Durch sogenannte Termingeschäfte muss die Lufthansa damit leben, mehr Geld für Kerosin zu bezahlen, als aktuell notwendig. Dadurch könnte die Lufthansa insgesamt mehr als eine Milliarde Euro verlieren.
Kerosin ist einer der höchsten Posten auf der Ausgabenseite von Fluggesellschaften. Entsprechend wichtig ist es für die Airlines, dass sie gegen die Risiken der Preisschwankungen des wichtigsten Rohstoffs für die Luftfahrt absichern. Dies gilt insbesondere, weil Flugtickets oft Monate im Voraus bezahlt werden und die Airlines somit kaum eine Möglichkeit haben, die Preise jeweils dem aktuellen Niveau des Ölpreises anzupassen. Genau das erweist sich jetzt allerdings für die Lufthansa als Problem, wie die Branchenplattform aero.de berichtet.
Positive Entwicklung des Preises wird zu einem Problem
Gewissermaßen klingt es kurios: Der Ölpreis ist auf ein Niveau gefallen, das niedriger ist als je zuvor. Die Nachfrage nach dem Rohstoff ist durch den internationalen Stillstand im Keller. Zumindest in diesem Bereich müssten Fluggesellschaften also einen enorm positiven Effekt sehen – immerhin machen die Kosten für Treibstoff meist 30 bis 40 Prozent der Gesamtkosten aus. Doch genau diese Entwicklung wird für Airlines möglicherweise erst später oder sogar gar nicht spürbar, denn aufgrund der Volatilität des Marktes, sichern sich die meisten Fluggesellschaften im Rahmen von sogenannten Termingeschäften ab – auch die Lufthansa ist in diesem Bereich sehr aktiv.
Die Lufthansa hatte frühzeitig den gesamten Bedarf an Kerosin für das Jahr 2020 berechnet und durch ein Termingeschäft mit einem Fixpreis abgesichert. Der Preis für die Lieferungen im Jahr 2020 soll demnach bei 63 US-Dollar liegen. Bei einem solchen Sicherungsgeschäft werden ein Preis und oft auch eine fixe Abgabemenge für bestimmte Zeiträume festgelegt. Die Lufthansa hat das Kerosin also noch nicht bezahlt, sich allerdings verpflichtet, zu bestimmten Zeiträumen eine gewisse Menge zum Preis von je 63 US-Dollar pro Barrel Rohöl der Sorte Brent zu kaufen. Dass die Airline sich durch das Coronavirus aus einem solchen Vertrag lösen kann, ist sehr unwahrscheinlich.
Termingeschäfte könnten mehr als eine Milliarde Euro kosten
Die Termingeschäfte zur Absicherung des Spritpreises könnten für die Lufthansa aufgrund der Entwicklung an den Märkten zu einem sehr teuren Problem werden. Der Ölpreis pro Barrel war zwischenzeitlich auf einen Wert unter 0 gefallen, da es an Lagerkapazitäten fehlt und es zu einer Überkapazität kam. Zwar lag dies primär an einem spekulativen Effekt, der Preis der Sorte Brent hat sich aber auch jetzt erst in einem Bereich zwischen 20 und 30 US-Dollar pro Barrel eingependelt. Das bedeutet konkret: Die Lufthansa würde durch die Termingeschäfte möglicherweise mehr als doppelt so viel bezahlen wie eigentlich notwendig.
Eine interne Berechnung des Konzerns hatte ergeben, dass bei einem Preisverfall auf 45 US-Dollar, ein Verlust von 800 Millionen Euro entstehen könnte. Nun handelt es sich natürlich auf einen über das gesamte Jahr gerechneten Mittelwert, der auch den vollen Einsatz der Flotte und einen entsprechend hohen Bedarf beinhaltet. Sollte der Ölpreis allerdings auch dann, wenn die Luftfahrt wieder in den Gang kommt, weiterhin unter 30 US-Dollar verbleiben oder nur leicht steigen, droht der Lufthansa ein Verlust in hoher dreistelliger Millionenhöhe. Je nach Entwicklung könnte die Airline durch die Termingeschäfte in diesem Jahr sogar mehr als eine Milliarde Euro verlieren.
Möglich erscheint aber auch ein anderes Szenario: Sollte es nach dem Stillstand durch das Coronavirus zu einem Boom kommen, während die Förderkapazitäten noch limitiert sind, könnte der Preis für Rohöl enorm schnell in die Höhe schnellen – dann wiederum würde die Lufthansa auf das Jahr gerechnet möglicherweise sogar von den Termingeschäften profitieren.
Fazit zu den Termingeschäften der Lufthansa
Dass die Lufthansa die Kerosinpreise durch Termingeschäft absichert, ist nichts Neues. Vermutlich hatten aber auch die Strategen der Airline keinen solchen Verfall des Ölpreises vorausgesehen. Im Moment wirken die Termingeschäfte der Fluggesellschaft demnach fatal, bei einem langfristig niedrigen Preis drohen indirekt Verluste mehr als einer Milliarde Euro. Immerhin allerdings spielt der Preis für Kerosin keine allzu wichtige Rolle, solange die Maschinen der Airline primär am Boden stehen.