer Reise mit Baby
Auch spontane Charaktere unter Euch sollten für das Fliegen mit Baby auf Langstrecke Ihr Planungstalent entdecken und ein wenig in die Vorbereitung investieren. Je weniger überraschende Situationen auftreten, desto mehr könnt Ihr Euch um Euren Nachwuchs kümmern und die Reise genießen statt mit Airlinemitarbeitern zum Beispiel über Übergepäck zu diskutieren.
Wenn das Reiseziel feststeht, stellt sich als nächstes die Frage der Reiseroute. Viele von Euch werden sicher auch gerne die Route „optimieren“ wollen, sei es, um den Preis durch Abflug im Ausland zu drücken, mehr Meilen durch mehr Segmente zu sammeln oder einfach besondere Produkte zu erleben. Mit Baby solltet Ihr jedoch abwägen, ob direkte Verbindungen mit möglichst wenig Umstiegen nicht doch die vorübergehend bessere Wahl sind. Wir sind von München über Stockholm, Moskau und Singapur nach Neuseeland gereist. So ein abwechslungsreiches Erlebnis bedeutet zum einen mehr Orte, an denen etwas mit dem Gepäck schiefgehen kann und zum anderen mehr Klimazonen, für die mehr unterschiedliche Kleidung gepackt werden muss.
Das erhöht Reisezeit, Risiko und Komplexität. Wir haben die Winterklamotten im Handgepäck bei Ankunft in Singapur nicht mehr wirklich wertgeschätzt. Auf dem Rückweg ist uns an einem Umsteigeflughafen eine Sicherheitspanne mit langer Wartezeit in die Quere gekommen. Für ein möglichst entspanntes Ankommen mit Kleinkind solltet Ihr also weniger Umstiege anstreben und bei extrem langen Reisen vielleicht nur einen Ort zum Umsteigen, Übernachten und Akklimatisieren gegen den Jetlag einplanen. Hier kann man also wunderbar und sinnvoll Meilen auf sonst sehr teuren Direktrouten einsetzen.
Noch ein Punkt sollte für die Reiseplanung verstärkt berücksichtigt werden: die Flugzeiten. Mit Baby und Kleinkind empfehlen sich vor allem Nachtflüge mit Abflug am nicht zu späten Abend (im Bio-Rhythmus des Kindes), um die natürliche Schlafzeit für einen möglichst entspannten Flug auszunutzen. Den Jetlag stecken dann auch kleinere Babys erstaunlich schnell weg. Bei größeren muss man die auch für Erwachsenen üblichen Tricks und Hilfsmittel anwenden.
Die Flugbuchung mit Kleinkind
Bei unter zwei Jahre alten Babys stellt sich die Frage nach einem eigenen Sitzplatz. Dies wurde grundsätzlich schon im Guide zum Fliegen mit Baby auf der Kurzstrecke diskutiert. Auf der Langstrecke kommt bei Babys unter circa 11-15 Kilogramm bzw. 76-83 Zentimeter (je nach Airline) als weiterer Parameter das Bassinet (Babybettchen) hinzu. Egal in welcher Klasse Ihr reist: nehmt wenn möglich Sitzplätze mit Bassinet. Selbst wenn die Kleinen nicht darin schlafen sollten, so hat man eine prima Ablagefläche. Die Buchung des Bassinets geht meist automatisch mit der des Sitzplatzes einher. Es ist aber dennoch empfehlenswert, vor Antritt der Reise nochmal telefonisch bei der Airline nachzufragen, ob man das Bassinet wirklich bekommt.
Auf Langstreckenflügen mit Airlines außerhalb des Billigflug-Bereichs könnt Ihr üblicherweise erwarten, dass es auch Verpflegung für Babys und Kleinkinder gibt. Schon bei der Buchung solltet Ihr darauf achten, ob Ihr ein „baby meal“ (Brei), „postweaning meal“ (leicht kaubares Essen) oder ein „kids meal“ (typisches Kinderessen) auswählen könnt. Wenn Ihr etwas bestellen könnt, dann macht das, um etwas Gewicht beim Gepäck einzusparen. Auf einem Flug von über acht Stunden Dauer dürft Ihr zum Beispiel mit drei Glässchen Babybrei rechnen. Darüber hinaus kann es nicht schaden, vertrautes Essen vor allem bei kleineren und nicht mehr voll gestillten Kindern mitzunehmen, falls das Flugzeugessen doch nicht schmecken oder ausreichen sollte. Mit einem Anruf bei der Airline können gegebenenfalls bestehende Unverträglichkeiten im Vorfeld abgeklärt werden.
