In Deutschland wird diese Woche intensiv über mögliche Lockerungen für die Wirtschaft diskutiert. Eine davon könnte die Einreise aus Risikogebieten betroffen. Hier fordern Wirtschaft und Wirtschaftsministerium gravierende Änderungen.
Seit nun mehr einigen Monaten gilt in Deutschland die Pflicht zu einer Quarantäne nach der Einreise aus sogenannten Risikogebieten. Die im Sommer vorhandene Testpflicht nach der Einreise wurde durch die Quarantäne zuerst ersetzt und später ergänzt. Je nach genauer Einstufung des Risikogebiets sind mittlerweile sowohl ein Test als auch eine Quarantäne notwendig. Das könnte sich bald ändern, zumindest wenn es nach dem Willen der Wirtschaft geht. Das Wirtschaftsministerium hat infolge der Beratungen mit der Wirtschaft dazu einen bemerkenswerten Vorschlag für die Ministerpräsidentenkonferenz am 3. März 2021 gemacht, der reisetopia vorliegt.
Negatives Testergebnis statt Selbstquarantäne
Neben der Forderung von Öffnungen für die Wirtschaft auch bei einer Inzidenz von über 50, flankiert von negativen Testergebnissen, fordert das Wirtschaftsministerium in dem Schreiben auch eine gravierende Veränderung bei den Einreiseregeln. Wörtlich heißt es in dem Papier:
Um bei Einreise aus Risikogebieten das Einschleppungsrisiko wirkungsvoll zu minimieren, sprechen sich Wirtschaftsverbände für konsequente Tests mit nachvollziehbaren Kontrollen beispielsweise an Flughäfen aus. Dies kann bei gleichzeitiger Entlastung der Gesundheitsbehörden zur Gewährleistung von Mobilität beitragen. Das bestehende Gefüge aus Registrierungs-, Test- und Selbstquarantäneverpflichtung sowie die Differenzierung von Risiko-, Hochinzidenz- und Virusvariantengebieten bliebe erhalten, wobei die bestehende Selbstquarantänepflicht durch ein negatives Testergebnis ersetzt würde.
Schreiben des Bundeswirtschaftsministeriums zur Ministerpräsidentenkonferenz
Besonders relevant ist hier der letzte Satz, denn dieser würde eine gravierende Änderung des aktuellen Systems bedeuten. Aktuell ist eine mindestens zehntägige Quarantäne bei einer Rückkehr aus einem Risikogebiet jeder Kategorie zwingend erforderlich. Durch einen Test frühestens am fünften Tag nach der Einreise kann die Quarantäne bei negativem Ergebnis vorzeitig beendet werden. Einzig in Nordrhein-Westfalen gelten abweichende Regeln, hier ersetzt ein negatives Testergebnis die Selbstquarantäne.
Dieselbe Regelung könnte bald für das gesamte Land gelten, zumindest wenn es nach den Vorschlägen der Wirtschaftsverbände geht. Dabei soll die Quarantänepflicht wegfallen, unabhängig davon, ob es sich um ein normales Risikogebiet, ein sogenanntes Hochinzidenz-Gebiet oder auch ein Virusvarianten-Gebiet handelt. Bei den beiden letztgenannten ist nicht nur die Vorlage eines negativen Testergebnis nach der Einreise in Verbindung mit einer Quarantäne notwendig, zudem muss schon vor dem Abflug nach Deutschland ein negatives Testergebnis vorgelegt werden, ansonsten kann die Beförderung verweigert werden.
BDL hält Quarantäne nicht für zweckmäßig
Ähnlich wie die Wirtschaft im Gesamten sieht es wenig überraschend auch der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. BDL-Präsident und Lufthansa-Manager Peter Gerber erklärte dazu am Montag:
Die weitreichenden Reisebeschränkungen sind ein falsches Instrument der Pandemiebekämpfung, denn die pauschalen Quarantänebestimmungen sind nicht kontrollierbar, bringen aber den notwendigen Verkehr zum Erliegen
BDL-Präsident und Lufthansa-Manager Peter Gerber
Eine neue effektive Corona-Teststrategie würde wieder mehr Flugreisen ermöglichen. Zudem schaffe eine solche mehr Sicherheit bei der Infektionskontrolle und reduziere gleichzeitig das Einschleppungsrisiko, da eine Selbstquarantäne nicht zu kontrollieren wäre. Die neue Strategie würde somit wieder mehr Mobilität ermöglichen, ohne gleichzeitig das Risiko von Infektionen zu erhöhen.
Ob sich die Ministerpräsidenten allerdings tatsächlich darauf einigen können, die geltenden Quarantänebestimmungen abzuschaffen, darf man bezweifeln. Möglich erscheint allerdings zukünftig eine Staffelung, sodass bei normalen Risikogebieten die Selbstquarantäne wegfallen und durch mehrere Tests nach der Einreise ersetzt oder zumindest verkürzt werden könnte. Bei Virusvarianten- und Hochinzidenzgebieten dürfte die Quarantänepflicht allerdings mit großer Wahrscheinlichkeit bestehen bleiben, auch wenn die Wirtschaft hier anderes fordert.
Fazit zur geforderten Abschaffung der Selbstquarantäne
Könnten Reisen schon bald wieder deutlich einfacher möglich sein? Die Wirtschaftsverbände und das Wirtschaftsministeriums bauen auf eine umfangreiche Teststrategie statt einer schwer zu kontrollierenden Quarantäne. Ob sie mit dieser Forderung allerdings auch bei den Ministerpräsidenten auf Gegenliebe stoßen werden, kann man bezweifeln. Ein wenig Hoffnung auf Lockerungen für die Reisebranche gibt es a kommenden Mittwoch allerdings.