Das besonders von Vielfliegern mit Spannung verfolgte Gerichtsverfahren zwischen der Lufthansa und einem Passagier, der das letzte Teilstück seiner Reise mit der Kranich-Airline verfallen lassen hatte, ist nun zum einem Ende gekommen.

Und dabei zieht die Lufthansa, für viele überraschend, den Kürzeren. Was auch daran liegt, dass die Airline die eigene Berufung letztlich zurückzog, das Urteil damit nun rechtskräftig wurde und der Passagier den Fall für sich entscheiden konnte. Jedoch sollten sich Passagiere mit ähnlichen Plänen nicht zu früh freuen.

Nachzahlung in Höhe von 2.112 Euro gefordert

Dass Flüge, besonders in den höheren Reiseklassen wie der Business und First Class, in den meisten Fällen mit einem Abflug vom nahen (zumeist europäischen) Ausland günstiger sind, ist schon lange – gerade unter “Unseresgleichen” – kein Geheimnis mehr und die täglichen Flugdeals sind nur voll mit Startflughäfen wie Amsterdam, Paris, London, Stockholm und zahlreichen weiteren Metropolen des näheren Auslands. Dabei kommt aber auch immer wieder die Frage auf, wie die generelle und rechtliche Situation im Falle eines Nicht-Wahrnehmens eines Teils der gebuchten Flugstrecke aussieht.

Das ist vor allem dann interessant, wenn der Reisende zum Beispiel bei einem Lufthansa-Flug, der über Frankfurt oder München führt, einfach am Zwischenstopp in Deutschland aussteigt und den letzten Teil der Flugreise verfallen lässt. Beim Hinflug ist die Sachlage eigentlich ziemlich klar, wonach die gesamte Strecke abgeflogen werden muss, damit das Ticket seine Gültigkeit behält.

Es gibt zahlreiche Berichte darüber, dass der frühzeitige Ausstieg beim Rückflug jedoch häufig kein Problem darstellt und man zuvor nur abklären muss, dass das gegebenenfalls aufgegebene Gepäck auch auf dem Gepäckband der eigentlichen Zwischenstation landet. Nun gab es jedoch auch wiederum vermehrt Fälle bei denen – wohl insbesondere bei Lufthansa-Flügen – auf dem Rückflug vorzeitig die Reise beendet wurde, jene Passagiere nachträglich zur Kasse gebeten wurden und das nicht zu wenig. So auch in dem aktuell heiß diskutierten und nun abgeschlossenen Fall, in dem der betroffene Passagier ebenfalls eine nachträgliche Rechnung in Höhe von 2.112 Euro des Kranichs erhalten hatte, nachdem der Reisende das letzte Teilstück seiner Lufthansa-Flugreise verfallen lies, indem er frühzeitig ausstieg und den letzten Flug nicht mehr antrat.

Da der Passagier sich allerdings weigerte zu zahlen, verklagte ihn die Lufthansa anschließend. Ursprünglich hatte der Beklagte einen Hin- und Rückflug für 657 Euro gebucht, der ihn in der Business Class von Oslo über Frankfurt nach Seattle führte. Der betroffene Kunde stiegt in diesem Fall allerdings bereits in Frankfurt aus, statt weiter nach Oslo zu fliegen und flog dabei, ebenfalls mit der Lufthansa, weiter nach Berlin direkt nach Hause.

Auswirkungen des Urteils noch völlig unklar

Nachdem die Lufthansa jedoch nach der ersten Instanz schon eine Schlappe hinnehmen musste, schien sich der Kranich auch des Erfolges eines Einspruches nicht mehr sicher zu sein und zog diesen schließlich doch noch zurück. Somit ist das Urteil nun rechtskräftig und der beklagte Passagier geht als Sieger aus der Verhandlung hervor, die am Amtsgericht in Berlin-Mitte abgehalten wurde.

