Im Schatten geopolitischer Konflikte: Fraport sieht keinen Weg für einen vertragskonformen Ausstieg aus dem russischem Flughafenkonsortium NCG.
Der Frankfurter Flughafenkonzern Fraport hat Schwierigkeiten, sich aus seiner Beteiligung an der Verwaltung des Flughafens St. Petersburg Pulkowo zu befreien. Laut dem Fraport-Vorstandsvorsitzenden, Stefan Schulte, ist ein unstrukturierter Ausstieg aus dem Flughafenbetreiberkonsortium Northern Capital Gateway (NCG) insbesondere angesichts der finanziellen Ansprüche von Mitgesellschaftern weiterhin keine gangbare Option. Wie aero berichtet, sind Schulte in vielerlei Hinsicht die Hände gebunden.
Keine Ausstiegschance in Sicht
Erst im vergangenen Monat standen Fraport, Hessen und die Stadt Frankfurt aufgrund der Anteilhabe am Flughafen Pulkowo (LED) in der Kritik. Untersuchungen des WDR, NDR und der Süddeutschen Zeitung hatten enthüllt, dass noch in diesem Jahr wiederholt Militärflugzeuge in Pulkowo landeten. Nun versucht Fraport, vertragskonform aus der Minderheitsbeteiligung an LED auszusteigen, dies gestaltet sich laut Stefan Schulte jedoch schwierig:
Wir prüfen fortlaufend mögliche Handlungsoptionen, können unsere ruhende Minderheitsbeteiligung aber aufgrund der bestehenden Verträge nicht einfach aufgeben.
Stefan Schulte, Fraport-Vorstandsvorsitzender
Schulte erklärte, dass ein Verstoß gegen die Verträge im Wesentlichen dazu führen würde, dass Fraport Vermögenswerte an den “russischen Aggressor” abtreten würde. Obwohl der Wert der Beteiligung selbst und eine Darlehensforderung in Höhe von rund 163 Millionen Euro bereits vor über einem Jahr abgeschrieben wurden, warnte Schulte vor den Risiken eines unüberlegten Ausstiegs:
Für den Fall, dass Fraport die Verträge einseitig kündigt und somit vertragsbrüchig wird, drohen (…) hohe Schadenersatzforderungen der weiteren an der Betreibergesellschaft beteiligten internationalen Unternehmen.
Stefan Schulte, Fraport-Vorstandsvorsitzender
Aus Haftungsgründen strebe Fraport deshalb weiterhin einen “vertragskonformen” Ausstieg an, bestätigte Schulte vor dem Haushaltsausschuss des Hessischen Landtags. Der Verkauf der Fraport-Anteile bis 2025 erfordert die Zustimmung der russischen Behörden.
Sonderkündigungsregelungen greifen nicht
Im Juli wurde in Medienberichten auf die Möglichkeit eines Sonderkündigungsrechts für Fraport hingewiesen, falls es in Pulkowo zu militärischen Flugeinsätzen kommen sollte. Diverse Satellitenbilder schienen auf eine solche militärische Nutzung hinzuweisen. Anschließend führte Fraport eine Prüfung der Vereinbarungen durch.
“Die von Fraport abgeschlossenen Verträge enthalten keine Ausstiegsklausel”, stellte Schulte nun allerdings klar. Ein Gutachten einer auf internationales Recht spezialisierten Anwaltskanzlei habe bestätigt, dass auch kein Sonderkündigungsrecht bestehe. Der Konzessionsvertrag gilt noch bis 2039.
Da Fraport seine Beteiligung “unmittelbar nach Kriegsausbruch” ruhend gestellt habe, so Schulte, habe man auch keinen Einblick in die operative Tätigkeit des Flughafens und die Flugbewegungen in Pulkowo. Er brachte außerdem seine uneingeschränkte Unterstützung für die Sanktionen der Europäischen Union gegen “den Aggressor Russland” zum Ausdruck und betonte, dass Fraport den Angriffskrieg seit Beginn aufs Schärfste verurteile.
Fazit zu der Fraportbeteiligung am Flughafen Pulkowo
Fraport findet sich in einer verstrickten Lage innerhalb eines russischen Konsortiums wieder. Der Frankfurter Flughafenkonzern steht vor der Herausforderung, sich aus seiner Beteiligung am Flughafen St. Petersburg Pulkowo zu lösen. Ein einseitiger Vertragsbruch mit dem Betreiberkonsortium NCG ist laut Fraport-Chef Stefan Schulte angesichts der Schadensersatzansprüche der Mitgesellschafter nach wie vor keine praktikable Lösung.