Nach der offiziellen Entscheidung von Bund und Ländern, ab Anfang Oktober eine einheitliche Quarantänepflicht für alle Reiserückkehrer aus Risikogebieten zu veranlassen, bangt der Lufthansa-Vorstand nun um das Herbstgeschäft. Es droht eine große Entlassungswelle.
Am gestrigen Donnerstagabend (27. August 2020) wurde nach Verhandlungen von Bund und Ländern in den vergangenen Tagen eine offizielle Quarantänepflicht für Reiserückkehrer aus Risikogebieten ab dem 1. Oktober erlassen. Wie wir bereits berichteten, provoziert diese Entscheidung allerlei Kritik durch verschiedene Vertreter der Reise- und Tourismusindustrie. In einem Interview mit dem Spiegel sprach sich nun auch Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister gegen die Neuregelungen aus: Die seit Monaten befürchtete relevante Personalabbau wird durch die neue Entscheidungspolitik quasi unvermeidbar; das Herbstgeschäft unmittelbar bedroht. Ein Überblick.
Lufthansa-Vorstand bezeichnet Quarantäne-Pflicht als “zweiten Lockdown” für die Reisebranche
“Wenn wir die Tests abschaffen und jeden direkt in Quarantäne schicken, droht uns ein zweiter Lockdown, und das, obwohl wir uns große Mühe gegeben haben, diese Testzentren innerhalb kürzester Zeit aufzubauen”. Mit diesen Worten verurteilt das Vorstandsmitglied der Lufthansa Harry Hohmeister die jüngste Änderung der Testpolitiken an deutschen Flughäfen hin zu einer verpflichtenden Quarantäne-Regelung für Reiserückkehrer aus Risikogebieten.
Ich bin davon überzeugt, dass derartige Tests nach wie vor der beste Weg sind, um die Pandemie einzudämmen und einen Überblick über die Lage zu bekommen. Das ist auch die beste Lösung für die Passagiere. Der aktuelle Plan bringt nicht mehr Sicherheit, sondern zusätzliche Unsicherheit. Das ist für mich völlig unverständlich.
Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister
In einem Interview mit dem Spiegel vom vergangenen Donnerstagabend erklärt Hohmeister seine Verblüffung über die kurzfristigen Änderungen der erst vor wenigen Wochen eingeführten Testpraktiken. Mit dieser Änderung habe man bei der Lufthansa nicht gerechnet, vielmehr hatte man einige Bemühungen für den Ausbau der Infrastrukturen der Testzentren an den verschiedenen Flughäfen angestellt. Zudem betont Hohmeister, dass bestehende Testkapazitäten nicht ausschließlich von Reiserückkehrern beansprucht würden: “In den Test-Centern werden übrigens nicht nur Reisende getestet, etwa jeder Dritte kommt aus der Umgebung an die Flughäfen, um sich testen zu lassen”.
Lufthansa befürchtet “Personalabbau im großen Stil”
Aktuell bewegen sich die Preise für einen solchen Coronatest zwischen 35 und 60 Euro. Mit der Einführung einer offiziellen Quarantänepflicht ab Oktober wird nun allerdings geprüft, ob Reisende diese Testkosten künftig selbst tragen sollten. Hohmeister sieht darin einen weiteren Grund für immense Buchungseinbrüche und zeigt sich im Lichte dieser jüngsten Änderungen wenig optimistisch für das kommende Herbstgeschäft im September und Oktober: “Wir müssen mit Partnern wie Flughäfen, der Flugsicherung und andere Lieferanten über Kostenreduktion reden. Und wir müssen auch den Mitarbeitern sagen, dass die Lage nicht so ist, wie wir es vielleicht vor acht oder zehn Wochen angenommen hatten”.
Sollten die erhofften Erlöse in den kommenden Wochen nicht erzielt werden können, sieht Hohmeister einen Personalabbau, “wie ihn andere Airlines im großen Stil bereits angekündigt haben” unter den aktuellen Umständen als unvermeidbar an. Das Vorstandsmitglied betont, man möchte “unternehmerisch tätig sein”, und sich nicht von erneuten finanziellen Zuschüssen durch die deutsche Bundesregierung “durchfüttern” lassen. Derzeit versuche man die Kostenreduktion in enger Kooperation mit Partnern wie Flughäfen, der Flugsicherung und anderen Lieferanten zu sichern. Auch eine zukünftige Abnahme von weit weniger Flugzeugen, als ursprünglich geplant, könne aktuell nicht ausgeschlossen werden.
Fazit zum drohenden Personalabbau bei der Lufthansa
Dass nach der Entscheidung vom vergangenen Abend Vertreter der Reise- und Tourismusindustrie scharfe Kritik an den neuen Coronapolitiken üben, ist im Lichte der drohenden Buchungseinbrüche entsprechend nachvollziehbar. Nach aktuellem Informationsstand müssen diverse Einzelheiten zur Umsetzung der neuen Bestimmungen erst noch ausgearbeitet und veröffentlicht werden. Dass die Bundesregierung über die neue Entscheidungslage ein weiteres Mal debattiert, und diese womöglich nachträglich abändert, ist in der aktuellen Situation allerdings sehr unwahrscheinlich.