Während viele Beobachter – insbesondere die Vielfliegerszene – das Urteil sicherlich feiern mögen, ist indes noch völlig unklar, was dies für ähnliche Fälle und in Zukunft bedeuten könnte. Denn der Lufthansa geschah bei der ersten Instanz ein grober Fehler, wonach die Neuberechnung nicht bis Frankfurt, sondern bis Berlin erfolgte. Das Ticket Richtung Berlin war unabhängig der vorherigen Reise gebucht, wenngleich es sich ebenfalls um ein Lufthansa-Ticket handelte. Somit war auch schon die Nachberechnung der Lufthansa völlig verkehrt und rechtswidrig.

Entsprechend hatte auch das Berliner Amtsgericht in seinem Urteil darauf hingewiesen, dass damit nicht grundsätzlich geklärt werden könne, ob eine Airline nachträglich mehr Geld verlangen kann, wenn “weniger geflogen” würde. Sprich: Es kann durchaus passieren, dass eine Fluggesellschaft auch rechtskonform von einem Passagier eine Nachzahlung fordern kann, wenn dieser auch das letzte Teilstück der Flugstrecke nicht antritt. In dem expliziten Fall von Lufthansa war dies auf Grundlage der Falschberechnung, sowie der Airline-AGBs jedoch nicht gegeben. Allerdings müsste bei einer Buchung bei der jeweiligen Airline schon im Buchungsschritt deutlich darauf hingewiesen werden, dass eine Nachberechnung Anwendung findet, sollte der Passagier ein Teilstück verfallen lassen, so das Gericht weiter.

Lufthansa verstößt gegen Transparenzgebot

Für den Anwalt des beklagten Passagiers, Dr. Matthias Böse, ist die Sachklage mit dem Urteil nun allerdings glasklar: „Lufthansa hat eingesehen, dass die verwendete Fassung ihrer Beförderungsbedingungen mit deutschem Recht nicht vereinbar ist. Durch die Rücknahme der Berufung besteht für Passagiere jetzt Rechtssicherheit, ohne dass der Fall vor dem Bundesgerichtshof verhandelt werden muss.“ So einfach wird es aber definitiv nicht sein und der Kranich wird früher oder später sicherlich einen Fall ergattern, der mit einem aus Sicht der Lufthansa positiven Urteil enden dürfte.

Das Urteil richtet sich dabei wie erwähnt auch gegen die AGBs der Lufthansa, in der eigentlich eben jene Fälle geregelt sind, wonach eine Nachberechnung aufgrund einer nicht angetretenen Teilstrecke erfolgt. Allerdings unterliegen auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines jeden Unternehmens einer rechtlichen Prüfung, bedeutet: Zu jederzeit kann der Verbraucher die jeweiligen Passagen der AGBs anzweifeln und gerichtlich prüfen lassen. Aus Sicht des Amtsgericht hat die Lufthansa somit gegen § 307, Abs. 1 BGB des festgelegten Transparenzgebots verstoßen, weil dem Kunden während des Buchungsprozesses eben jene Bedingung nicht deutlich gemacht wurde.

Fazit zum Urteil gegen die Lufthansa

Viele freuten sich schon ob des Urteils gegen die Lufthansa, wonach diese quasi als Verlierer vom Platz ging. Jedoch sollte der Rechtssprechung nicht allzu viel Gehalt gegeben werden, da sich das Urteil zunächst lediglich auf den hier spezifischen Fall orientiert. Wer plant vorzeitig aussteigen und ein Teilstück seiner Flugstrecke verfallen lassen zu wollen, sollte dafür triftige Gründe vorweisen können. Entsprechend ist das Urteil zwar sicherlich ein gutes Signal in Richtung des Verbrauchers, aber mehr auch erst einmal nicht. Zudem könnte nun die Aufmerksamkeit auf eben jenes “offene Geheimnis”, mit Flugbuchungen ab dem europäischen Ausland, nun deutlich mehr Aufmerksamkeit zugekommen sein und womöglich noch negative Folgen haben. Wie die konkreten Auswirkungen im Endeffekt jedoch aussehen werden, bleibt freilich erst einmal abzuwarten.

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Autor

Max saß irgendwann häufiger in einem Flugzeug als in einer Straßenbahn, und kam so nicht umhin sich immer mehr mit den Themen rund um das Sammeln von Meilen, sowie den besten Flug- und Reisedeals zu beschäftigen. Auf reisetopia teilt er mit euch die neusten Deals und wichtigsten Tipps!

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