Schon vor vielen Monaten schickte Lufthansa sechs Boeing 747-400 nach Twente in den Niederlanden, um die Flugzeuge parken zu können. Immer wieder entstanden Komplikationen und Streitigkeiten, die nun in die nächste Runde gehen.
Die Corona-Pandemie hat bei der Lufthansa Group dazu geführt, die Flottenplanung grundlegend neu anzugehen. Zuletzt hat der Lufthansa-Chef Carsten Spohr mitgeteilt, dass alte und vierstrahlige Flugzeuge im überwiegenden Teil die Flotten verlassen werden. Das Ende der Boeing 747-400 war früh besiegelt, bis zum Verkauf mussten die Flugzeuge jedoch geparkt werden – ein Teil davon in Twente. Hier entstehen jedoch erneut Streitigkeiten zum weiteren Verbleib, wie aero.de berichtet.
Erst gefangen, dann verstoßen
Die Corona-Pandemie hat den internationalen Flugverkehr nahezu zum Erliegen gebracht, das hat sich auch zwölf Monate später nicht wirklich geändert. Nach den vielen Rückholflügen waren auch die Großraumjets der Lufthansa nicht mehr gefragt. Während die Zukunft bei einigen Flugzeugen noch unsicher ist, so war die Entscheidung zu den Flugzeugen des Typs Boeing 747-400 schnell gefallen: Sie müssen die Flotte verlassen. Da auf die Schnelle jedoch kein Käufer gefunden werden kann, müssen die Flugzeuge zwischen geparkt werden. Für sechs Flugzeuge dieses Typs fiel die Wahl auf den ehemaligen Militärflughafen Twente in den Niederlanden. Die Mission war außergewöhnlich. Der Flughafen ist mittlerweile unkontrolliert, An- und Abflüge auf der knapp 2.000 Meter langen Runway müssen nach Sicht durchgeführt werden. Das führte zum ersten Problem.
Käufer für drei Maschinen wurden schnell gefunden. Dafür mussten die Flugzeuge die Niederlande verlassen und in die USA überführt werden, wo sie verschrottet werden sollen. Das Problem: Die Flugzeuge sind für einen Start zu schwer. Darauf spekulierte wohl auch der Betreiber des Flughafens und hoffte, dass die Lufthansa die Maschinen vor Ort verwerten lassen würde. Am Ende hat die Lufthansa eine Sondererlaubnis erhalten und durfte die drei Maschinen ausfliegen. Drei Maschinen befinden sich jedoch noch weiterhin in Twente, eine Entscheidung wurde noch nicht gefällt. Das entpuppt sich nun jedoch zum nächsten Problem: Die Sondererlaubnis läuft am 30. Juni 2021 aus.
Ausgang ungewiss
Das stellt die Lufthansa nun vor weiteren Herausforderungen. Bis die drei Boeing 747-400 verkauft werden und ehe die Sondererlaubnis ausläuft, müssten die Flugzeuge zu einem alternativen Flugplatz mit ausreichend Parkfläche geflogen werden. Laut Medienberichten bedeutet das für den Flughafen Twente einen “unnötigen Umzug”, der “unnötig hohe Kosten” mit sich bringe. Denn der “Zwangsumzug” würde den Airport nach eigenen Angaben rund 800.000 Euro kosten – darin enthalten seien Vertragsstrafen, Umzugskosten und entgangene Parkeinnahmen, erläutert rtv Oost.
Die Lösung liegt auf der Hand: Die Sondererlaubnis soll um ein weiteres Jahr verlängert werden. Die Jumbos der Lufthansa könnten in Twente bis zur endgültigen Entscheidung verweilen und müssten nicht in höchster Not zu einem alternativen Flughafen transferiert werden. Dass die Maschinen dort lagern, hat auch Kostenvorteile für die Airline. Standkosten an großen, hochfrequentierten Flughäfen sind um ein vielfaches teurer. Das trifft auch auf die Lufthansa-Drehkreuze Frankfurt und München zu. Deshalb wurde ein Großteil der Kurz- und Mittelstreckenflotte auf dem Berliner Hauptstadtflughafen eingelagert. Weitere Langstreckenmaschinen lagern in Spanien bei Madrid.
Eine endgültige Entscheidung wurde in Twente bisher noch nicht getroffen. Der Flughafenbetreiber hat ein Hilfsverfahren gegen das ILT (Inspectie Leefomgeving en Transport; übersetzt Inspektorat für menschliche Umwelt und Verkehr) eingeleitet. Der Ausgang des Verfahrens ist ungewiss.
Fazit zum Streit von Twente
Die Lufthansa und der Flughafen Twente befinden sich in der Zwickmühle. Ein Teil der dort eingelagerten Lufthansa-Jumbos müsste möglichst schnell den Flughafen verlassen. Das verursacht bei beiden Seiten enorme Kosten, da die Maschinen noch nicht verkauft wurden – nächster Ort also ungewiss. Deshalb hat der Flughafen um eine Verlängerung der Sondererlaubnis für den Start der Jumbos gebeten. Wie die zuständige Behörde in den Niederlanden jedoch entscheiden wird, ist aktuell ungewiss.