Seit dem 14. Dezember bietet die Deutsche Bahn unter der Bezeichnung ICE L einen neuen Schnellzug. Doch was können Passagiere in der 1. Klasse erwarten und lohnt es sich, konkret nach diesem Zugtyp Ausschau zu halten?

Mit jeder Menge Verspätung wurde zum Fahrplanwechsel der neue ICE L (anders als man annehmen mag, steht L trotz der insgesamt 17 Wagen nicht für die Länge des Zuges, sondern den ebenerdigen Einstieg) in Dienst gestellt und fährt zum Start auf der Verbindung zwischen Berlin und Köln. Ich hatte die Gelegenheit, die 1. Klasse im neuen Schnellzug zu testen und mir dabei einen ersten Eindruck zu machen. Neben einigen Stärken ist mir dabei auch eine zentrale Schwäche der Züge auf Basis des Talgo 230, den man bereits aus Spanien kennt, aufgefallen!

Schickes Innenraumdesign und stufenloser Einstieg

Sobald man den neuen ICE L betritt, merkt man sofort, dass der Zug eine komplett neue Designsprache im Vergleich zu anderen ICEs aufweist. Der im Jahr 2017 in Dienst gestellte ICE 4 hat zwar ebenfalls neue Sitze bekommen, sieht im Großen und Ganzen aber aus wie andere ICE-Typen. Beim ICE L dagegen hat die Bahn gerade in der 1. Klasse auf eine komplett neue Designsprache gesetzt.

Diese ist aus meiner Sicht hervorragend gelungen, denn sowohl das moderne Lichtkonzept als auch die Verwendung von verschiedenen Grau- und Beigetönen sorgen dafür, dass der Zug ausgesprochen schick wirkt. Man darf zudem davon ausgehen, dass die Kabinen durch diese Farbwahl auch weniger anfällig für Abnutzungsspuren sind, die auf anderen Farben stärker zu sehen sind.

Hervorzuheben ist auch, dass die neuen Züge (an den meisten Bahnhöfen) einen stufenlosen Einstieg ermöglichen, was ich mit Gepäck in der Praxis als ausgesprochen praktisch wahrgenommen habe. Der Eingangsbereich in den Wagen ist dabei angenehm großzügig gestaltet, die Übergänge zwischen den Wagen, die mit Türen versehen sind, allerdings ein wenig eng.

Deutlich geräumiger geht es in den Gängen der 1. Klasse zu, die sehr breit wirken. Positiv aufgefallen sind mir dabei speziell auch die großen Gepäckablagemöglichkeiten. So bietet jeder Wagen eine Ablage, in der man problemlos größere Gepäckstücke verstauen kann, ohne diese anheben zu müssen.

Ergänzend gibt es dennoch große Gepäckablagen über den Sitzen, sowie auch unter beziehungsweise bei den Doppelreihen zwischen den Sitzen mehr als genug Platz, um beispielsweise einen Rucksack oder auch eine Handtasche zu verstauen.

Weniger Sitze pro Wagen sorgen für mehr Ruhe

Interessant ist am neuen ICE L, dass dieser durch seine insgesamt 17 Wagen auf den ersten Blick extrem lang wirkt. Das täuscht allerdings, denn die einzelnen Wagen sind nur in etwa halb so lang wie beim ICE 4. Entsprechend bietet der Zug mit einer Gesamtlänge von knapp 250 Metern (gegenüber mehr als 350 Metern bei ICE 4 mit zwölf oder dreizehn Wagen) auch nur 574, davon 85 in der 1. Klasse. Bei den langen ICE 4-Zügen sind es dagegen 830 oder 913 mit jeweils 205 Plätzen in der ersten Klasse.

Dies sehe ich als einen massiven Vorteil des neuen ICE L, der ursprünglich mal als ECx geplant, eigentlich nicht dieser Zuggattung angehören sollte. In den drei 1. Klasse Wagen findet man etwa weniger als drei Dutzend Sitzplätze pro Wagen, wodurch diese signifikant intimer und ruhiger wirken als in einem normalen ICE. Die Sitzkonfiguration mit einem Sitz auf der einen Seite des Gangs und zwei auf der anderen Seite, kennt man dagegen so auch von anderen Fernzügen der Deutschen Bahn.

Abteile gibt es in den neuen Zügen zudem nicht, wobei es noch einmal einen Unterschied zwischen dem Trieb- und den regulären Wagen gibt. Ersterer bietet ganz am Ende noch über eine Treppe (die einzigen nicht barrierefreien Sitzplätze) einen gesonderten Bereich mit insgesamt neun Sitzplätzen, die eine besonders gute Privatsphäre bieten.

Wenngleich es in dieser Hinsicht durch bis zu zwei abgetrennte Bereiche im Großraumwagen der 1. Klasse schon Fortschritte gab, empfinde ich die Ruhe und Atmosphäre in den Wagen des neuen ICE L noch einmal als ein ganzes Stück besser.

Deutlich bequemere Sitze und praktische Funktionen

Umso mehr gilt das, weil ich auch die Sitze als klares Upgrade wahrnehme. Diese wirken nicht nur breiter, sondern mit den Stoffauflagen (in anderen ICEs sind die 1. Klasse Sitze immer mit Leder überzogen) auch sehr bequem. Beidseitig darf man sich zudem über eine Armlehne freuen, die mit Leder überzogen und damit ebenfalls bequem ist.

Das Kopfteil ist nicht mehr aus Stoff, sondern aus Leder, was im ersten Moment etwas kühl wirkt, aber vermeintlich mit Blick auf die Hygiene die bessere Lösung ist.