Das Vorgehen mit Kind am Flughafen
Hier werdet Ihr es erstmals wertschätzen, so wenig Gepäck wie möglich dabei zu haben, da man mit Kleinkind oftmals eine freie Hand mehr braucht als ohne. Fliegt Ihr mit Aufgabegepäck, könnt Ihr dies natürlich mittlerweile wahrscheinlich ohne Check-in Agent am Automat aufgeben. Habt Ihr aber einen Autositz oder Kinderwagen dabei, kommt Ihr am Check-in Agent eigentlich nicht vorbei, da Ihr entweder ein “deliver at aircraft” Label für den Kinderwagen (wenn er denn durch die Sicherheitskontrolle und bis zur Flugzeugtür soll) und den Autositz braucht. Empfehlenswert ist eine Tasche für den Buggy, besonders wenn Ihr schlechtes Wetter erwartet und keine durchnässten Sitzbezüge zurückhaben wollt. Ganz wichtig ist, dass der Agent ein Label (mit Barcode) an Wagen oder Sitz befestigt. Bei uns hat das ein Agent mal im Trubel vergessen, woraufhin der Kinderwagen eine Tour durch halb Europa ohne uns machte, bis er schließlich nach Hause geliefert wurde. Auf dem Rückweg ist das vielleicht noch lustig, auf dem Hinweg jedoch gar nicht. Ein „cabin approved“ Label braucht Ihr auch, wenn etwas mit in die Kabine soll, also zum Beispiel ein faltbarer Buggy ins Handgepäckfach oder ein Autositz auf den eigenen Sitzplatz des Babys.
Schon im Regelbetrieb aber besonders, wenn es wegen außergewöhnlicher Umstände zu langen Schlangen kommt, weiß man bevorzugten Check-in und Fas Track bei der Sicherheitskontrolle zu schätzen. Wenn Ihr nicht über Reiseklasse oder Status in den Genuss dieser Privilegien kommt, gibt es vielleicht gesonderte Check-in Schalter für Familien. Bei der Sicherheitskontrolle haben wir bisher nahezu überall erlebt, dass man mit kleinen Mitreisenden, insbesondere mit Kinderwagen, durch einen Extrazugang schneller zur Sicherheitskontrolle kommt. Hier solltet Ihr dann vorbereitet sein und zum Beispiel Flüssigkeiten schnell griffbereit haben. Für Babynahrung gelten die üblichen Mengenbeschränkungen für Flüssigkeiten übrigens nicht, solange sie für die Flugdauer noch irgendwie plausibel erscheinen. In Ausnahmefällen muss man etwas von der Flüssigkeit zu sich nehmen, um die Gefahrlosigkeit zu demonstrieren.
Priority Boarding gibt es bei einigen Fluggesellschaften, wie beispielsweise der Lufthansa grundsätzlich für Familien mit Kindern, bei einigen jedoch nur innerhalb der Reiseklasse wie auch bei Singapore Airlines oder Air New Zealand. Das kann jedoch von Flughafen zu Flughafen vom Bodenpersonal unterschiedlich gehandhabt werden und ein freundliches Nachfragen nicht zu knapp vor Beginn des Boardings kann auch noch weiterhelfen.
Das Erlebnis mit dem Baby an Bord
Sobald Ihr an Bord an Euren Sitzplätzen angekommen seid, werdet Ihr ein wenig mehr Zeit als üblich brauchen. Immerhin muss das um die Kindersachen erweiterte Handgepäcks verstaut werden und auch zum Festschnallen des Autositzes oder zum Anschnallen des Babys auf dem Schoss mittels Loop Belt braucht Ihr einiges an Zeit. Denkt aber daran, nicht alles wegzupacken und ein paar Spielsachen, etwas zu essen und einen Schnuller zum Druckausgleich in Griffweite zu behalten.
Das Bassinet könnt Ihr erst nach dem Start nutzen, wenn die Anschnallzeichen ausgeschaltet sind. Bittet dann eine Flugbegleiterin/einen Flugbegleiter, Euch das Bassinet zu installieren. Es sollen allerdings schon Modelle in Planung sein, bei denen das Baby den ganzen Flug über angeschnallt im Bassinet liegen kann. Das vermeidet dann den großen Nachteil, bei Turbulenzen das eventuell schalfende Baby aus dem Bassinet nehmen zu müssen. Da das meist zum Wecken führen wird, könnt Ihr vor dem Schlafenlegen ins (traditionelle) Bassinet kurz in Erfahrung bringen, ob Turbulenzen zu erwarten sind. Auch ein Hinlegen kurz vor Beginn des Landeanflugs macht keinen Sinn. Da bleibt das Baby besser auf dem Schoss.
