Die junge Airline Norse wurde im letzten Jahr gegründet und nahm den Flugbetrieb erst am 14. Juni dieses Jahres auf. Seit dem 17. August bietet die Airline auch Verbindungen zwischen Berlin und den USA an.

Ich durfte beim Erstflug von Berlin/Brandenburg Airport nach New York JFK dabei sein. Die Norweger setzen auf dieser Route den Dreamliner Boeing 787 ein und hoffen auf einen erfolgreichen Betrieb der Strecken (eine zweite von Berlin führt aktuell nach Los Angeles) im notorisch hart umkämpften Low-Cost Langstrecken Segment. Besonders interessiert hat mich hierbei das Preis-Leistungs-Verhältnis auf dem Flug, denn die Airline wirbt ja insbesondere auch mit dem Ticketpreis. In meinem Erfahrungsbericht blicke ich hierbei vor allem auf das preislich höhere Premium-Produkt von Norse. Ob sich das Premium-Produkt von Norse Atlantic Airways tatsächlich mit den Angeboten anderer Airlines vergleichen lässt, zeige ich in diesem Bericht.

Die Eindrücke des Erstflugs

Das Einchecken und Einsteigen

Die Erfahrung beginnt beim Check-in am Flughafen Berlin. Norse Atlantic betreibt vier Check-in Schalter, um seine Boeing 787-9 abzufertigen. Trotz des Erstfluges war die Schlange am Check-in 2,5 Stunden vor Abflug überschaubar. Der Check-in war dann auch sehr schnell erledigt. Das Premium-Ticket beinhaltet Priority-Check-in, die Warteschlange hier war deutlich kürzer als in der Economy. Ich brauchte am Check-in knappe 10 Minuten. Das kann natürlich bei komplett ausgebuchter Premium-Klasse etwas anders ausschauen. Auf meinem Flug waren von den 56 verfügbaren Sitzen nur 13 besetzt.

An einem der vier Schalter wurden die Premiumpassagiere eingecheckt. Kontrolliert wurden alle Dokumente, inklusiven denen zu Covid-19. Jeder Passagier bekam zudem noch ein Formblatt zum Impfstatus, das bis zum Boarding ausgefüllt werden musste.

Die Priorität erstreckt sich allerdings (noch) nicht auf die Sicherheitskontrolle. Alle Norse Passagiere passieren die Sicherheitskontrolle über die normalen Schalter. Es gibt wohl aktuell Gespräche mit dem Flughafenbetreiber für einen Fast-Track-Zugang für Premiumpassagiere, um das Premiumangebot hier noch aufzuwerten. Am Mittwoch war die Warteschlange lang, doch die Sicherheitskontrolle nahm dennoch nur 25 Minuten in Anspruch. Insgesamt brauchte ich für Check-in, Sicherheits- und Passkontrolle gute 50 Minuten.

Am Gate wurde der Erstflug natürlich standesgemäß gefeiert, da macht auch Norse Atlantic keine Ausnahme. Die Norse-Flüge gehen am BER vom Terminal 1 über die Abflugebene D im Obergeschoss (Non-Schengen) ab.

Zur Feier des Erstfluges hatte man Aufsteller am Gate positioniert, die das Ereignis kommunizierten und für die Passagiere des Erstfluges gab es einen Plüschteddy als kleine Aufmerksamkeit beim Boarding.

Das Einsteigen lief reibungslos, aufgerufen wurde nach Boardinggruppen. 19:15 Uhr vermeldete die Crew bereits „Boarding completed“.

Abflug und Service

Das Gate verließ die Maschine LN-FNI um 19:50 Uhr Ortszeit und die Flughafenfeuerwehr bereitete dem Dreamliner ein ordentliches Spalier beim Rollen zum Start. Der Dreamliner hob dann fast pünktlich um 20:00 Uhr von der Startbahn ab.

Die von mir gebuchte Premium-Kabine von Norse Atlantic ist ein Mix zwischen Premium Economy und Business Class. Nach dem Einsteigen wurde den Premium-Passagieren ein Willkommensdrink angeboten (Saft oder Wasser). Der Service in der Premium-Klasse umfasst zwei Mahlzeiten, eine Hauptmahlzeit nach dem Start und ein Snack kurz vor der Landung. Der Essensservice startete etwa 40 Minuten nach dem Start.

Die Hauptmahlzeit erreichte mich (auf Platz 7A) knapp 60 Minuten nach dem Start. Die Passagiere konnten zwischen einer Tomaten-Hähnchen-Brust und einem Lachsfilet wählen. Ich entschied mich für das Hähnchen. Zusätzlich wurde ein alkoholisches Getränk oder ein Softdrink zum Essen angeboten. Nach dem Essen konnte man Kaffee oder Tee bestellen.

