Laut einer neuen Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind Urlaubsreisen ins Ausland nicht für erhöhte Infektionszahlen verantwortlich gewesen.
Nach dem ersten Lockdown im vergangenen Jahr waren vermehrt Reisen im Sommer 2020 wieder möglich. Die Infektionszahlen blieben mehr oder weniger auf einem geringen Niveau. Erstmals konnten sich Reisende nach der Rückkehr kostenfrei testen lassen. Im Herbst sind dann die Infektionszahlen immer weiter gestiegen – vor allem Auslandsreisen wurden dafür verantwortlich gemacht. Nun hat man laut einer Studie des RKI aber festgestellt, dass die klassischen Urlaubsreisen kein erhöhtes Infektionsrisiko darstellten, wie unter anderem rnd.de berichtet.
Geringe Gefahr bei klassischen Urlaubsreisen
Bereits seit einem Jahr leben wir mit dem Corona-Virus. Der erneute Lockdown dauert in mehreren Phasen nun schon seit Monaten an, neue Virus-Mutanten sorgten in anderen Ländern für einen starken Anstieg der Infektionszahlen. All das führte dazu, dass der internationale Reiseverkehr nahezu zum Erliegen gekommen ist. Dieser wird in den meisten Fällen nur noch Personen in Ausnahmefällen ermöglicht und durch strenge Einreisebestimmungen kontrolliert. Im Sommer 2020 sah das zeitweilig jedoch anders aus.
Das Reisen in Europa war wenn überhaupt nur mit wenigen Einschränkungen möglich. Vor allem während der Sommerferien war in Deutschland aber ein deutlicher Anstieg der Infektionszahlen zu verzeichnen. Doch wie groß ist die Gefahr, die von diesen Auslandsreisen ausgingen, tatsächlich gewesen? Mit dieser Frage hat sich das Robert-Koch-Institut in der neuesten Studie mit dem Thema “Betrachtung der reiseassoziierten COVID-19-Fälle im Sommer 2020 unter Berücksichtigung der Schulferien, Reisetätigkeit und Testkapazitäten” beschäftigt.
48 Prozent der Infektionen im Ausland
Kritik an Auslandsreisen kam schon früh auf, und das durchaus berechtigt. Mit Beginn der Sommerferien in Deutschland sind die Zahlen der Neuinfektionen sprunghaft angestiegen. Während des Lockdowns und der Reisebeschränkungen im Frühjahr waren nur 0,4 bis 1,8 Prozent der neuen Corona-Fälle auf eine Infektion im Ausland zurückzuführen. Anders sah das mit der Wiederöffnung der Grenzen und der Aufhebung der weltweiten Corona-Reisewarnung am 15. Juni aus. Stetig stiegen die Zahlen an bis der Höhepunkt Mitte August erreicht wurde. Das war auch der Zeitpunkt als sich der Großteil der Bundesländer gemeinsam in den Sommerferien befand. In dieser Zeit war fast die Hälfte aller in Deutschland gemeldeten Corona-Infektionen – 48 Prozent – auf Auslandsreisen zurückzuführen. Mit dem Ende der Sommerferien sank diese Zahl im September wieder auf nur noch 8,6 Prozent.
Wichtig dabei ist zu beachten, dass diese Zahlen auch im Sommer gestiegen sind, da vermehrt Reisende getestet wurden. Nachdem die weltweit gültige Reisewarnung aufgehoben wurde, war das Reisen fast ohne Einschränkungen möglich. Rückkehrer konnten sich sogar kostenfrei am Flughafen, Bahnhof oder beim Gesundheitsamt testen lassen. Vor allem dadurch sind die Infektionszahlen sprunghaft angestiegen, während andere Personengruppen kaum bis gar nicht getestet wurden. In der Folge dessen wurden die kostenfreien Corona-Tests nur noch Rückkehrern aus Risikogebieten angeboten, ehe diese Regelung im November endgültig aufgehoben wurde.
Urlaubsreisen kein Infektionstreiber
Außerdem ist bei der Studie ein Augenmerk auf die Herkunft der meisten Infektionen zu legen. Die meisten Neuinfektionen wurden bei Reisenden aus dem Kosovo, gefolgt von Kroatien, die Türkei, Bosnien und Herzegowina, Rumänien, Spanien und Frankreich nachgewiesen. Ein Blick auf die heutige Liste der Expositionsländer, also den Ländern mit der vermutlichen Infektion, verrät, dass Deutschland aufgrund der Reisebeschränkungen nahezu das einzige Land ist. Die klassischen Reiseländer in Süd- und Südosteuropa spielten bei den Neuinfektionen also kaum eine Rolle. Hier kommen für gewöhnlich Reisende eher selten in Kontakt mit Einheimischen beziehungsweise ist ein enger Kontakt für gewöhnlich auszuschließen.
Anders sieht das bei sogenannten ethnischen Reisen aus. Die meisten Neuinfektionen wurden vor allem in Heimatländern von Menschen mit Migrationshintergrund sowie Ländern, aus denen Saison- und Vertragsarbeiter nach Deutschland kommen, nachgewiesen. Deshalb vermutet das RKI, dass diese Reisenden im Sommer vor allem ihre Familie oder Freunde besucht haben, mit denen die Menschen für gewöhnlich in engen Kontakt kommen. Außerdem wird diese Annahme dadurch unterstrichen, dass sich im Sommer vor allem Menschen mittleren Alters und Kinder im Ausland infiziert hätten.
Wichtigkeit von Corona-Tests
Immer wieder wird betont, wie wichtig diese Corona-Tests bei Einreisenden sind und welche Rolle sie auch für die Erholung des Reiseverkehrs spielen würden. Erst kürzlich hat Lufthansa-Chef Carsten Spohr erneut für eine Akzeptanz von Corona-Tests plädiert, um den internationalen Reiseverkehr wieder aufnehmen zu können. Ähnlich essenziell sieht das RKI die Verwendung von diesen Tests. Das und die Verteilung der verfügbaren Impfstoffe würden für eine Erholung des Reiseverkehrs sorgen und um eventuelle Neuinfektionen besser nachvollziehen zu können.
Auch wenn während der Sommerferien vermehrt bei Reisenden getestet wurde – und knapp die Hälfte der Infektionszahlen auf Reiserückkehrern zurückzuführen ist – spielten die Einreisenden nur eine marginale Rolle für den deutlichen Anstieg der Infektionszahlen im Herbst und Winter. Wie groß der tatsächliche Anteil daran ist, kann aus der Studie nicht abgelesen werden.
Fazit zur Studie des RKI zu den Infektionen von Reiserückkehrern
Wie diese Studie eindrucksvoll unterstreicht, sind Auslandsreisen per se nicht für den deutlichen Anstieg der Infektionszahlen verantwortlich gewesen. Die Teststrategie im Sommer hat sogar dazu beigetragen, eventuelle Hotspots zu vermeiden. Auffällig in der Studie ist vor allem, dass sich Reisende in die klassischen Urlaubsländer eher selten angesteckt haben. Anders sah das bei Besuchen der Familie im Ausland aus. Neben der Art zu Verreisen sind aber vor allem die Umstände vor Ort entscheidend. Deshalb bleibt zu hoffen, dass diese Studie als Grundlage für eine baldige Erholung des internationalen Reiseverkehrs genutzt wird.