Nach den fatalen Flugzeugabstürzen vor sechs und sieben Jahren fordern Angehörige nun grob 23 Milliarden Euro. Steht Boeing auf der Schwelle einer strafrechtlichen Verfolgung?
Die Schlagzeilen um den US-Flugzeughersteller häufen sich wieder aktuell. Erst am Dienstag musste sich Chef Dave Calhoun vor dem Senat behaupten und hat sich mit einer Entschuldigung an die betroffenen Familien der Boeing 737 MAX Abstürze in den Jahren 2018 und 2019 gewandt. Wie Reuters berichtet, reicht Angehörigen diese Entschuldigung nicht aus – jetzt fordern sie hohe Geldstrafen.
Das Wichtigste in Kürze
- Angehörige fordern umgerechnet 23,1 Milliarden Euro von Boeing
- Gegebenenfalls könnte diese Summe geschmälert werden, wenn der Konzern die Gelder in Qualitätssicherung investiert
- Nachdem Boeing gegen eine Vereinbarung verstoßen haben soll, könnte nun doch eine strafrechtliche Verolgung drohen
Gerechtfertigte Geldstrafe?
Eine Summe von 24,78 Milliarden US-Dollar (etwa 23,1 Milliarden Euro) fordern die Angehörigen der Todes-Opfer der Boeing Abstürze über das US-Justizministerium nun ein. Diese Forderung wurde am Mittwoch in einem Brief an das Justizministerium gestellt, zusammen mit der Bitte, die strafrechtliche Verfolgung des Konzerns weiter voranzutreiben.
Ein Anwalt von 15 Familien begründet diese Forderung folgendermaßen:
Because Boeing’s crime is the deadliest corporate crime in U.S. history, a maximum fine of more than $24 billion is legally justified and clearly appropriate.
Paul Cassel, Rechtsanwalt
Ob dieser Forderung stattgegeben wird, ist allerdings noch offen. Möglicherweise setzt das Justizministerium einen großen Teil der Summe – 14 bis 22 Milliarden – unter der Voraussetzung aus, dass Boeing diese Gelder in die Qualitätsverbesserung investiert. Neben dem Konzern als gesamte Institution fordern die Familien die strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen zum Zeitpunkt der Abstürze.
Verstoß gegen den Aufschub der Strafverfolgung
Ursprünglich gab es mit dem Flugzeughersteller eine Vereinbarung von 2021 über den Aufschub der Strafverfolgung nach den fatalen Abstürzen. Durch den Alaska Airlines Vorfall, bei dem ein Rumpfteil einer Boeing 787 MAX 9 im Startflug herausgebrochen ist, habe der Konzern gegen diese Vereinbarung verstoßen. Denn hier wurden anhaltende Sicherheitsmängel beim Flugzeugbauer sichtbar.
Da Boeing einen Verstoß abstreitet, wird bis zum siebten Juli eine Entscheidung getroffen werden müssen, wie es mit der strafrechtlichen Verfolgung des Konzerns weitergehen soll. Erst wenige Stunden vor dem Senats-Auftritt von Boeing-Chef Dave Calhoun hatte sich erneut ein Whistleblower zu Wort gemeldet und über den Verbau von falschen Teilen bei der 737 MAX Produktion informiert.