Wie üblich lassen sich die Sitze innerhalb der Hartschale ein wenig verstellen, sodass man auch in einer Relax-Position sitzen kann. Dank ausreichend Fußraum kann man sich dabei auch problemlos ausstrecken, eine Fußstütze gibt es ebenfalls weiterhin.

Neben den per se bequemen Sitzen gibt es auch noch einige andere Punkte, die einen Blick wert sind. Wie schon in anderen ICE-Typen bieten auch die 1. Klasse Sitze im neuen ICE L einen Getränkehalter mit kleinem Greifarm.

Angenehm finde ich, dass es zwischen den Sitzen in der Doppelreihe eine nach unten hin abschließende Trennwand gibt, die dafür sorgt, dass von hinten niemand zwischen den Sitzen hindurchsehen kann. Am unteren Ende befindet sich hier auch eine Ablage zwischen den Sitzen, eine solche gibt es an den Einzelsitzen nicht.

Davon ab sind die Sitze identisch ausgestattet, wobei es das übliche Netz gibt, in dem man Dinge verstauen kann. Genauso gibt es natürlich auch eine Leselampe und einen Kleiderhaken. Neu ist der große Tablethalter, der sich ideal anbietet, wenn man im Zug etwas auf einem mitgebrachten Gerät schauen möchte.

Gute Noten gibt es auch für die Tische, denn neben den großen Tischen an den Vierer- beziehungsweise Zweierblöcken, die großzügig daherkommen, gibt es auch an den regulären Plätzen große, ausklappbare Tische.

Hier kann man nicht nur problemlos einen 13 Zoll-Laptop öffnen, sondern auch noch ausreichend Platz für eine Maus und gegebenenfalls weitere Dokumente, was ich gegenüber anderen ICE-Typen als enormen Vorteil ansehe.

Einen kleinen Mülleimer an jedem Sitz gibt es ergänzend auch noch, die Sitzplatzanzeigen funktionieren natürlich digital und zeigen mit einer grünen, gelben (besetzt ab einem späteren Bahnhof) oder roten Lampe schnell und einfach an, ob ein Platz besetzt ist.

Zusammenfassend kann ich bezüglich der Sitze in der 1. Klasse des ICE L entsprechend nur Positives sagen. Zwar muss man sehen, wie sich das Material entwickelt, aber die ersten Eindrücke hinsichtlich Bequemlichkeit und Praktikabilität der Sitze können sich sehen lassen.

Überzeugendes Internet und ein ruckeliges Fahrerlebnis

Erwähnenswert ist hinsichtlich des Erlebnisses in der 1. Klasse des neuen ICE L der Deutschen Bahn zudem, dass das Internet an Bord wie ein massives Upgrade wirkt. Auf meiner gesamten Fahrt von Berlin nach Bielefeld hatte ich durchgängig eine hervorragende Internetverbindung, was sich auch mit einem beachtlichen Ergebnis beim Speedtest bestätigt hat.

Nun war der Zug auch nicht allzu voll, was sicherlich eine Rolle gespielt hat. Dennoch war ich im Vergleich zu anderen ICE-Typen, auch mit ähnlich wenigen Gästen, ausgesprochen positiv überrascht. Ansonsten wurde auch die digitale Bestellung am Platz in der 1. Klasse angeboten, die allerdings mittlerweile auch in anderen ICE-Typen (eigentlich) die Regel sein sollte.

Einen kritischen Punkt habe ich zum Abschluss allerdings noch parat, denn eine große Schwäche haben die ICE L. Vermutlich durch die unterschiedliche Gestaltung der Radkästen durch den ebenerdigen Einstieg, ist die Fahrt deutlich ruckeliger als in anderen Fernzügen der Deutschen Bahn. Gerade bei einem Gleiswechsel und der Fahrt über eine Weiche wackelt gefühlt der gesamte Zug.

Das wirkt wie eine Kleinigkeit, allerdings ruckelt der Zug fast die gesamte Zeit über, selbst auf freier Strecke. Bedenkt man indessen, dass momentan nur Geschwindigkeiten bis 200 km/h möglich sind, weil die eigentliche Lok noch nicht zugelassen ist, dürfte sich dieser Effekt bei Höchstgeschwindigkeit verstärken. Gerade auch beim Arbeiten empfand ich das als ein wenig unangenehm.

Fazit zum 1. Klasse Erlebnis im neuen ICE L der Deutschen Bahn

Zusammenfassend können sich Passagiere in der 1. Klasse der neuen ICE L der Deutschen Bahn über ein in vielerlei Hinsicht deutlich verbessertes Erlebnis freuen. Das gilt besonders für das Design, die Intimität der Kabine und den Komfort der Sitze, aber auch für das Internet. Schwächen gibt es gleichwohl trotzdem, speziell mit Blick auf das ruckelige Fahrerlebnis. Wer damit zurechtkommt, dürfte mit dem neuen Zugtyp möglicherweise glücklicher sein als mit anderen ICEs.

Die besten Tipps von reisetopia findet Ihr täglich in unserem Newsletter, aber auch auf Instagram und TikTok. Austauschen könnt Ihr Euch auch in unserer Facebook Gruppe!

Ihr habt spannende Informationen, Euch fehlen wichtige Themen oder Ihr habt einfach eine Anregung für neue Content Ideen? Dann sendet sie uns über dieses Formular!

Autor

Moritz hat sich über die Jahre ein enormes Wissen über Finanzprodukte, Loyalitätsprogramme und Luxusreisen angeeignet. Für Luxushotels, First Class Flüge sowie die Details von Kreditkarten, Tagesgeldkonten und mehr ist Moritz genau der richtige Ansprechpartner!

Fragen? In der reisetopia Club Lounge auf Facebook beantworten wir Eure Fragen.