Was interessant war: Das Essen kam in einem recycelbaren Karton-Tablett und enthielt die Box mit dem warmen Essen, Holz-Besteck, einem Stück Butter und einen Schokopudding. Mit Blick auf die Größe der Portion ist die Mahlzeit eher vergleichbar mit den Economy-Mahlzeiten anderer Fluggesellschaften. Das Hühnchen war aber immerhin heiß und saftig. Der Naturreis und das gegrillte Gemüse waren in Ordnung, aber nicht überragend.

Das Brötchen verdient meiner Meinung nach eine besondere Erwähnung, denn es war warm und kam nicht aus einer Plastiktüte, sondern wurde von den Flugbegleitern separat serviert.

Bei der Mahlzeit merkt sicher der ein oder andere die niedrigen Ticketpreise, auf die ich später auch noch einmal eingehen werde. Insgesamt muss man sagen, dass sich die Hauptmahlzeit nicht besonders “Premium” anfühlte. Besonders die Größe der Portionen sollte sich im Premiumsegment etwas von der Economy unterscheiden. Übrigens wurde in beiden Klassen die identische Mahlzeit serviert.

Eine Stunde vor Landung am JFK, wurde dann noch die “leichte Mahlzeit” serviert, die aus einer Brotstange im Pizza-Stil und einem Stück Kuchen bestand. Das ist vergleichbar mit Angeboten inneramerikanischen Flügen unter 7 Stunden. Auch hier kann das Produkt nicht ganz mit anderen Premium-Angeboten mithalten.  

Positiv am Service fand ich jedoch, dass die Flugbegleiter über die gesamte Dauer des Fluges präsent in der Kabine waren und immer wieder Wasser anboten.

Die Kabine

Die Kabinenkonfiguration der von Norwegian übernommenen Boeing 787 hat sich nicht geändert. Eine neue Lackierung der Flugzeuge und das Rebranding der Kabine sind die einzigen Veränderungen der ehemaligen Norwegian-Flieger. Die Sitze sind in der Premium-Klasse in einem 2-3-2- Layout angelegt und in der Economy 3-3-3. Die Premium-Kabine erstreckt sich über 8 Reihen im vorderen Teil des Flugzeugs mit 56 Sitzen. Diese Sitze bieten eine großzügig verstellbare Rückenlehne und Fußstützen. So kann man recht bequem einen Langstreckenflug genießen. Zumal der Sitzabstand bei ca. 110 Zentimeter liegt (Zum Vergleich: Lufthansa bietet in der Premium Eco der 747-800 97 Zentimeter).

Der Sitz ist gut gepolstert. Für einen Tagflug bot der Sitz eine gute Position, um etwas zu arbeiten oder sich einen Film auf dem Bildschirm anzuschauen. Aber auch ein Nickerchen auf diesem Acht-Stunden-Flug ist auf diesem Sitz unkompliziert möglich. Auf der Rückreise ist der Flug ein Nachtflug und auch dort sollte der Sitz komfortabel genug sein, um schlafen zu können. Der Sitz kann absolut mit anderen Premium Economy Sitzen mithalten, bleibt aber hinter einem Business-Class-Sitz deutlich zurück.

Im Mittelblock zwischen den benachbarten Sitzen befindet sich eine Steckdose. In den Armlehnen des Sitzes verbergen sich der Tisch und auf der anderen Seite der Monitor. Anders als in der Economy ist in der Premium-Klasse der Bildschirm nicht im Vordersitz, sondern in der Armlehne und kann entsprechend ausgeklappt werden. Wenn beides, Tisch und Monitor, ausgeklappt sind, könnte der Weg in den Gang eine kleine Herausforderung werden.

Das IFE (Inflight Entertainmentsystem) ist leicht zu bedienen und übersichtlich. Es finden sich diverse Filme im Angebot. Den notwendigen Kopfhörer bieten die Flugbegleiter an. Die übliche Airshow mit der Anzeige der genauen Position gibt es allerdings nicht. Am Bildschirm selbst befindet sich ein USB-Port, um das eigene Handy oder Tablet während des Fluges aufzuladen.

Ich habe auf dem Flug noch einen schnellen Ausflug in den vorderen Teil der Kabine gemacht – in den Waschraum. Hier findet man einen serienmäßigen Boeing-Waschraum, in Standardausstattung. Übrigens – der Waschraum war am Ende des Fluges immer noch sehr sauber.

Der Preis

Da ein Fokus von Norse Atlantic ist, sich besonders durch den Preis von der Konkurrenz abzuheben, ist abschließend noch ein Blick auf die Preisstruktur sinnvoll, bevor ich ein finales Fazit ziehen werde.

Economy Class

Das Preissystem ist insgesamt sehr übersichtlich und schnell verständlich auf der Webseite flynorse.com dargestellt. Die Airline wirbt mit sehr attraktiven Preisen für ihre Strecken. Eine Woche vor Abflug liegen die Preise wie folgt: Economy Light ab circa 350 Euro (preiswerter ab Mitte September um 250 Euro), wobei man beim Rückflug preislich bereits ab August mit knapp unter 200 Euro dicht am Versprechen der Airline bleiben kann. Der Vollständigkeit muss erwähnt werden, dass es drei Buchungsklassen in der Economy (wie auch in der Premium Klasse) gibt – mit unterschiedlichen Bedingungen.

