Die Regierung von Indonesien möchte den Tourismussektor mit mehreren neu gestalteten Inseln, ähnlich der beliebten Urlaubsinsel Bali, ausbauen – ohne Einverständnis der dort lebenden Bevölkerung.
Seit über einem Jahr durfte die beliebte indonesische Ferieninsel Bali keine internationalen Touristen willkommen heißen. Nach dieser langen Flaute und dem Wegfall touristischer Einnahmen sollen nun im Juli die Grenzen öffnen, weshalb Indonesien künftig noch stärker auf den Tourismus setzen möchte, um die notwendigen Gelder generieren zu können. Geplant sind aus diesem Grund mehrere Resorts auf zehn verschiedenen indonesischen Inseln, die zur direkten Konkurrenz von Bali werden sollen. Schon im nächsten Jahr ist die Eröffnung eines Resorts auf Lombok geplant – ein sehr umstrittenes Projekt, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet.
“Mandalika Resort” auf Balis Nebeninsel Lombok
Das neue Resort wird den Namen “Mandalika Resort” tragen und befindet sich auf der Insel Lombok, einer Nebeninsel Balis, genauer gesagt am Mandalika Beach, etwa 40 Minuten mit dem Auto vom Lombok International Airport entfernt. Lombok zählte bisher als Paradies für Surfer und Vulkanfans, die sich an der meist unberührten Natur der Insel mit dem mächtigen Gunung Rinjani erfreuten.
Man könnte Lombok aus diesem Grund schon fast als Gegenteil von Bali bezeichnen: beschauliche und unberührte Natur versus Massentourismus und Müllproblematik. Doch künftig sollen mit Lombok noch neun weitere Standorte und Inseln in Indonesien zu Touristenhochburgen umgestaltet werden. Eine Strategie, die Präsident Joko Widodo schon im Jahr 2016 angekündigt hatte, um der Insel Bali Konkurrenz zu schaffen und die Touristenströme weiter zu verteilen – und das alles zulasten der Umwelt und der ansässigen Bevölkerung.
Der Spatenstich des Mandalika Resorts wurde bereits im April 2018 gefeiert. Ursprünglich war die Fertigstellung des Mega-Bauprojektes für dieses Jahr vorgesehen, allerdings wird man mit der Neueröffnung der Riesen-Hotelanlage wohl eher nächstes Jahr rechnen dürfen. Das über 1.000 Hektar große Areal wird über mehrere Luxushotelanlagen, Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten, eine Lagune sowie eine Moto-GP-Rennstrecke verfügen – für einen stolzen Preis in Höhe von knapp drei Milliarden Euro.
Farmer und Fischer wurden von ihrem Land vertrieben und mussten die Zerstörung ihrer Häuser, Felder und Wasserquellen sowie ihrer kulturellen und religiösen Stätten erdulden.
Olivier De Schutter, UN-Sonderberichterstatter für extreme Armut und Menschenrechte
Die Krux an der ganzen Sache: das Bauprojekt wurde ganz ohne Zustimmung oder Einweihung der ansässigen Bewohner ins Leben geweckt, eine Handlung, die definitiv Menschenrechte verletzt.
Land Grabbing, Zwangsräumungen und Einschüchterung
Das riesen Projekt in Indonesien ist natürlich nicht ohne Kritik an den Bewohnern und Menschenrechtlern vorbeigegangen. UN-Experten betiteln das Vorhaben als “Land Grabbing, Zwangsräumung und Einschüchterung” und forderten die Regierung in Jakarta vor einigen Wochen in Form einer Erklärung eindringlich dazu auf, die Rechte der Anwohner nicht außer Acht zu lassen.
Denn die Leidtragenden sind natürlich immer die Bewohner der Region, die nahezu alles aufgeben mussten, um Platz für Neues zu schaffen. Dabei erhielt die Mehrzahl der Geschädigten nicht einmal eine angemessene Entschädigung, wenn es denn überhaupt eine kleine finanzielle Kompensation gab. All diejenigen, die sich nicht freiwillig zur Räumung bereit erklärt hatten, seien laut Anwohnern des Ortes Kuta Village von Sicherheitsbeamten eingeschüchtert worden.
Eine großangelegte Tourismusentwicklung, die die Menschenrechte mit Füßen tritt, ist mit dem Konzept der nachhaltigen Entwicklung grundsätzlich nicht vereinbar.
Olivier De Schutter, UN-Sonderberichterstatter für extreme Armut und Menschenrechte
Das alles klingt noch erschreckender, wenn man bedenkt, dass das Mandalika Resort erst den Anfang bildet und noch neun weitere solcher Bauprojekte in Zukunft folgen werden. Insgesamt zehn “neue Balis” sollen immer mehr Touristen nach Indonesien locken.
Zu den potenziellen Standorten gehören zum einen der Safari-Park auf Rinca Island, die Stadt Lubuan Bajo auf Flores, der weltbekannte Borobodur-Tempel auf Java und der Lake Toba auf Sumatra. Was jedoch zwischen all den großen Plänen nicht bedacht wird, ist die Tatsache, dass einige der Urlauber, darunter Surfer, Wanderer und Entdecker, die das Land lieben gelernt haben, den Inseln infolge des Massentourismus und der großen Hotelblocks wohl den Rücken kehren werden.
Wir können garantieren, dass die Entwicklung von Mandalika im Einklang mit den geltenden Gesetzen steht und die Menschenrechte und der Umweltschutz berücksichtigt werden.
Miranti Rendranti, eine Sprecherin des staatlichen Unternehmens Indonesia Tourism Development Corporation (ITDC)
Die Regierung weist all diese Vorwürfe zurück, betitelt sie als “falsch” und “völlig übertrieben” und rechtfertigt sich damit, dass durch die Inbetriebnahme des Resorts allein eine halbe Million neue Arbeitsplätze geschaffen werden – die logischerweise auch gebraucht werden, nachdem der Großteil der Bevölkerung enteignet wurde und ihre Arbeitsplätze infolge der Baumaßnahmen verloren hatten. Nach Aussagen einiger Bewohner seien für die Bauarbeiten nicht einmal die eigenen Landleute eingestellt worden, sondern externe Bauarbeiter. Dennoch bleibt die Regierung dabei, dass das Resort den Einheimischen nicht schaden, sondern im Gegenteil sogar zugutekommen werde.
Fazit zu den Plänen der indonesischen Regierung
Die indonesische Regierung greift zu heftigen Maßnahmen, um das Land wirtschaftlich in Hinblick auf den Ausbau des Tourismussektors zu stärken. Das ganze Vorhaben löst einige Debatten und starke Kontroversen aus. Natürlich kann man die Hintergründe der indonesischen Regierung im Groben nachvollziehen, insbesondere nach der Pandemie und den daraus resultierenden fehlenden Einnahmen. Dennoch trifft das gesamte Bauprojekt die dort lebende Bevölkerung, weshalb man das Projekt kritisch hinterfragen sollte. Neben den Schattenseiten werden die zehn “neuen Balis” aber natürlich Millionen Arbeitsplätze schaffen und einen wirtschaftlichen Aufschwung für Indonesien bedeuten.
Ob nun tatsächlich zehn Touristenhochburgen gebaut werden und sich genug Urlauber für die vielen Kapazitäten finden lassen, bleibt abzuwarten.