Vor der Bundestagswahl will die Lufthansa die Staatshilfen der Bundesregierung zurückzahlen, um wieder angreifen zu können. Dabei muss der Kranich ohne Aktionärsfamilie Thiele auskommen.
Die Lufthansa hat nach langem Hin und Her im vergangenen Sommer Staatshilfen von insgesamt neun Milliarden Euro gewährt bekommen. Zuvor kam es bereits intern zu Unstimmigkeiten, da ein Veto gegen das Rettungspaket durch Aktionär Thiele drohte. Diese Phase konnte überwunden und soll nun auch gänzlich in der Vergangenheit liegen gelassen werden. Die Lufthansa will noch bis zum 26. September die Staatshilfen zurückzahlen. Gleichzeitig verkauft die Witwe von Heinz Hermann Thiele weitere Anteile, wie aero.de berichtet.
Spohr mit Ambitionen
Der Plan ist zwar ambitioniert, aber durchaus realistisch. Noch vor der Bundestagswahl in weniger als zwei Wochen will die Lufthansa die Staatshilfen der Bundesregierung zurückzahlen. Im Laufe der vergangenen Monate hat die Lufthansa bereits vier Milliarden Euro von den gewährten Staatshilfen in Anspruch genommen. Für den Staat hat sich das Hilfspaket bereits bezahlt gemacht. Der derzeitige Aktienkurs sorgt für massive Gewinne und dürfte deshalb wohl auch schmerzlich vermisst werden, um eigene Schulden zu begleichen. Carsten Spohr will nach Gesprächen mit der derzeitigen Regierung alle in Anspruch genommenen Staatshilfen vollständig und pünktlich zurückzuzahlen. Vor allem sei der Ausgang der diesjährigen Bundestagswahlen zu ungewiss für den Kranich. Stattdessen will man sich lieber am freien Kapitalmarkt als beim Staat verschulden und hat deshalb bei der letzten Hauptversammlung den Weg für die Beschaffung von insgesamt 5,5 Milliarden Euro freigemacht.
Neben dem ungewissen Ausgang der Bundestagswahlen 2021 dürften aber vor allem die massiven Auflagen eine Rolle spielen, die mit den Staatshilfen einhergehen. Denn trotz Krise hat Spohr und die Lufthansa bereits ein neues Ziel vor Augen. Neben der Bewältigung der Krise steht dabei vor allem die Übernahme weiterer Fluggesellschaften auf dem Plan. Wenn die Staatshilfen gänzlich an den Staat zurückgezahlt worden sind, kann die Lufthansa wieder in den Angriffsmodus schalten. Nach Ansicht von Spohr verfügt der europäische Markt über zu viele Airlines. Ohne Staatsanleihen wären Übernahmen anderer Fluggesellschaften wieder erlaubt. Der Lowcost-Carrier Wizzair scheint da schon einen Schritt weiter zu sein und soll laut Medienberichten ein Angebot für die britische easyJet unterbreitet haben. Welche Airlines die Lufthansa in ihren Plänen ins Auge fasst, lässt Spohr derweil offen.
Lufthansa ohne Thiele
Dass die Lufthansa sich zu diesem Zeitpunkt schon wieder gänzlich von Staatshilfen lösen kann und sogar Übernahmen weiterer Fluggesellschaften plant, war vor über einem Jahr noch nicht denkbar. Zum Beginn der Corona-Pandemie stand die Airline noch vor ganz anderen Herausforderungen, und vor allem mitten im Kampf ums Überleben. Bei der außerordentlichen Hauptversammlung im Juni 2020 wurde über eben jenes staatliches Rettungspaket mit einem Volumen von bis zu rund neun Milliarden Euro abgestimmt. Aufgrund der geringen Teilnehmerquote lag es nunmehr an Aktionär Thiele, der knapp 15 Prozent der Anteile hält am Kranich hält, ob die Lufthansa und ihr Personal auf diese Weise gerettet werden könne. Trotz seiner Befürchtungen konnte das Rettungspaket wie heute bekannt durchgesetzt werden.
Bei weiteren Entscheidungen spielt Thiele jedoch keine Rolle mehr, er ist im Februar überraschend verstorben. Das Erbe, darunter auch die Aktienanteile am Kranich, sind an seine Witwe Nadia Thiele übergegangen. Bereits im Frühjahr verkaufte sie einen Großteil der Anteile, die dort nur schon nur noch knapp über zehn Prozent betragen haben sollen. Wie die Lufthansa nun mitteilte, hat sie weitere Anteile verkauft, sodass ihr Anteil mittlerweile nur noch bei unter drei Prozent liegt. Zuvor sollen es noch 4,52 Prozent gewesen sein. Ob auch die restlichen Anteile in den kommenden Monaten verkauft werden sollen, ist bislang nicht bekannt. Schätzungen zufolge soll Thiele über ein Gesamtvermögen in Höhe von rund 11,4 Milliarden Euro verfügt haben.
Fazit zu den Plänen
Das Erbe von Thiele wird schneller vergessen als noch vor über einem Jahr gedacht. Die Lufthansa will nämlich noch in den kommenden Tagen die Staatshilfen an die Bundesregierung zurückzahlen. Noch vor über einem Jahr hing dieses Hilfspaket aufgrund der Stimmenverhältnisse an Thiele selbst. Am Ende konnte die Lufthansa gerettet werden. Der Aktionär ist jedoch überraschend zu Beginn des Jahres verstorben. Seine Ehefrau und Witwe hat nun weitere Anteile verkauft.