Der günstigste Eco-Tarif „Light“ ist de facto ein Handgepäcktarif und erlaubt nur ein Gepäckstück, das sich unter dem Vordersitz verstauen lässt. Er enthält auch keine Verpflegung an Bord. Der von der Airline empfohlene Tarif ist der Classic-Tarif, mit einem Freigepäck (23 Kilo), Handgepäck (10 Kilo), Verpflegung an Bord und falls sich Pläne ändern, mit gratis Umbuchungsmöglichkeit. Allerdings ist das Ticket dann bereits etwa. 90 Euro je Strecke teurer. Der Plus Tarif enthält dann auch eine Wunschsitzreservierung und ein Priority Boarding. Der Tarif liegt dann je Strecke in der Economy schon ca. 160 Euro je Strecke über dem Light-Tarif.

Über die drei Tarife hinweg ergibt sich für Hin-/Rückflug also ein Ticketpreis von ca. 450 Euro (günstigster Fall) oder ca. 900 Euro im höchsten Economy-Tarif). Preislich vergleichbare Angebote findet man auch bei United Airlines direkt ab Berlin, allerdings nur an ganz wenigen Tagen und viele andere Angebote haben den Nachteil, dass es sich dabei ausnahmslos um Umsteigeverbindungen handelt, mit Umstieg in London, Frankfurt, Madrid, Helsinki…), was die Reisezeit im Minimum um ca. 2,5 Stunden verlängert. Damit ist das Angebot der Norweger auf der Non-Stop Strecke von Berlin nach New York preislich sehr attraktiv. Das Angebot der Star Alliance (United Airlines in Kooperation mit Lufthansa) startet im günstigsten Fall erst bei 565 Euro (August/September betrachtet), ist aber nur an sehr wenigen Tagen verfügbar.

Premium-Klasse

Die Tarife finden sich mit Light, Classic, Plus in identischer Klassifizierung wie in der Economy und sind damit sehr übersichtlich. In Sachen Gepäck enthalten die Tarife mindestens ein Handgepäck (10 Kilo Light-Tarif) bis zu zwei Aufgabegepäckstücke (Plustrarif). Auch die Verpflegung an Bord ist in diesen Tarifen mit zwei Mahlzeiten inkludiert. Ebenso ist der Priority Check-In und Premium-Boarding für alle Premium-Tarife vorgesehen. Der Plus-Tarif ist wie in der Economy, der einzige erstattbare Tarif. Die Verfügbarkeit der Premium-Tarife ist über den August/September sehr gut und beginnt bei ca. 403 Euro je Strecke ab Berlin im Light Tarif (493 Euro Classic-Tarif, 679 Euro Plus-Tarif) und für den Rückflug bei ca. 315 Euro im Light-Tarif (405 Euro Classic-Tarif, 585 Euro Plus-Tarif). Somit kann man sich das Premium-Produkt der Norweger bereits ab ca. 750 Euro für Hin-/Rückflug sichern.

Wer einen Koffer aufgeben möchte, muss im günstigen Fall mit ca. 898 Euro rechnen. Preislich durchaus interessant im Vergleich zum Non-Stop-Angebot der Star Alliance ab Berlin für die Premium-Economy bei United. Auch die Umsteigeverbindungen ab Berlin (Umstieg z.B. in Stockholm mit SAS) starten im betrachteten Zeitraum bei 949 Euro. Selbst wer den Plus Tarif buchen möchte, landet preislich deutlich unter den Umstiegsangeboten anderer Airlines für die Premium-Economy.

Fazit zu meinen Erfahrungen auf dem Norse Atlantic Erstflug vom BER nach JFK

Norse Atlantic will im Langstreckenmarkt ab Berlin eine Rolle spielen – vor allem auf den sehr interessanten USA-Strecken. In diese Richtung ist auch das Premium-Angebot zu verstehen. In der Premium-Klasse bietet die Airline einen komfortablen Sitz, aber einen einfachen Service in Bezug auf Mahlzeiten und Bodenbetreuung der Passagiere. Für Urlaubsreisende könnte hier aber das ein oder andere Schnäppchen möglich werden im Vergleich zu anderen Airlines ab Berlin. Insgesamt aber kämpft das Produkt mit den Tarifen anderer Premiumangebote diverser Fluggesellschaften, doch wenn man gegenüber den Ticketpreisen mehrere hundert Euro sparen kann, dann ist das Angebot der Norweger auf jeden Fall einen Blick wert. Die Crew macht einen sehr professionellen und sehr freundlichen Eindruck und macht den Aufenthalt sehr angenehm. Entscheidend dürfte sein, wie gut sich in den nächsten Monaten das Zubringergeschäft nach Berlin entwickelt, damit die Strecken ab Berlin wirtschaftlich betrieben werden können.

Vielen Dank an unseren Leser Peter W., der uns mit seinem Text und den Bildern unterstützt hat.

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