Die Bundesregierung hat eine Änderung der Rechtslage für Reisebuchungen beschlossen. Rückwirkend sollen Kunden für gebuchte und stornierte Reisen nur noch Gutscheine statt einer Erstattung bekommen, die EU-Kommission muss die Änderung aber noch bestätigen.

Das sogenannte Corona-Kabinett der Bundesregierung geht einen großen Schritt auf Reiseveranstalter und Fluggesellschaften zu. Verbraucher dagegen bleiben bei einer geplanten Neuregelung der Rechtslage in Hinblick auf Reisebuchungen auf der Strecke. Laut den Änderungen sollen Verbraucher für vor dem 8. März 2020 gebuchte Reise, die wegen des Coronavirus nicht stattfinden können, nur noch Gutscheine erhalten. Eine zeitnahe Erstattung ist in der Neuregelung nicht mehr vorgesehen. Dies geht aus einem Beschluss der Bundesregierung hervor.

Neuregelung für Pauschalreisen und Flüge geplant

Die Bundesregierung plant eine Neuregelung der Gesetzeslage inmitten der Coronakrise und gibt damit dem Druck der Reisebranche nach. Geändert werden sollen die Gesetze in Hinblick auf Pauschalreisen genauso wie auf Flüge, für Hotelaufenthalte und Touren sind keine Änderungen geplant. Für Fluggesellschaften und auch Anbieter von Pauschalreisen sollen dieselben neuen Regeln gelten. Statt Erstattungen ausstellen zu müssen, soll Fluggesellschaften die Möglichkeit gegeben, einen Gutschein auszustellen, wenn sie eine Reise und einen Flug aufgrund einer Pandemie absagen müssen. Der Gutschein muss zwei Bedingungen erfüllen:

  • Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2021
  • Auszahlung bei Nicht-Einlösung nach dem 31. Dezember 2021

Darüber hinaus enthält der Beschluss der Bundesregierung für beide Branchen eine sogenannte Härtefallregelung. Demnach sollen Passagiere, die nachweisen können, dass sie das Geld zeitnah benötigen, auch weiterhin eine direkte Erstattung erhalten. Details werden im Beschluss der Regierung zwar nicht genannt, allerdings ist die Rede davon, dass eine direkte Erstattung möglich sein soll, wenn ein Gutschein statt einer Auszahlung nicht zumutbar ist.

Bei Pauschalreisen ist zudem eine Insolvenzabsicherung geplant, möglicherweise auch durch eine staatliche Garantie. Eben diese Formulierung fehlt dagegen bei Fluggesellschaften, was gerade in der aktuellen Situation äußerst zweifelhaft erscheint. Gerade aktuell erscheint eine mögliche Insolvenz von Fluggesellschaften sehr wahrscheinlich. Generell bezieht sich der Beschluss nur auf Stornierungen seitens der Fluggesellschaft oder des Reiseveranstalters. Wer selbst aufgrund von Einreisebestimmungen oder der Reisewarnung des Auswärtigen Amts seine Reise absagt, bevor diese von der Airline beziehungsweise dem Veranstalter gestrichen wurde, hat keinen Anspruch auf eine Erstattung. In diesem Fall bieten die meisten Anbieter aus Kulanz eine Umbuchung oder Gutscheine, hierzu verpflichtet sie die geltende Rechtslage aber nicht zwingend.

EU-Kommission muss der Neuregelung zustimmen

Wichtig ist in Hinblick auf die Neuregelung der Fakt, dass die Bundesregierung keine Änderung der Gesetzeslage in Hinblick auf die Pauschalreise- und Fluggastrechte durchführen kann. Dies obliegt primär der EU-Kommission, die eine Änderung der entsprechenden Richtlinien für Pauschalreisen und Fluggastrechte anstoßen könnte. Erst danach kann die Bundesregierung eine entsprechende Änderung der Gesetzeslage in Deutschland anstoßen. Es gilt allerdings als wahrscheinlich, dass die Kommission eine solche Änderung in die Wege leiten könnte, da mehrere europäische Staaten eine solche Änderung anstreben, um lokale Reiseunternehmen und Fluggesellschaften zu retten.

Bislang sieht die Rechtslage bei Absagen von Reisen seitens Pauschalreiseanbietern in Deutschland eine Rückzahlung des bezahlten Reisepreises innerhalb von 14 Tagen vor. Hier unterscheiden sich die Regelungen allerdings je nach europäischem Land, da es sich um eine EU-Richtlinie handelt, die Nationalstaaten mit einem gewissen Spielraum umsetzen können. Die Fluggastrechteverordnung sieht sogar eine Rückzahlung innerhalb von 7 Tagen nach der Absage eines Fluges vor. Da es sich hierbei um eine Verordnung handelt, gilt diese Rechtslage gleichermaßen in allen EU-Staaten. Entsprechend erscheint eine Änderung der Rechtslage im Pauschalreiserecht zumindest in Teilen selbst ohne Zustimmung der EU-Kommission möglich, bei den Fluggastrechten dagegen nicht.

Mögliche Rückwirkung des Gesetzes ist fraglich

Unklar erscheint aktuell auch noch, inwieweit eine mögliche Gesetzesänderung rechtlich überhaupt möglich ist. Im deutschen Recht genauso wie im EU-Recht existiert die Maßgabe, dass Gesetze nicht rückwirkend verändert werden können. Diese besagt kurz zusammengefasst, dass Änderungen der Gesetze nicht nachträglich erfolgen können, sofern sie zum Nachteil des Verbrauchers sind. Da dies allerdings bei einer rückwirkenden Änderung der Gesetzeslage zu Reisebuchungen der Fall wäre, dürfte eine solche von den Gerichten zurückgewiesen werden. Eine Ausnahme ist allerdings für sogenannte zwingende Gründe des Gemeinwohls vorgesehen. Es erscheint zumindest möglich, dass die Corona-Pandemie eine Rückwirkung durch diese Ausnahme ermöglichen könnte.

Alternativ erscheint auch eine andere Interpretation der Rechtslage möglich. Geht man davon aus, dass für eine mögliche Erstattung nicht das Datum der Reisebuchung für die geltende Rechtslage gilt, sondern das Datum der Stornierung, könnte die Neuregelung für zwar schon gebuchte, aber noch nicht abgesagte Reisen gelten. Damit müssten Fluggesellschaften und Veranstalter zwar immer noch enorme Erstattungen für Reisen in den letzten Wochen auszahlen, könnten allerdings bei weiteren abzusagenden Reisen (meist sind Reisen und Flüge nur für wenige Tage oder Wochen im Voraus gestrichen) eine Erstattung aufgrund der dann gültigen Rechtslage ablehnen. Schlussendlich klären können das aber nur die Gerichte.

Fazit zur geplanten Neuregelung der Rechtslage

Die Bundesregierung möchte mit ihrem Beschluss die Flug- und Pauschalreiseindustrie vor dem Kollaps bewahren, während sie gleichzeitig Verbraucher gewissermaßen hängen lässt. Dass die EU-Kommission den Beschluss annehmen und bestätigen wird, erscheint wahrscheinlich. Gleichwohl ist fraglich, ob die Gerichte die Gesetzesänderung akzeptieren werden, denn die Rückwirkung des möglichen Gesetzes erscheint schwer zu rechtfertigen.

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Autor

Moritz liebt nicht nur Reisen, sondern auch Luxushotels auf der ganzen Welt. Mittlerweile konnte er über 500 verschiedene Hotels testen und dabei mehr als 100 Städte auf allen Kontinenten kennenlernen. Auf reisetopia lässt er Euch an seinen besonderen Erlebnissen teilhaben!

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