Die luxuriöse Variante auch ohne Bassinet ist natürlich, ein flaches Bett zu haben, auf dem Ihr das Baby neben Euch beziehungsweise Eure bessere Hälfte legen könnt. Bei relativ schmalen Sitzen in der Business Class wie bei Lufthansa, Swiss und Austrian, wird das vermutlich etwas eng, während es bei den breiten Singapore Airlines Sitzen problemlos möglich ist, bequem zu zweit nebeneinander zu schlafen.
Mit steigendem Alter wird auch das Beschäftigen mit dem Kleinkind immer wichtiger. Das wissen auch die Airlines, die möglichst gut gelaunte und beschäftigte kleine Passagiere sehen wollen. Entsprechend könnt Ihr Euch darauf einstellten, mit dem ein oder anderen Plüschtier oder sonstigem Spielzeug beglückt zu werden, solange es sich um keine Billigfluggesellschaft handelt. Hätten wir gewusst, wie viel da zusammenkommen kann, hätten wir weniger von zu Hause mitgeschleppt. Da aber Entertainment für die Nerven aller Beteiligten wichtig ist, sollte man hier auch nicht am falschen Ende sparen.
Ein wenig Absprache erfordert noch das Essen. Egal in welcher Reiseklasse Ihr unterwegs seid: Gleichzeitig Füttern und selber essen ist aus Platz- und Nervengründen meist nicht die beste Wahl. In der Economy sowieso und auch oft in der Business Class gibt es kein dine on demand Konzept. Hier bietet es sich an rechtzeitig die Flugbegleiter anzusprechen, dass Ihr das Kinderessen zum Beispiel vor Eurem Essen haben wollt. Die Flugbegleiter werden das „Problem“ kennen und auf Nachfrage bestmöglich helfen. Im Idealfall könnt Ihr das Essen so timen, dass Euer Baby schon im Bassinet schläft, wenn Ihr Euer Essen bekommt. Wir haben das in über der Hälfte der Fälle hinbekommen, was zu einem deutlich entspannteren Flugerlebnis für die Eltern beiträgt.
Untrennbar mit dem Essen ist bei Babys das Wickeln verbunden. Windeln und Ersatzkleidung solltet Ihr natürlich in ausreichender Menge im Handgepäck griffbereit haben. Für Notfälle haben die Flugbegleiter auch ein paar Windeln vorrätig, meist in „S“, „M“ und „L“, sodass grob für die meisten Fälle etwas behelfsmäßiges da sein sollte. Falls Ihr vor Abflug bemerkt, dass es von der Menge her bei den Windeln knapp wird und Ihr am Flughafen auch nichts mehr kaufen könnt, hilft es das Bodenpersonal anzusprechen. Die können dann noch in Erfahrung bringen, ob zur Überbrückung ausreichend Windeln an Bord sind. Wenn man freundlich fragt, wird einem hier tatsächlich oft gerne geholfen.
Für das Wickeln in der beengten Flugzeugtoilette empfiehlt sich noch die Mitnahme einer kleinen Extrawickeltasche nur mit Wickelunterlage, Feuchttüchern und wenigen Windeln darin, die Ihr an einen Haken hängen kann. Denn Ihr werdet gerade bei lebhaften Kindern beide Hände brauchen. Auch hilfreich sind desinfizierende Hygienetücher, mit denen Ihr den gegebenenfalls gut frequentierten Wickeltisch abwischt, bevor Ihr Eure Wickelunterlage darauflegt. Auch als geübter Flugzeugwickler solltet Ihr mindestens fünf Minuten für die Prozedur einplanen und Euch entsprechend rechtzeitig anstellen, wenn Betrieb vor den Waschräumen herrscht.
Fazit zum Fliegen mit Baby auf der Langstrecke
Wie Ihr seht, gibt es einiges zu beachten bei der Planung sowie am Boden und im Flugzeug, wenn Ihr auf der Langstrecke mit Baby oder Kleinkind unterwegs seid. Aber mit etwas Vorbereitung, die die Vorfreude auf die Reise ja sogar noch steigern kann, lassen sich unliebsame Überraschungen vermeiden und einem nicht nur erträglichen sondern vielleicht ein wenig schönem besonderen Reiseerlebnis steht nichts mehr im Weg.