Der indische Luftfahrtmarkt könnte vor einer großen Konsolidierung stehen. Die beiden Eigner von Vistara planen eine mögliche Übernahme von Air India.
Kaum eine Fluggesellschaft hat es in den letzten Jahren so häufig negativ in die Schlagzeilen geschafft wie Air India. Die indische Nationalairline macht nicht nur seit Jahren enorme Verluste, die Fluggesellschaft fällt auch durch einen Skandal nach dem anderen negativ auf. Besonders problematisch scheinen neben dem politischen Einfluss auf die Airline auch strukturelle Probleme mit der Führung der Airline und dem Personal. Nicht zuletzt deshalb stand die Airline schon mehrfach vor der Pleite. Vor dieser bewahrt der indische Staat die Nationalairline zwar noch, gleichzeitig soll sie aber verkauft werden. Bislang fand sich nicht recht ein Investor, doch nun kommt Bewegung rein. Die aufstrebende indische Airline Vistara könnte Air India übernehmen, berichtet die India Times.
Tata & Singapore Airlines könnten noch im Dezember ein Angebot abgeben
Vistara ist ein erst wenige Jahre altes Joint Venture zwischen dem indischen Industriekonglomerat Tata und der bekannten Fluggesellschaft Singapore Airlines. Tata Son ist unter anderem durch Rohstoffe und die Produktion von Automobilen groß geworden und ist einer der wichtigsten Konzerne des Landes. Die Lenker des Konzerns scheinen sich bereit sicher, dass sie ein Angebot für die strauchelnde Air India abgeben möchten – und dass noch im Dezember. Klar ist allerdings noch nicht, ob Singapore Airlines überzeugt ist. Zwar spekuliert die India Times, dass der Miteigner von Vistara ebenfalls an Bord sein dürfte, als sicher gilt das aber noch nicht. Die Staatsairline von Singapur muss mit Blick auf die Krise selbst mit Problemen kämpfen und hat erst vor wenigen Monaten eine relevante Finanzspritze des Staatsfonds Temasek, der 55 Prozent der Anteile an der Airline hält, bekommen.
Damit Vistara ein Angebot für eine Übername abgeben kann, müsste Singapore Airlines zwingend zustimmen. Gleichzeitig würde das bedeuten, dass auch der Staatsfonds von Singapur als Mehrheitseigentümer der Airline seine Zustimmung gibt. Doch in Indien wird spekuliert, dass Tata selbst ohne die Unterstützung des Partners ein Angebot abgeben könnte. Dies wäre wiederum prekär, da die beiden Joint Venture-Partner sich vor einigen Jahren darauf geeinigt hatten, gleichzeitig nicht in eine andere Airline in Indien zu investieren. Tata könnte also ohne Singapore Airlines zumindest vertraglich betrachtet nicht auch Air India übernehmen. Zudem scheint der Betrieb zweier auf vielen Strecken konkurrierenden Airlines auch wenig sinnvoll, sodass Tata wohl alles daran setzen wird, den Partner für die Mammutaufgabe mit an Bord zu bekommen.
Vistara will sich Air India einverleiben
Sollten die beiden Partner ein Angebot für Air India abgeben, könnte es um die Star Alliance Fluggesellschaft bald geschehen sein. In einem Statement gegenüber der India Times hat ein Sprecher der deutlichen kleineren Airline Vistara dies in aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht:
Unser Vorstand hat deutlich gemacht, dass im Airlinegeschäft eine Konsolidierung nötig sei und es nicht mehrere Fluggesellschaften geben könne. Da auch Air India eine Fluggesellschaft mit vollem Service ist, ergibt es damit nur Sinn, dass die Airline unter das Vistara-Geschäft fällt, da es sich ebenfalls um eine Fluggesellschaft mit vollem Service handelt.
Sprecher von Tata gegenüber der Air India Times
Wenngleich Experten darauf hinweisen, dass eine Übernahme viele Gefahren mit sich bringe und mit hohen Kosten aufwarten würde, scheint Tata entschlossen, die Chance zu ergreifen. Das passt zum Kurs von Vistara, denn die indische Airline expandiert aktuell mit großer Geschwindigkeit und fliegt mittlerweile sogar nach Europa. Nachdem die Fluggesellschaft erst mit Inlandsflügen gestartet war, vor zwei Jahren erstmals auch international flog und nun sogar Langstrecken in die Vereinigten Staaten anpeilt, konkurriert sie auf immer mehr Strecken mit Air India, sodass eine Übernahme mit Blick auf eine Konsolidierung des Marktes durchaus sinnvoll erscheint. Vistara hat aktuell knapp 50 Flugzeuge in der Flotte und ähnlich viele in den Orderbüchern. Air India hat knapp 125 Maschinen, wovon die Hälfte Langstreckenjets sein.
Während Vistara allerdings eine sehr moderne Flotte mit hervorragendem Bordprodukt und eine schlanke Struktur mitbringt, sieht es bei Air India genau gegenteilig aus. Sinnvoll wäre es daher auf jeden Fall, dass Vistara als Marke bestehen bleibt und die Airline nach und nach die Strecken von Air India, besonders die lukrativen Langstrecken, übernimmt. Passend dürften dabei auch einige der von Air India betriebenen Maschinen sein – so setzt Air India genauso wie Vistara auf die Boeing 787 auf der Langstrecke und großenteils eine Airbus-Flotte für Kurz- und Mittelstrecken. Möglich erscheint dabei auch, dass Vistara mittelfristig in die Star Alliance eintreten und damit Air India ersetzen könnte. Das liegt nicht nur am Investment von Singapore Airlines, denn auch andere Star Alliance-Fluggesellschaften wie die Lufthansa arbeiten mittlerweile mit Vistara zusammen. Während Vistara durch eine mögliche Akquisition zum wichtigsten Spieler auf dem indischen Luftfahrtmarkt aufsteigen könnte, würde die Marke Air India nach und nach verschwinden.
Fazit zur möglichen Air India-Übernahme durch Vistara
Die indische Nationalfluggesellschaft Air India könnte bald vom aufstrebenden Konkurrenten Vistara übernommen werden. Der Tata-Konzern scheint wild entschlossen, Singapore Airlines zeigt sich dagegen noch etwas zögerlicher. Dennoch scheint ein Angebot für Air India wahrscheinlich. Der indische Luftfahrtmarkt könnte sich damit langfristig verändern, Vistara würde durch die Übernahme in noch schnelleren Schritten zu einem globalen Spieler auf dem Luftfahrtmarkt werden.