3.000 Euro Aufpreis nach annulliertem First Class-Flug? Der Bundesgerichtshof urteilt bei der Lufthansa-Klage zugunsten der Verbraucher.
In einem Urteil vom 27. Juni 2023 (Az. X ZR 50/22) hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Fluggesellschaften ihren Kunden keinen Aufpreis fĂŒr eine Umbuchung verlangen dĂŒrfen, wenn ein Flug aufgrund einer Annullierung zu einem spĂ€teren Zeitpunkt angetreten werden soll und PlĂ€tze verfĂŒgbar sind. Hintergrund der Klage war die Vielzahl von Flugstornierungen der Lufthansa, die im Jahr 2020 aufgrund der Corona-Pandemie stattgefunden haben, berichten Airliners und das Fachmagazin fĂŒr Risiko- und Kapitalmanagement, AssCompact.
Erhebliche Zusatzkosten nach Annullierung unzulÀssig
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hatte die Lufthansa Group verklagt, nachdem diese von mehreren betroffenen Passagieren einen Aufpreis fĂŒr ErsatzflĂŒge verlangt hatte. Die Passagiere hatten Ende MĂ€rz 2020 Hin- und RĂŒckflĂŒge von MĂŒnchen nach Toulouse sowie von Stockholm ĂŒber Frankfurt nach Buenos Aires und zurĂŒck gebucht, die spĂ€ter annulliert wurden. Beide Parteien wollten auf spĂ€tere Termine umbuchen und wurden dann erneut zur Kasse gebeten. Im ersten Fall wurde von Lufthansa 75 Euro verlangt. Bei der zweiten Buchung, die sowohl Business Class- als auch First Class-FlĂŒge umfasste, sollten diese Passagiere stolze 3.000 Euro Aufpreis fĂŒr die ErsatzflĂŒge zu einem spĂ€teren Zeitpunkt zahlen.
In den Vorinstanzen am Landesgericht hatte die Lufthansa noch Erfolg, doch der BGH gab nun den VerbraucherschĂŒtzern recht. Der Bundesgerichtshof entschied, dass das Umbuchungsrecht der betroffenen FluggĂ€ste flexibel auszulegen sei. Der Ersatzflug mĂŒsse nicht unmittelbar mit dem ursprĂŒnglich gebuchten Flug zusammenhĂ€ngen, sondern könne auch zu einem spĂ€teren Zeitpunkt erfolgen. Die Bedingung fĂŒr die kostenfreie Umbuchung sei lediglich, dass PlĂ€tze auf dem gewĂŒnschten Ersatzflug noch verfĂŒgbar seien.
Lufthansa unterstellt SchnÀppchenjagd bei der Umbuchung
Die Lufthansa hatte argumentiert, FluggĂ€ste hĂ€tten kein Recht dazu, die Annullierung eines Fluges fĂŒr die Generierung eines, mit der eigentlichen Reise nicht mehr in Zusammenhang stehenden, âSchnĂ€ppchensâ fĂŒr eine völlig beliebige Reisezeit auszunutzen. Diese ErwĂ€gungen hielten der rechtlichen ĂberprĂŒfung allerdings nicht stand. Der BGH verwies auf die EU-Fluggastrechteverordnung, nach der die Reisenden bei einer Flugannullierung die Wahl zwischen Erstattung des Flugpreises und Ersatzbeförderung haben.
Machen Passagiere ihre Fluggastrechte bei Annullierungen geltend und entscheiden sich fĂŒr eine Ersatzbeförderung, muss die Fluggesellschaft eine Umbuchung ohne zusĂ€tzliche Kosten und unter vergleichbaren Reisebedingungen ermöglichen. Der Wortlaut von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c FluggastrechteVO, auf den sich der Richter bezog, sieht hinsichtlich des Zeitpunkts, fĂŒr den der Fluggast eine anderweitige Beförderung verlangen kann, keine festen Grenzen vor. Demnach muss die Airline eine Ersatzbeförderung gewĂ€hrleisten â auch wenn diese in einen Zeitraum fĂ€llt, der fĂŒr das Unternehmen wirtschaftlich ungĂŒnstiger ist.
Fazit zu dem BGH-Urteil bei Flugannullierungen
Der Bundesgerichtshof hat bei dem Rechtsstreit zwischen der Lufthansa Group und der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen entschieden: Nach einem annullierten Flug dĂŒrfen Passagiere ohne Aufpreis umbuchen und das unabhĂ€ngig von dem neuen Buchungszeitpunkt. Voraussetzung sei, laut Urteilsspruch, nur, dass auf dem neuen Flug noch PlĂ€tze verfĂŒgbar sein mĂŒssen.